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Zuckerkrankheit

«Unbehandelter Diabetes führt zu geschädigten Gefässen»

Wer oft sitzt, riskiert, zuckerkrank zu werden. Warum die Früherkennung dieser Volkskrankheit durch Screening gerade in der Schweiz so wichtig ist, erklärt Experte Roger Lehmann. Und auch, wie den Betroffenen die Blutzuckermessung in Echtzeit hilft.

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Die kontinuierliche Glukosemessung ist für Menschen mit Diabetes wichtig.

Die kontinuierliche Glukosemessung ist für Menschen mit Diabetes wichtig.

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Knapp sieben Prozent der Schweizer Bevölkerung leidet an Diabetes. «Genetische Faktoren, Übergewicht und zu wenig Bewegung sind einige der häufigsten Risikofaktoren für die Entwicklung von Diabetes», erläutert Prof. Roger Lehmann, stellvertretender Klinikdirektor an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung am Universitätsspital Zürich (USZ). «Aber auch bestimmte ethnische Gruppen haben ein erhöhtes Risiko, etwa Menschen aus Indien, Sri Lanka oder den arabischen Ländern.»

Unterscheidung zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2

Über 90 Prozent der Menschen mit Diabetes haben Typ-2-Diabetes. Für diesen Typ, der durch Insulinresistenz und verminderte Insulinproduktion gekennzeichnet ist, liegt der Schlüssel zur Behandlung in der Verbesserung der Insulinresistenz durch Gewichtsverlust und körperliche Aktivität. «Wenn Betroffene abnehmen, kann das einen signifikanten Einfluss auf die Prävention von Diabetes haben. Die meisten Fälle vom Typ-2-Diabetes entstehen im Alter über 45. Deshalb empfehlen wir das Screening als Präventionsmassnahme für alle ab diesem Alter.» Aufgrund von Veränderungen im Lebensstil und der Zunahme von Fettleibigkeit tritt Typ-2-Diabetes jetzt aber auch bei Jugendlichen auf, was ein alarmierendes Gesundheitsproblem darstellt.

Symptome

Die Symptome von Diabetes können variieren, von Mundtrockenheit und verstärktem Durst bis hin zu übermässigem Wasserlassen und allgemeiner Müdigkeit. Bei Typ-1-Diabetes, einer Autoimmunerkrankung, die bereits in jungen Jahren auftreten kann, sind die Symptome oft ausgeprägter, die Diagnose erfolgt schneller. «Betroffene haben dann starken Durst, trinken fünf bis zehn Liter pro Tag, der Zuckerspiegel ist sehr hoch.» Die frühzeitige Erkennung von Diabetes spiele eine entscheidende Rolle, so der Facharzt. «Je länger man wartet, desto mehr Komplikationen können auftreten.» Unbehandelter Diabetes kann zu Schäden der kleinen Gefässe führen, darunter Retinopathie (Augenveränderung), Neuropathie (Verlust des Gefühls in den Füssen) und Nephropathie (Nierenschädigung), aber auch zu Schäden der grossen Gefässe, die dann einen Herzinfarkt oder einen Hirnschlag auslösen können.

Diagnose

Für die Diagnose stehen unterschiedliche Tests zur Verfügung. Zum einen der «Nüchtern-Test» bei dem acht Stunden vor der Bestimmung des Blutzuckers nichts gegessen oder Zuckerhaltiges getrunken werden darf. Zum anderen über die Messung des HbA1c, des verzuckerten Hämoglobins, das in Prozent angegeben wird. «Diese Methode wird heutzutage empfohlen.» Normal sind 5 Prozent, das heisst 5 Prozent vom gesamten Hämoglobin sind verzuckert. «Wenn man über dem Wert von 6,5 Prozent ist, hat man Diabetes. Zwischen 5,7 und 6,5 Prozent handelt es sich um einen Prädiabetes.» Die regelmässige Überwachung des Blutzuckerspiegels ist entscheidend für Menschen mit Diabetes. «Es ist wichtig zu wissen, wie hoch der Blutzucker vor den Mahlzeiten ist, um die Insulindosis entsprechend anzupassen», erklärt Lehmann. «Die Blutzuckermessung ist der Schlüssel zur Kontrolle von Diabetes und zur Vermeidung von Komplikationen.» In Bezug auf die technologischen Fortschritte im Bereich der Blutzuckermessgeräte erwähnt Lehmann die kontinuierliche Glukosemessung als vielversprechende Entwicklung. «Diese Systeme ermöglichen es Patientinnen und Patienten, ihren Blutzuckerspiegel kontinuierlich zu überwachen und schnell auf Veränderungen zu reagieren», erklärt er.

Blutzuckermessgeräte

Kontinuierliche Gewebeglukosemessung in Echtzeit (rtCGM)
Wer kontinuierlich misst, kann schneller reagieren. Der Sensor wird auf die Haut geklebt, ein dünner Metallfaden, der mit einer Nadel unter die Haut eingeführt wurde, leitet die Glukosewerte regelmässig drahtlos an ein Lesegerät oder ein Smartphone. CGM-Systeme bieten Echtzeitmessungen und zeigen Trends im Glukosespiegel an sowie den Blutzuckeranstieg nach jeder Mahlzeit oder dann, wenn Betroffene eine Mahlzeit ändern.

Punktuelle Blutzucker-Selbstmessung per Fingerpiks
Bisher vertrauen die meisten Diabetes-Betroffenen darauf, ihren Blutzucker ein- bis viermal täglich zu messen. Dabei stechen sie mit einer dünnen Lanzette in eine Fingerspitze und tragen den austretenden Bluttropfen auf den Teststreifen auf – das Gerät misst sodann den Glukosespiegel im Blut.

Von Aline Spescha am 18. Februar 2024 - 12:00 Uhr