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Bligg und Marc Sway sind jetzt Blay

«Wir sind ‹Brüetsche› im Geist»

Sie kennen sich seit der Jugend, sind beide über 40, erfolgreiche Musiker und zweifache Väter: Bligg und Marc Sway. Die Künstler spannten in Ihrer 15-Jährigen Freundschaft zwei Mal zusammen – nun verschmelzen sie zum Duo BLAY.

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Blay Marc Sway, Bligg, Marco Bliggensdorfer

Aus den Solokünstlern Marc Sway (l.) und Bligg wird für zwei Jahre die Supergroup Blay. 

ZVG

Bligg und Marc Sway, ab sofort seid ihr BLAY. Wieso?
Bligg: Wir haben gute Karrieren hinter uns und unsere Hörner als Solomusiker etwas abgestossen. Ich sagte Marc, dass ich echt Bock auf ein gemeinsames Projekt habe und es mir eine Pause von mir geben würde. Wir haben nun zusammen eine Firma gegründet und fangen bei null an.
Marc Sway: Ehrlich gesagt haben die Fans uns «drufufeglupft». Das Lied «Us Mänsch» wurde 2,5 Millionen Mal geschaut, das waren nicht nur unsere Mütter. Aber bisher war ich bei unseren Songs immer der Gast, nun ziehe ich ins gleiche Haus wie Bligg.

Zwei Egos unter einem Dach?
Sway: Wir sind definitiv zwei Alphatiere, das sind wir uns sehr bewusst.
Bligg: Deshalb haben wir uns als Erstes einen Abend lang über unsere Ängste ausgesprochen und uns dabei einen ehrlichen Platz geschaffen. Aber ich glaube, dass wir beide in privater Natur das Alphatier im Käfig lassen. Wenn wir mit der Familie unterwegs sind, sind wir die liebsten Kuschelbären.
Sway: Bei Fussballteams kommen auch Individualisten zusammen. Wir bleiben unsere Persönlichkeiten, aber werden nun zu einer Mannschaft mit gleichem Trikot. Für BLAY müssen wir beide etwas zurücklassen. Ich zum Beispiel meine farbigen Hemden (lacht).

Blay Marc Sway, Bligg, Marco Bliggensdorfer

«Es ist wichtig, dass BLAY einen eigenen Sound hat. Ich werde auch singen und Sway auch rappen», sagt Bligg.

ZVG

Was ist BLAY?
Sway: Eine Fusion zweier Welten, eine Supergroup, sprich zwei bekannte Künstler formen eine Band.
Bligg: Was unser Team, die Verpackung und die Fangemeinschaft angeht, orientieren wir uns am Sport. Wir trainieren nun für unser Album «Heimspiel» (erscheint am 7. 5. 2021) und für das Hallenstadion am 4. Dezember 2021. Nur von unserem Namen war ich nicht sofort Fan, diese Namensmelange kennt man sonst von Promi-Pärli.
Sway: Dein Argument war, dass sich diese immer trennen. Aber da wir unser Ende schon kennen und es bewusst ein Projekt für zwei Jahre ist, konnten wirs riskieren.

Wann haben sich eure Wege denn zum ersten Mal gekreuzt?
Bligg: Ich habe von Sway das erste Mal als Marc Lopes gehört, so 1999 (lacht). Und dann, ein paar Jahre später, traten wir mit anderen Künstlern an der Bluewin Session auf. Jeder hatte zwei Songs auf der Bühne. Wir alle waren zu wenig erfolgreich, deshalb mussten wir zusammen auftreten.
Sway: Ich hatte Bligg und seinen Duo-Partner Lexx schon ausgecheckt, bevor ich ihn traf. Ich wusste, was Bligg so rappt.

Marc Sway, Bligg, Marco Bliggensdorfer

Bligg und Marc Sway im Interview im Restaurant Max und Otto in Zürich.

Geri Born

Freundschaft auf den ersten Blick?
Bligg: Nein, erst 2005 gab es den einen Moment. Ich bat ihn, den Refrain zu «What’s going on» für ein Mixtape zu singen. Marc kam zu mir nach Horgen. Damals waren Schlafzimmer, Küche und Studio noch ein Raum. Wir lebten am Existenzminimum und machten vieles aus Spass.
Sway: Wir kennen uns aus einer Zeit, in der wir noch dafür kämpften, einen Traum zu verwirklichen. Bligg: Wir waren zwei ‹jungi Buebe›! Wir haben viel gequatscht, über unsere Leiden, wie wir mit der Musik überleben wollten. Eine sehr seltene Situation, denn als Solomusiker bist du mit deinen Ängsten und Zweifeln oft allein. Ab da haben wir uns halbjährlich bei der Fähre in Meilen getroffen, um Fischknusperli zu essen.

 

«Eltern sein ist wie eine Prüfung, bei der klar ist, dass man nie die volle Punktzahl erreicht»

Marc Sway

Worin unterscheidet ihr euch?
Bligg: Du sagtest mal: «Dä Bligg isch meh de Meeting-Typ, ich meh de Eating-Typ.»
Sway: Genau! Lustig ist, dass wir beide nicht extrovertiert sind. Wir sind «outgoing introverts».
Bligg: Ich bin der schematische Typ, dafür hat Marc mehr «Gspüri». Ich betreibe für die Lyrics eine halbe Wissenschaft, und Marc kommt, hört es sich an und wechselt zwei, drei Worte – perfekt.
Sway: Wir ergänzen uns. Eine Partnerschaft ist dann richtig gut, wenn das Gegenüber deine Mankos ausfüllt. Das passiert nun bei BLAY. Einer von uns behält immer die Aussensicht.

Trefft ihr euch «en famille»?
Sway: Viel zu wenig. Ich geniesse es zu sehr, einen Bruder im Geiste allein zu treffen.
Bligg: Mit Marc bei einem Glas Rotwein zu sinnieren, ist ein sehr schönes Gefühl.

Marc Sway

Das ist Marc Sway Als Stefan Marc Bachofen 1979 geboren, landet der ausgebildete KV-Angestellte 2003 mit seinem Debütalbum in den Schweizer Charts und 2007 mit «Hemmigslos liebe» den ersten Mundart-Hit. Der Schweiz-Brasilia- ner ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.

Geri Born

Seid ihr daheim auch die Familienoberhäupter?
Sway: Nein, draussen bin ich ein Kopf und muss ein Unternehmen führen. Daheim bin ich gleichwertiger Partner. Das ist ein anderes Konstrukt …
Bligg: … das auch gesund ist. Für unsere Frauen und Kinder sind wir Marco und Stefan, die auch Fehler haben, Seich machen, die Türe nicht schliessen …
Sway: … die Abfallsäcke raustragen. Du auch, oder? Ich will den Familienvater kennenlernen, der das nicht macht!

Denkt ihr im Haushalt mit, oder seid ihr eher ausführende Kraft?
Sway: Ein gutes Team erkennt, wer welche Kräfte oder Stärken hat. Gewisse Dinge reisse ich an mich, aber da gibt es tausend Dinge, bei denen ich einfach meiner Frau nachlaufe.
Bligg: Wir haben sehr tolerante und unterstützende Frauen, nicht haushaltstechnisch, sondern geistig. Es ist nicht einfach, einen Partner zu haben, der oft lange weg ist, angehimmelt wird, in Interviews private Dinge erzählt.
Sway: Unsere Frauen teilen uns ganz klar mit der Musik.

 

Bligg

Das ist Marco «Bligg» Bliggensdorfer Geboren in Zürich, absolviert der heute 44-Jährige eine Sanitärinstallateur-Lehre. Mit dem Rap-Duo Bligg’n’Lexx feiert er erste Erfolge, solo gelingt ihm 2007 der nationale Durchbruch. Er gehört zu den erfolgreichsten Musikern der Schweiz. Bligg ist liiert und zweifacher Vater.

Geri Born

Seid ihr aktive Väter?
Bligg: Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Als ich damals mit meinem ersten Baby spazieren ging, sassen zwei ältere Damen auf einem Bänkli: «Schau, ein Träger.» Ich googelte und fand heraus, dass dies ein seltenes Exemplar eines Mannes ist, der ein Baby trägt (lacht).
Sway: Vater sein ist nicht nur eine Aufgabe, sondern auch eine Bereicherung. Aber beim Thema Elternschaft ist unser tolles Land rückständig. Meine Frau arbeitet zwei Tage pro Woche. Wäre die Kinderbetreuung nicht «familiär» geregelt, ginge das Geld für den Krippenplatz drauf. Ihr, ihrem Job und ihrer Wertschätzung gegenüber finde ich das respektlos. Gewisse Strukturen müssten wir revidieren. Besondere Umstände wie Corona zwingen uns, andere Muster zu prüfen. Bligg: Eine Pandemie muss erst durchrütteln, damit alle merken, dass es auch anders geht. Unser Land ist sehr bürokratisch, das ist top in vielen Bereichen, aber emotional fehlt etwas. Viele reden von Homeoffice. Meine vielen Kollegen auf dem Bau, in der Garage oder in Spitex- Dienstleistungen bleiben unerwähnt.

«Wenn die Pandemie noch Jahre anhält und keine Lösung in Sicht ist, können wir uns neue Jobs suchen»

Bligg

Ihr seid etablierte Musiker. Inwiefern helfen eure Erfahrungen in der Corona-Krise?
Bligg: Unsere Karrieren starteten unberechenbar, wir legten unsere ganze Existenz hinein. Coolness bewahren hilft, aber wir wurden ins Ungewisse katapultiert. Ich sags jetzt ganz drastisch: Wenn die Pandemie noch Jahre anhält und keine Lösung in Sicht ist, können wir uns neue Jobs suchen.
Sway: Wir sind beide Unternehmer, Köpfe einer Branche. Aber hinten dran sind viele Leute, denen es an die Existenz geht. Wir müssen sie auffangen, sonst landen sie beim Sozialamt.
Bligg: Nicht alle können Kurzarbeit beantragen. Manche leben vom Ersparten. Es «lupft» einen nach dem anderen.

Dennoch wagt ihr am 4. Dezember 2021 mit BLAY ein Konzert im Hallenstadion.
Sway: Entweder wartest du ab – oder du denkst vorwärts und glaubst daran, dass es anderes wird.

 

Marc Sway, Bligg, Marco Bliggensdorfer

Bligg über Marc Sway «Was ich an Sway bewundere, ist, dass er in einen Raum treten und zu den Menschen sofort den Zugang finden kann – und er lacht die ganze Zeit! Und ich sitze jeweils hier und denke: ‹Dammi, so guet druff chamer gar nöd si.› Und er hat natürlich eine der besten Soulstimmen der Schweiz.»

Geri Born

Im Lockdown habt ihr auch das Video zu «Sorry Mama» gedreht. «Mer wüssend nöd, was mer mached», heisst eine Zeile. Wann trifft das auch auf euch zu?
Sway: Permanent. Eltern sein ist wie eine Prüfung, bei der von Anfang an klar ist, dass man nie die volle Punktzahl erreicht. Wir wissen mit Sicherheit, dass wir teilweise daran scheitern werden.

Was ist das Schwierige am Elternsein?
Bligg: Hier zu sitzen und nicht zu wissen, was mein Kind gerade anstellt. Man muss loslassen können.
Sway: Es gibt kein Patentrezept. Jedes Kind hat andere Bedürfnisse. Das eine musst du dort bremsen, wo du das andere fördern musst. Das braucht Empathie.

Marc Sway, Bligg, Marco Bliggensdorfer

Marc Sway über Bligg «Wir sind aus demselben Holz geschnitzt. Ich weiss, dass er immer ehrlich und ‹fadegrad› zu mir ist, das Gleiche weiss er von mir. Bligg hat den Schweizer Hip-Hop massgebend geprägt, ein Pionier. Mit Bligg’n’Lexx war er einer der ersten Rapper, die ihre Geschichten auf Mundart erzählten.»

Geri Born

Sie hatten vor BLAY beide Geschwister mit im Bühnenteam.
Bligg: Genau, und wir haben auch beide ein Geschwister verloren. Meine Schwester beging 2012 mit 17 Jahren Suizid. Dein Bruder starb vor einem Jahr. Da teilen wir ein ähnliches Schicksal. Und wir haben südländische Kultur in uns. Wir sind laut, essen beide gerne, es ist normal, auf die Familie zu schauen.
Sway: Wir haben gerne Menschen um uns, die Nähe und Vertrautheit ausstrahlen. Auch wir zwei zoffen uns wie Geschwister!

Was treibt euch gegenseitig auf die Palme?
Sway (lacht): Wir sind wie Brüetsche. Wir können uns direkt die Meinung sagen, laut werden, und es ist okay.
Bligg: Dass wir streiten können, treibt uns auch an.

Marc Sway, Bligg, Marco Bliggensdorfer

Nach 15 Jahren Freundschaft und regelmässigen Fischknusperli-Treffen haben die beiden Zürcher nun eine gemeinsame Firma gegründet.

Geri Born
Von Aurelia Robles am 5. Dezember 2020 - 07:09 Uhr