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Interview

Wie eine Zürcherin im Filmbusiness Karriere macht

Die Filmemacherin Lisa Brühlmann feiert internationale Erfolge. Sie bleibt der Schweiz aber verbunden – eben ist ihr Spielfilm «When We Were Sisters» in unseren Kinos angelaufen. Ein Mutter-Tochter-Drama, mit dem die Zürcherin Mut machen will.

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Zurzeit ist Lisa Brühlmann mit ihrem neuen Film «When We Were Sisters» auf Kinotour; Infos zu den Auftritten: sisters-film.com

Zurzeit ist Lisa Brühlmann mit ihrem neuen Film «When We Were Sisters» auf Kinotour; Infos zu den Auftritten: sisters-film.com

Franco Tettamanti

Eine steile Karriere! Die Zürcher Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin Lisa Brühlmann gewinnt 2018 mit ihrem Debütfilm «Blue My Mind» den Schweizer Filmpreis. Die Geschichte über das Erwachsenwerden eines Mädchens, das sich in eine Meerjungfrau verwandelt, wird in den Kategorien Bestes Drehbuch und Bester Film ausgezeichnet. 2019 wird Brühlmann für ihre Regiearbeit in der gefeierten britischen Thrillerserie «Killing Eve» als erste Schweizerin für einen Emmy nominiert. Nun läuft ihr zweiter Spielfilm in den Kinos: «When We Were Sisters». Was treibt die 43-Jährige an, welche Geschichten will sie erzählen? Wir treffen Lisa Brühlmann nach ihrer Rückkehr aus Toronto, wo sie bei der Netflix-Serie «Something Very Bad Is Going to Happen» Regie führte – eine Geschichte der Zwillingsbrüder und Mysterie-Serie-Experten («Stranger Things») Matt und Ross Duffer.

 

Sie haben 2016 in Zürich den Master in Filmregie abgeschlossen, ein Jahr später folgte bereits Ihr Spielfilm «Blue My Mind» mit Luna Wedler und Zoë Pastelle. Ihr Gespür für aussergewöhnliche Geschichten und düstere Horrorkomödien haben Ihnen grosse internationale Aufträge eingebracht. Treffen Sie Ihre beruflichen Entscheidungenstrategisch?

Lisa Brühlmann: Grundsätzlich bin ich sehr vielseitig interessiert, aber der Markt in Amerika und England funktioniert so, dass Regisseurinnen und Regisseure für Projekte angefragt werden, die ihrem bisherigen Werk ähneln. Ich mag dieses spannungsgeladene, eher düstere Genre sehr.

Im Film «When We Were Sisters» erzählen Sie feinfühlig die Geschichte einer tiefen Mädchenfreundschaft und einer komplexen Mutter-Tochter-Beziehung.

Ein kleineres Projekt.Das stimmt. So sehr ich es geniesse, international mit grossen Budgets vieles auszuprobieren, so sehr liebe ich es, kleinere Projekte mit persönlicher Note zu realisieren, bei denen ich auch das Drehbuch schreibe. Ich empfinde es als ein grosses Privileg, so facettenreich arbeiten zu können. Denn jeder Film und jede Serie hat eine ganz eigene Sprache. Diese für jedes Projekt neu zu definieren, macht meinen Beruf so besonders und abwechslungsreich. Ich möchte eine Lernende bleiben, niemals meine Neugier verlieren und aus jedem Projekt etwas Neues mitnehmen.

In Ihrem aktuellen Film zeichnen Sie für Drehbuch, Regie und Hauptrolle verantwortlich. Wie war das?

Auf jeden Fall sehr intensiv! Das lag einerseits an der herausfordernden Rolle der Mutter, andererseits musste ich mich auch damit arrangieren, weniger Kontrolle über jeden Teil meiner Arbeit zu haben als sonst.

Dieser Film ist ruhiger. Dennoch beschäftigen Sie sich auch diesmal mit dem Düsteren. Warum?

Ja, der Film führt auch an düstere Orte. Aber letztlich geht es mir darum, zu zeigen, wie man Traumata überwinden und daran wachsen kann. Die Geschichte erzählt neben der zentralen toxischen Mutter-Tochter-Beziehung auch von der Freundschaft zweier Mädchen, von Einsamkeit, den Herausforderungen von Patchworkfamilien. Von nicht erfüllten Erwartungen, Neubeginn und dem unbeschwerten Lebensgefühl der 1990er-Jahre, fern von Smartphones und digitalem Überfluss.

Sie sind selbst Mutter. Wie haben die eigenen Erfahrungen Sie beim Schreiben und Spielen beeinflusst?

Grundsätzlich strebt ja jede Mutter danach, eine gute Mutter zu sein – doch es ist nicht immer einfach, den eigenen Erwartungen gerecht zu werden. Genau darum geht es in «When We Were Sisters». Auch die Frau im Film möchte eine gute Mutter sein, scheitert jedoch an sich selbst – und merkt nicht, dass sie vom vermeintlichen Opfer zur missbrauchenden Täterin wird.

Mit missbräuchlichem Narzissmus greifen Sie ein brandaktuelles Thema auf. Schwer verdauliche Kinokost ...

Nicht alle Kinder haben das Glück, eine gesunde Beziehung zu den Eltern zu haben. Mit meinem Film möchte ich auch zeigen, dass nicht alles negativ sein muss und dass aus solchen Erfahrungen auch Freundschaft und Resilienz entstehen können. Gleichzeitig soll der Film Hoffnung vermitteln, denn dank der Forschung weiss man heute, dass solche Erlebnisse verarbeitet werden sollten, um nicht an die nächste Generation weitergegeben zu werden.

Ihr Filmpartner ist Carlos Leal. Sie haben auch mit Hollywoodstars wie Sandra Oh, Rupert Grint oder Fiona Shaw gearbeitet. Wie ist es, mit solchen Grössen zu arbeiten?

Das ist schon aufregend – und manchmal schlafe ich vor solchen Begegnungen nicht besonders gut. Doch am Set ist jede Zusammenarbeit anders, genau wie jeder Dreh. Mit manchen Leuten versteht man sich sofort, bei anderen braucht es etwas Zeit, um sich einzuspielen und die richtige Dynamik zu finden. Es ist ein ständiger Lernprozess, aber das macht es auch so spannend und bereichernd. Gerade bei internationalen Projekten merkt man, wie vielfältig und unterschiedlich die Herangehensweisen sind, was mir wiederum neue Perspektiven eröffnet.

Was kommt als Nächstes? Wieder etwas in der Schweiz?

Ich würde sehr gerne etwas mit Musik und Tanz machen – nicht ganz einfach in der Schweiz. Da in der Filmbranche Projekte immer sehr lange brauchen, ist man immer gleichzeitig an Verschiedenem dran. Das eine klappt, das andere nicht. Schlussendlich müssen Produzenten und Unterstützende gefunden werden. Da bleiben halt immer wieder diverse Ideen auf der Strecke – auch das gehört dazu.

Zeit zum Ausruhen auf dem Sofa bleibt Lisa Brühlmann selten. Als eine der wenigen Schweizer Filmemacherinnen ist sie auch international sehr erfolgreich.

Von Christina Noli am 10. Juni 2025 - 12:00 Uhr