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Die Tücken von Deutschland und Kanada

Handwerker machen SRF-Auswanderern das Leben schwer

In der neuen Staffel der SRF-Sendung «Auf und davon» wollen Familien in Uruguay, Kanada und Deutschland ihr Glück versuchen. Gegenüber schweizer-illustrierte.ch sagen Familie Kunz aus dem Kanton Baselland und die Familie Almeida aus dem Kanton Zürich, wie es ihnen ergangen ist – und was manchmal tückisch war.

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SRF-Auswandererfamilie Almeida

Familie Almeida wanderte nach Kanada aus.

SRF

Sie wagten das Abenteuer Auswandern: SRF begleitet in der neuen Staffel von «Auf und davon» wieder Schweizer, die sich in einem anderen Land ein neues Leben aufbauen. Unter ihnen: Josef, 45, und Beatrice Almeida, 40, aus dem Kanton Zürich. Das Ehepaar will in der ostkanadischen Provinz Nova Scotia ein Motel aus den 60er-Jahren übernehmen.

Auch Sacha, 50, und Brigitte Kunz, 40, aus dem Baselbiet zieht es weg aus der Schweiz. Ihr Ziel: Norddeutschland. Sie wollen an einem Kutterhafen einen Imbissstand mit Currywurst und Pommes Frites betreiben. Mit ausgewandert sind ihre beiden jüngeren Kinder, Noemi und Timo. Der älteste Sohn Kevin dagegen blieb in der Schweiz, da er seine Zukunft hier sieht.

Wie sie sich in ihrer neuen Heimat schlagen, erzählen die beiden Familien im Kurz-Interview mit schweizer-illustrierte.ch. Zu sehen sind ihre Auslandabenteuer dann ab dem 3. Januar um 21 Uhr auf SRF 1.

SRF-Auswandererfamilie Kunz

Die Familie Kunz aus dem Baselbiet will in Norddeutschland ein neues Leben beginnen.

SRF
Familie Kunz, Deutschland: «Leute sind überraschend hilfsbereit»

Weshalb haben Sie sich entschlossen, auszuwandern?
Mit dem Gedanken spielten wir schon lange, allerdings war es erst auf das Pensionsalter geplant. Im Oktober ergab sich für uns dann die einmalige Gelegenheit, einen Imbisswagen zu übernehmen. Die Entscheidung fiel nicht schwer, da Sacha im Job in der Schweiz nicht mehr ganz glücklich war.

War Ihr Wunschland Deutschland schnell klar?
Das war schon immer klar. Ein anderes Land stand nie zur Diskussion.

Was war für Sie das Schwierigste am Auswandern?
Die Familie, vor allem unseren grossen Sohn Kevin, 20, und Freunde zurückzulassen. Die grösste Angst war wahrscheinlich, dass die Kinder sich nicht gut einleben könnten. Die haben wir natürlich aus ihrem gewohnten Umfeld rausgerissen. Aber mittlerweile sind sie hier super integriert und haben Freunde gefunden. Noemi macht ihr Cheerleading weiter und Timo ist in der Jugendfeuerwehr.

Was gefällt Ihnen an Ihrem neuen Leben am Besten?
Die neue selbstständige Arbeit. Natürlich ist es acht Monate extrem streng mit fast keiner Freizeit, aber dafür können wir im Winter alles nachholen. Da arbeiten wo andere Urlaub machen, was möchte man mehr?

Was ist im neuen Land manchmal schwierig?
Da wir unser Haus immer noch am Renovieren sind, haben wir sehr viel mit Handwerkern zu tun. Da gibt es sehr vorbildliche, aber leider auch das Gegenteil. Die hohen Strompreise sollten auch noch erwähnt werden. Und wenn man hier zum Spezialisten muss, wartet man locker mehrere Wochen oder Monate.

Was haben Sie sich leichter vorgestellt?
Eigentlich ist ja alles sehr ähnlich wie in der Schweiz. Aber bei einer Auswanderung fällt immer sehr viel Papierkram an. Auch läuft nicht immer alles so, wie man es gerne hätte. Das hat stellenweise schon etwas Kraft gekostet.

Was ist dafür einfacher als gedacht?
Die Menschen hier oben sind sehr hilfsbereit und aufgeschlossen. Wir wurden in jeder Hinsicht gut aufgenommen. Und bei jedem Problem war jemand da, der geholfen hat. Das hätten wir so nicht gedacht. Und freuen uns natürlich total darüber.

Haben Sie das Auswandern schonmal bereut?
Nein, bis jetzt nicht. Allerdings hat man schon ab und zu Heimweh. Am meisten vermissen wir Familie und Freunde.

Auswandererfamilie Kunz SRF

Das Ehepaar Kunz hat einen Imbissstand übernommen.

SRF
Familie Almeida, Kanada: «Gemüse ist bis zu dreimal teurer»

Weshalb haben Sie sich entschlossen, auszuwandern?
Wir haben uns zum einen einfach in das Land Kanada verliebt. Hinzu kommt, dass es in der Schweiz immer ein bisschen enger wurde. Wir sind vor über 15 Jahren von der Stadt nach Turbenthal gezogen und da hatte das Dorf kaum 4000 Einwohner. In der Zwischenzeit sind es über 5000 Einwohner, und es wird weiter munter weitergebaut.

War Ihr Wunschland schnell klar?
Ja, es war eine gut durchdachte Entscheidung (Herz, Bauch und Kopf). Es kam nur Kanada in Frage. Wir wollten ja nicht einfach weg, damit wir einfach wegkommen. Uns gefiel es ja sehr in der Schweiz und die Schweiz ist für uns nach wie vor das tollste Land der Welt. Aber hier in Kanada ist vieles ähnlich (Vegetation, Kultur, Religion, Sicherheit) und doch viel mehr Freiheit, Selbstständigkeit der Menschen (weniger Verordnungen, Gesetze, Verbote).

Was war für Sie das Schwierigste am Auswandern?
Dass man viele Menschen, die man so lange kennt und schätzt, zurücklässt. Dies war bestimmt das Schwierigste – emotional betrachtet. Technisch war das Visum das Schwierigste, das dauerte ca. ein Jahr.

Was gefällt Ihnen an Ihrem neuen Leben am besten?
Die Ruhe, und dass hier alles ein bisschen gemütlicher angegangen wird. Im Vergleich zu vorher müssen wir hier schon zwei Gänge zurückschalten. Natürlich gefällt uns die unverbaute Weitsicht sehr und die Nähe zum Atlantik ist für unsere Wasserratten, die Kinder, natürlich das Grösste.

Sind alle mitgereisten gleich glücklich?
Wir sind dessen ganz sicher. Es gehen hier alle voll auf. Die Kinder haben bereits etliche Freunde und werden oft zu Anlässen eingeladen. Auch sind wir hier bereits in einigen Vereinen aktiv integriert.

Was ist im neuen Land manchmal schwierig?
Am meisten Mühe hatten wir bis jetzt mit den Handwerkern. Es ist hier offensichtlich schwierig, gute und zuverlässige Leute zu finden. Es klappt in der Zwischenzeit besser, ist jedoch noch verbesserungsfähig. Wobei ich natürlich erwähnen muss, dass wir eventuell auch zu hohe Ansprüche an die Leute stellen. Das Wetter ist auch speziell. Mal minus 15 Grad und viel Schnee und zwei Tage später plus 13 Grad und nirgends mehr Schnee. Früchte und Gemüse sind hier generell 2 bis 3 Mal teuer als in der Schweiz – eine Herausforderung für Leute, die gerne beides essen.

Was haben Sie sich leichter vorgestellt?
Den Umbau des Motels. Wie bereits erwähnt, ist das mit den Handwerkern eine Wundertüte: Man weiss nie, was kommt. Auch die Übernahme des Motels mit den Lizenzen, Systemen und dergleichen hatten wir uns einfacher vorgestellt.

Was ist dafür einfacher, als gedacht?
Williges (und fähiges) Personal findet man hier sehr schnell und unbürokratisch. Die ganze Personalabwicklung (Taxen, Erwerbslosenkasse, Versicherungen, AHV usw.) ist hier viel einfacher und alles via Internet machbar. Dann ist da noch der riesige Vertrauensvorschuss, den wir von den Einheimischen erhalten. Die Offenheit der Leute imponiert uns sehr, und sie kommen sehr interessiert und wohlwollend auf einen zu.

Haben Sie das Auswandern schon mal bereut?
Josef: Bereut nicht, aber ich habe mich zwei, dreimal gefragt, ob ich da nicht von der eine Badewanne in die andere gehüpft bin, weil ich eigentlich weniger arbeiten wollte und jetzt genauso oder sogar noch mehr arbeite. Und dann wird mir wieder bewusst, dass das nur jetzt der Fall ist, weil wir vieles wieder aufbauen und Neues lernen müssen. Schlussendlich habe ich es ja selber in der Hand, das zu ändern.

Was aus der alten Heimat vermissen Sie am meisten?
Josef:
Mein Göttimeitli, die guten Freunde und Familie. Insbesondere meine Pflegeeltern, die mir so vieles beigebracht haben.
Beatrice: Vor allem meine Familie, die Migros und Zeit zum Lesen.

SRF-Auswanderer Almeida

Almeidas vor ihrem Haus in der Provinz Nova Scotia.

SRF
Von Tom Wyss am 3. Januar 2020 - 07:09 Uhr