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Grossfamilie aus Zürich

So ist es, mit 11 Geschwistern aufzuwachsen

Die Zürcherin Nadja Crivelli, 33, ist mit 11 Geschwistern aufgewachsen. Im Interview erzählt sie, wie das war, was sie fürs Leben gelernt hat und was sie Grossfamilien-Eltern dringend ans Herz legt.

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Grossfamilie

So gross ist die Familie von Nadja Crivelli (hintertes Reihe, vierte von links). Die beiden verpixelten Personen gehören nicht zur Familie. Dafür sind Crivellis Kinder ebenfalls mit auf dem Bild.

ZVG

Nadja Crivelli, Sie sind in einer Grossfamilie mit zwölf Kindern aufgewachsen. Das löst bestimmt immer wieder neugierige Reaktionen aus. Welche Frage wird Ihnen am häufigsten gestellt?
Es ist selten eine Frage, viel öfter höre ich Bemerkungen, dass es bestimmt schön sei, so viele Geschwister zu haben.

Ist es das?
Aus heutiger Perspektive ist es mega schön, ja. Als Kind war es nicht ganz einfach.

Weswegen?
Ich musste auf Vieles verzichten. Überall, wo wir hin kamen, fielen wir auf. Die Leute haben uns abgezählt. Ausserdem hatte ich als Kind oft den Eindruck, dass ich übersehen werde. Dass meine Eltern mich nicht aktiv wahrnahmen. Ich bin die Erstgeborene und alle zwei Jahre kam ein Baby dazu. Das hiess für mich auch, dass der Berg an Verantwortung und Arbeit für mich alle zwei Jahre grösser wurde. Meine Mutter war mit den Kleinsten beschäftigt, also habe ich mich um die grösseren und den Haushalt gekümmert.

 

«Für Reitstunden oder ein anderes Hobby reichten weder Geld noch Zeit.»

Nadja Crivelli

Hatten Sie finanzielle Sorgen?
Uns fehlte es an nichts. Sicher waren die Finanzen nicht rosig, aber wir hatten immer alles, was wir brauchten. Oft halt schon getragene Kleider, statt etwas Neues. Aber das beschäftigte mich als Kind wenig. Ich war eher überfordert, als ich mit 12 Jahren zum ersten Mal in einem Bekleidungsgeschäft stand. Aber für Reitstunden oder ein anderes Hobby reichten weder Geld noch Zeit. Der Alltag war zu vollgestopft mit Dingen, die erledigt werden mussten.

Wie sah Ihr Alltag aus?
Oftmals stand ich schon um fünf Uhr auf, um vor der Schule noch die Wäsche zu machen oder das Bad zu putzen. Die Zeit, eine Freundschaft zu pflegen, fehlte mir sehr. 

Das tönt, als seien Sie ein sehr braves Kind gewesen. Eine typische Erstgeborene.
Nein, das kann man nicht sagen. Ich habe meine Mutter zwar unterstützt, wo ich konnte, aber da es mir aus meiner Sicht an persönlicher Zuwendung fehlte, habe ich immer wieder mit negativem Verhalten auf mich aufmerksam gemacht. Ich war rebellisch, fiel in der Schule auf und habe oft den Unterricht gestört. Allerdings habe ich auch wunderschöne Erinnerungen. Wir lebten auf dem Land und wenn ich nach der Schule Zeit hatte, packte ich einen Rucksack mit Zvieri, Seilen und Sackmessern und zog mit meinen kleineren Geschwistern über die Felder und durch die Wälder.

Nadja Crivelli

Nadja Crivelli ist heute dankbar für die Herausforderungen ihrer Kindheit.

ZVG

Das tun Sie heute noch gern. Sie sind Kinder-Yogalehrerin und leiten eine Waldspielgruppe und Naturlager für Kinder.
Aus erwachsener Sicht kann ich tatsächlich sagen, dass mich meine Kindheit gut aufs Leben vorbereitet hat. Ohne die Erfahrungen, die ich mit meinen Geschwistern machen durfte, hätte ich wohl nicht diesen Lebensweg beschritten, der mich nun so glücklich macht. Dafür bin ich dankbar. Ich liebe die Arbeit mit Kindern und aufgrund meiner Erfahrungen in der Kindheit, ist es mir sehr wichtig, Kinder in ihrer Resilienz zu stärken, was ich mit meiner Arbeit nun tun kann.

Sie haben selber zwei Kinder im Alter von 7 und 11 Jahren. Was machen Sie gleich, wie Ihre Eltern?
Ich vermittle meinen Kindern ähnliche Werte. Ehrlichkeit, Treue, Mitgefühl, einen respektvollen Umgang mit anderen Menschen und der Natur, Wertschätzung, Füreinander da sein.

Müssen Ihre Kinder zuhause auch mithelfen?
Selbstverständlich. Sie räumen ihre Zimmer selber auf, machen ihre Betten und müssen auch ab und zu beim Putzen helfen. Aber alles in einem vertretbaren Rahmen. Ich habe mit 11 bereits sechs jüngere Geschwister gehütet, die zum Teil noch Kleinkinder waren. Mein Sohn passt im selben Alter ab und zu mal eine Stunde auf seine siebenjährige Schwester auf.

«Ich empfehle Eltern von vielen Kindern, sich für jedes einzeln bewusst Zeit zu nehmen.»

Nadja Crivelli
Grossfamilie

Wenn man so eine Schar auf ein Bild kriegen will, muss man sich was einfallen lassen. Und da sind noch nicht einmal alle Kinder der Familie drauf! Nadja Crivelli ist das Mädchen ganz oben auf der Rutschbahn, damals 14 Jahre alt.

ZVG

Welche Gefühle haben Sie heute Ihren Eltern gegenüber?
Ich bin Ihnen dankbar und auch allgemein dankbar für diese Erfahrung. Ich habe durch meine Kindheit in einer Grossfamilie gelernt, Verantwortung zu übernehmen, Konfliktsituationen zu lösen und Resilienz zu entwickeln. Wenn ich zurückschaue, empfinde ich Demut und Hochachtung für meine Eltern und dafür, wie sie das alles geschafft haben und immer noch schaffen.

Wie alt sind Ihre jüngsten Geschwister?
Sie sind im gleichen Alter wie meine Kinder. Und ich finde es wunderschön, zu sehen, was für eine gute Beziehung und enge Verbindung meine Kinder zu ihren gleichaltrigen Onkeln pflegen dürfen. Obwohl sie in so unterschiedlichen Welten aufwachsen.

Eine Grossfamilie bedeutet auch viel Unterstützung, nicht?
Bei elf Geschwistern kann man natürlich nicht zu allen eine gleich enge Bindung aufbauen. Da ich früh von zuhause weg ging, habe ich zu den Jüngsten nicht mehr denselben Bezug, wie zu denen, die gleich nach mir auf die Welt kamen. Aber ich finde es schon schön, so ein breites familiäres Netzwerk zu haben und mich dadurch gestützt zu fühlen.

Welchen Tipp würden Sie Eltern von Grossfamilien mit auf den Weg geben?
Dass sie einzeln Zeit mit ihren Kindern verbringen. Und ihre Kinder bewusst wahrnehmen. Es reicht, wenn man klein anfängt. Eine Stunde pro Woche. Aber die sollte dann nicht nur einem Arztbesuch gehören – was bei mir oft das Highlight war – sondern bei einem gemeinsamen Spaziergang oder einer coolen Unternehmung verbracht werden. So, dass die Beziehung zum Kind gestärkt wird und es sich gesehen fühlt.

Nadja Crivelli, 33, ist mit 11 Geschwistern auf dem Land aufgewachsen. Nun wohnt die Pädagogin und Yogalehrerin mit ihren beiden Kindern, 7 und 11, in der Stadt Zürich. Auf wurzelchraft.com bietet sie ein breites Spektrum an achtsamen Ritualen und Erlebnissen für Kinder und Frauen an:

1. Kinderyoga und Naturferienlager
2. Kinderyoga & Natur Wochenenden jeweils Freitag-Sonntag
3. Kinderyoga Online Ausbildung
4. Naturspielgruppe in Zürich
5. Naturrituale und Female Empowering
6. Yoga und Coaching

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 29. Januar 2021 - 07:09 Uhr