Die dritte Folge von «Switzerland's next Topmodel» stand ganz im Zeichen von... Ja, wovon eigentlich? Es gab ein Setcard-Shooting, ein Casting für einen Job und ein Shooting unter dem Motto «Sündige Stossgebete». Doch so sehr sich die Models auch angestrengt haben, wirklich etwas hängen blieb beim Schauen der Sendung kaum. Bis die Mode-Motzerei kam.
Valon will nicht
Die zehn übriggebliebenen Kandidatinnen und Kandidaten finden sich im Keller ihrer Model-Villa zum grossen Shooting dieser Woche ein. Das Thema verkündet Model-Mama Manuela Frey, 22, gleich selber: «Sündige Stossgebete». Was dahinter steckt, ist zu Beginn nicht wirklich klar. Bis der Designer der delikaten Stücke höchstpersönlich die Shooting-Outfits präsentiert. Lack und Leder? Lächerlich. Hier gibt's noch Glitzer und mörderische High Heels dazu.
Dem 21-jährigen Bieler Valon ist die Extravaganz der Kleider dann doch ein bisschen zu extra. Als der Designer ihm einen Glitzertanga und rote Lack-Overknees mit Pfennigabsatz mit den Worten «Ich glaube, das steht dir ziemlich gut!» in die Hand drückt, fällt Valon beinahe die Kinnlade runter. «Too much. Das kann ich nicht machen», sagt Valon. «Dass das Shooting dämonisch ist, ist ein No-Go. Und dann noch diese Outfits. Das finde ich für mich nicht okay.» Auch die Aufforderungen des Designers und seiner Model-Gspändli, das Outfit einfach mal anzuprobieren, helfen nicht. «Nein, keine Diskussionen, ich mache es nicht», sagt der Bieler. Es sei ihm zu skandalös. Ob er das Handtuch schmeisse, fragt der Designer. «Ja», sagt Valon, ohne mit der Wimper zu zucken.
Video: Den Glitzertanga und die anderen Outfits sehen Sie im Trailer
Valon soll nicht
Das wäre wohl der Moment gewesen, in dem Heidi Klum ihre «Määääääädchen» beim deutschen Pendant nach Hause geschickt hätte. Nicht so Manuela. Obwohl sie im Einzelinterview sagt: «Das ist ein absolutes No-Go. Bei einem solchen Verhalten denkt jeder Designer: ‹Gut, dann buch ich einen anderen.› Das geht so schnell.» Doch trotzdem erhält Valon noch eine Chance – und ein neues Outfit: eine Priesterkutte. Das findet der wählerische Kandidat «okay», aber dennoch «gibt das zu kämpfen, das ist ganz klar», meint er.
Der Designer ist vom Verhalten des Modeboutique-Besitzers Valon ganz und gar nicht «amused»: «Weisst du, wie viele Outfits du noch anziehen wirst, wo du denkst...», sagt er und langt sich theatralisch an den Kopf. Valon scheint das ziemlich kalt zu lassen. Er ist froh, das ursprüngliche Outfit nicht tragen zu müssen. «Das wäre über meinen Stolz gegangen, ich hätte mich nicht wohlgefühlt vor der Kamera. Ich wäre gegangen.»
Saviour muss
Das knappste Outfit will natürlich dennoch in Szene gesetzt werden. Das Vergnügen hat Saviour, 19. Der hatte nach Valons Abneigung bereits damit gerechnet, in den Genuss der Körperfreiheit zu kommen. Valon ist froh, das Ensemble endgültig los zu sein. «Es wird schwer, auch für ihn», prophezeit Valon. Und fügt an: «Aber er ist halt... Bi.» Hui. Saviour wehrt sich: «Ich verstehe ihn schon, er ist der Macho-Hetero-Mann. Es ist unprofessionell, weil ich mache es ja auch – und möchte es auch nicht machen.»
Doch Jammern gibts für Saviour nicht. Obschon er von seinem Styling nicht begeistert ist: «Ich sehe aus wie so ne... Nutte. Der Arsch ist frei.» Und dass der Glitzertanga dann auch noch «chratzt und biisst», macht das Ganze natürlich nicht angenehmer. Immerhin gibts ein Lob von Manuela.
Valon darf
Auch Valon holt sich bei der Freundin von Bastian Baker, 27, Lorbeeren ab. Er habe das Shooting «mega gut gemacht». Und es sei besser, wenn er den Shoot in einem anderen Outfit mache, als gar nicht, meint Frey.
Nach dem Entscheidungs-Walk am Tag danach erwähnt Frey Valons Jammern erneut: «Du hast die Kleider nicht akzeptiert, das ist bei einem Kunden immer sehr tricky. Ein Verhalten, das ein Model beim Kunden nicht an den Tag legen darf.» Doch trotzdem erhält der 21-Jährige ein Bild – genauso wie Saviour, der trotz oder gerade wegen seines schlüpfrigen Outfits die Aargauerin Frey überzeugt. Nicht so Anna und Elizabeta: Sie müssen gehen.
Haben Models eine Wahl?
Doch welche Konsequenzen hätte Valons Verhalten in der realen Model-Welt gehabt? Das Schweizer Männermodel Laurin Krausz, das unter anderem schon für Armani und Calvin Klein modelte, spricht Klartext: «Meiner Meinung nach ist das natürlich ein No-Go», sagt Krausz auf Anfrage von SI online. «Vor allem bei grösseren Designern wird man sicher direkt von der Show oder vom Shoot gestrichen. Man wird ja normalerweise gut bezahlt für den Job.» Er meint aber auch, dass man bei einer TV-Show nicht ganz so hart ins Gericht gehen darf.
Auch Krausz' Modelkollege Tony Thornburg sieht eine Gefahr: «Wenn du echt wählerisch bist bei der Arbeit, dann ist es wirklich so, dass du nicht immer für jeden Designer gebucht wirst.» Der 31-Jährige ist ein echter Profi, bereits für Etro, Yohji Yamamoto und Giorgio Armani gelaufen und war Werbegesicht zahlreicher Kampagnen. Er muss es also wissen. «Offen sein für anderer Menschen Auffassungen von Mode und helfen, deren Träume wahr werden zu lassen, ist die Zusammenarbeit, die die Modeindustrie so grossartig macht!»
Doch Thornburg findet eine klare Haltung gut – so oder so: «Das alles heisst nicht, dass du dich allem unterwerfen musst, nur weil dich jemand gebucht hat oder möglicherweise buchen wird.» Er findet Valons Aktion richtig gut: «Wenn du irgendeinen Job machst, der gegen deine Einstellung geht, hat jedes Model das Recht, davon abzusehen und darüber zu sprechen.»
Valon kann also
Valons Auftritt, das kann man festhalten, sorgte für Aufsehen – und ja, an ihm scheiden sich die Geister. Womöglich wird der Bieler sich mit solch einer klaren Linie den einen oder anderen Job verbauen; doch eine klare Meinung zu haben und für seine Einstellungen einzustehen, beeindruckt – egal ob im Model-Business oder andernorts.