Total blank zieht Helene Fischer, 33, nur in ihrem neuen Video «Achterbahn». Fast schon züchtig dagegen gibt sich die Schlagerkönigin während ihren fünf aufeinanderfolgenden ausverkauften Konzerten im Zürcher Hallenstadion: Ihr hautfarbener BH, den sie jeweils unter ihren wechselnden Bühnenkostümen trägt, hängt 13 Stunden nach dem Finale des Auftaktkonzerts auf einem Bügel in ihrer Umkleide hinter der Bühne.
Es ist Mittwoch, 13.30 Uhr. Bis zur zweiten Show sinds noch sechseinhalb Stunden. «Im Moment ist Helene Fischer noch im Hotel. Sie kommt um 16 Uhr ins Stadion», sagt Dieter Semmelmann. Er ist Fischers Tourmanager und seit zehn Jahren mit der Sängerin unterwegs. Erzählt er von ihr, schwärmt er nur. So wie Millionen Fans.
«Germany’s Goldkehlchen»
Warum nur? Sie ist blond. Sie ist hübsch. Sie ist sexy. Und sie ist der erfolgreichste Schlagerstar Deutschlands: Helene Fischer ist «Germany’s Goldkehlchen», verkaufte bisher mehr als zehn Millionen Tonträger. Das «Fräuleinwunder der Volksmusik» sammelt Auszeichnungen wie sonst Frauen Schuhe: 16 Echos, 7 Goldene Hennen (bei beiden Preisen ist sie Rekordhalterin), 2 Bambis, 2 Goldene Kameras, 4 Kronen der Volksmusik, 1 World Music Award.
Fischers ultimativer Superhit «Atemlos» wird von Flensburg bis Zermatt und von Karlsruhe bis Wien in Festzelten, Konzerthallen und Dorfkneipen mitgeträllert, gesungen – oder gegrölt. Die 1,58 Meter kleine Sängerin ist eine ganz grosse Entertainerin. Oder wie es die deutsche Wochenzeitung «Die Zeit» auf den Punkt bringt: Helene Fischer ist eine Angela Merkel des Showgeschäfts.
Die Glitzergöttin liebt die Schweiz
«Du bist ein Phänomen!», tönt es Fischer aus mehr als zehntausend Kehlen am Dienstagabend im Hallenstadion entgegen. Als Glitzergöttin schwebt sie an Strapaten von der Decke herab. Helene Fischer verrenkt sich, singt engelsgleich, lässt ihre Hüften kreisen. «Grüezi mitenand», begrüsst sie ihr Schweizer Publikum nach drei Songs – und das fast gar nicht atemlos.
Schwärmt davon, wie sehr es ihr in der Schweiz gefällt, «wo wir uns für eine Woche einnisten dürfen». Fischer, das hat sie mal im Interview mit der Schweizer Illustrierten verraten, liebt Käsefondue, Züri-Gschnätzlets – und, na klar, Schoggi.
Helene ist nicht für alles zu haben
Helene Fischer ist eine Marke. Seit Januar 2010 ist ihr Name, Registernummer 302009031494, in München beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wortmarke eingetragen. In der Liste der geschützten Artikel stehen über 500 Produkte, angefangen bei Mundpflegemittelchen über Fasnachtsmasken und Moskitonetze bis hin zum Betrieb eines Vergnügungsparks.
Fischers Lächeln, Helenes Freundlichkeit, ihre Frische – alle wollen davon abhaben. Aber nicht jeder bekommt davon. Als in Deutschland die rechtsextreme NPD Fischers Hit «Atemlos» 2015 vor den Thüringer Landtagswahlen verwendete, setzte sich die Künstlerin juristisch erfolgreich gegen die Partei zur Wehr.
Dank Schlagern lernte sie Deutsch
Die Frau, die aus der Kälte kam. Das war einmal. Längst gilt Helene als genauso «hot» wie Kylie Minogue. Kalt wars in Helene Fischers frühen Kindheitstagen in Sibirien. Dort kommt sie 1984 zur Welt, in Krasnojarsk, einer Millionenstadt an der transsibirischen Eisenbahn. Helene ist drei, als sie mit ihrem Vater Peter, einem Sportlehrer, Mutter Maria, die als Ingenieurin arbeitet, und ihrer sechs Jahre älteren Schwester Erika nach Deutschland übersiedelt. Sie sind sogenannte Wolgadeutsche.
Den Eltern ist wichtig, dass ihre Töchter schnell die Sprache der neuen Heimat beherrschen. «Dank Schlagern lernte ich Deutsch», verrät die Sängerin. In ihrem neuen Zuhause im rheinland-pfälzischen Wöllstein singen die Schwestern Céline Dion, Whitney Houston, Mariah Carey und gefühlsschwere russische Balladen. «So laut und schön wir konnten», erinnert sie sich.
Sie schien von Innen zu leuchten
Nach der Realschule besucht die 16-Jährige die Stage & Musical School in Frankfurt. «Sie war noch fast ein Kind, als sie zu uns kam», erinnert sich ihr Musical-Dozent Markus Goerisch. «Helene war ein Persönchen von nicht mal einssechzig. Aber sie schien von innen zu leuchten. Sie hatte die Ausstrahlung eines Gebirgsbachs: sehr klar, sehr frisch, sehr natürlich.»
Ihre Karriere als Schlagersängerin beginnt mit einem Auftritt beim Hochzeitsfest der Volksmusik 2005. Ihr damaliger Gastgeber: Florian Silbereisen, 36.
Vom Gastgeber zum Mann an Helenes Seite
Drei Jahre später wird er der Mann an ihrer Seite, geheiratet haben sie aber bis heute nicht. «Florian gibt mir Halt, und er versteht mich am besten», sagt sie über ihren Liebsten.
Wenn sie wie jetzt eine Woche in Zürich ist, telefoniert sie mehrmals täglich mit ihm. Absolute Zweisamkeit geniesst das Paar in seinem Zweitwohnsitz auf Mallorca, wo Helene versteckt unter dem Baseballcap und mit Sonnenbrille manchmal sogar unerkannt im Supermarkt einkaufen kann.
Ein Star ohne Starallüren
Eigentlich wäre sie ja gern Popsängerin geworden, vertraute jedoch völlig ihrem Manager Uwe Kanthak. Das Vertrauen hat sich ausgezahlt. Das Vermögen der Schlagerkönigin wird auf 35 Millionen Euro geschätzt. Sie ist dennoch auf dem Boden geblieben.
Extrawünsche gibt es von Helene auch bei ihren Auftritten in Zürich nicht. «Sie isst ganz normal mit uns Crew-Leuten in der Kantine hinter der Bühne», versichert ihr Tourmanager. Ein total normaler Superstar!