Es sind Kleingeister, die unter dem Video, in dem sich Tamy Glauser, 31, und Dominique Rinderknecht, 27, über ihre Liebe äussern, Fragen stellen wie: «Ist das wirklich eine Frau?» Und: «Ich musste erst mal googeln, ob das wirklich eine Frau ist.» Um mit diesen «Fragen» ein für alle Mal aufzuräumen: Ja, Tamy Glauser ist eine Frau und ja, sie ist androgyn. Doch auf dem Laufsteg, wo die Grenzen der traditionellen Geschlechter-Stereotypen verschwimmen, ist eine Frau wie Glauser sehr gefragt. So modelte sie 2013 für Givenchy an der Männershow in Paris, aber auch für Frauenmode wird sie gebucht: Im Oktober lief sie bereits zum sechsten Mal für die Frauen-Show von Louis Vuitton.
Im Juli konnte Glauser einen weiteren Erfolg verbuchen: Sie wird das neue Gesicht für die Herbst/Winter-Kollektion «Buddhist Unisex» von Vivienne Westwood, 75. Die Modemacherin ist schon längst Fan von der Bernerin und holte sie auch für den Abschluss der Show nochmals auf den Laufsteg:
Ursprünglich wollte Tamy Soziologie studieren und zog dafür nach Berlin. Über einen Freund, der bei einer Modelagentur tätig war, erhielt sie Eintritt in die Welt der Mode. Sie scheint es in den Genen zu haben: Bereits Mama Glauser war als Frauen-Modell für Labels wie Givenchy tätig.
Gemobbt und dann gebucht
Auch wenn Tamy heute auf dem grossen Mode-Parkett unterwegs ist, so glamourös verlief ihr Leben nicht immer: Sie wuchs in einem 1500-Seelen-Dorf im Kanton Bern auf. Dort stach sie schon als Kind wegen ihres Äusseren hervor. Das Mädchen war für sein Alter gross, entsprach nicht dem typischen Frauenbild: «Manchmal warfen mich die anderen Kinder in den Brunnen», erzählte Glauser bei «Glanz & Gloria» im September. «Ab und an warteten sie auch auf dem Nachhauseweg auf mich. Das war wohl, weil ich kurze Haare hatte und mich anders anzog.» Irgendwann habe sie «keinen Bock mehr» auf das Ganze gehabt, passte sich an. Heute steht Glauser zu ihrem Stil und mittlerweile begeistert sie nicht nur Modemacher mit ihrer Wandelbarkeit.
Und hat jetzt auch Ex-Miss Dominique Rinderknecht Gefallen an der Bernerin gefunden. Glauser zeigt, dass Geschlecht viele Facetten hat. Sie macht kein Tam-Tam um ihren Look und auch nicht um ihre Homosexualität, und doch fordert sie diejenigen heraus, die in alten Geschlechter-Mustern steckengeblieben sind. Die raspelkurzen Haare soll sie sich übrigens auf Anraten ihres damaligen Modelagenten geschoren haben, wie das «Friday» berichtete. Heute sind sie ihr Markenzeichen.