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Smarte Früchtchen

Zwei Zürcher lassen aus Äpfeln Leder entstehen

Äpfel sind süss, können aber auch herb. Etwa wenn sie als Leder-Portemonnaie daher­kommen. Lucas und Claudius Knecht produzieren mit ihrem Start-up Sohotree tierfreundliche Lederwaren.

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Foto: Joseph Khakshouri 09.02.2021*Portemonnaie aus Apfelleder*: Die Zürcher Brüder Lucas und Claudius Knecht stellen Lederwaren aus Äpfeln her.Zürich (ZH)

Aus Äpfeln werde Leder: Die Brüder Lucas und Claudius Knecht verkaufen Accessoires aus Apfelleder. Sie wohnen und arbeiten zusammen in Zürich.

Joseph Khakshouri

Es begann mit einer Kuhhaut, die von der Decke einer Pelletteria baumelte – eines typisch italienischen Lederwarengeschäfts. Die Brüder Lucas und Claudius Knecht suchten nach Ersatz für Lucas’ Lederrucksack, der ihm in Italien gestohlen wurde. Da realisierten sie: Da hängt ein Tierleben dran, und sie begannen zu recherchieren. «Viele denken, Leder sei ein Nebenprodukt der Fleischproduktion», sagt Claudius Knecht. «Aber Lederproduktion ist eine eigene Industrie, Tiere werden extra dafür gezüchtet.» Meist in China, aber noch häufiger wisse man nicht, woher das Leder komme.

Ohne Fremdkapital

Die Brüder haben 50 000 Franken in das Projekt investiert. Seit dem Verkaufsstart im November 2020 haben sie rund 50 000 Franken verdient und damit die Investition gedeckt. Dieses Jahr wollen sie das Zehnfache verdienen.

Eine Alternative muss her, dachten die Brüder. Wieder recherchierten sie und landeten erneut in Italien. In Florenz erfand der Südtiroler Hannes Parth eine Methode, mit der man aus Äpfeln Leder herstellen kann, sogenanntes Applepeel. In dieses Leder kommen nur Rückstände aus der Apfelsaftproduktion. Schalen, Kerne und Stängel werden getrocknet, pulverisiert und mit rezykliertem Kunststoff gemischt. Die klebrige Masse wird Schicht um Schicht auf eine dünne Baumwollmatte aufgetragen. Am Schluss sorgt eine Prägung für die Lederoptik – Sohotree war geboren!

Foto: Joseph Khakshouri 09.02.2021*Portemonnaie aus Apfelleder*: Die Zürcher Brüder Lucas und Claudius Knecht stellen Lederwaren aus Äpfeln her.Zürich (ZH)

Apfelleder als Standard: «Wir wollen, dass Apfelleder keine Alternative, sondern die Regel ist», sagt Claudius Knecht, 23. Darum möchten er und sein Bruder Lucas, 25, ihr Angebot ausbauen. Künftig soll es auch Handtaschen und Schuhe aus Apfelleder geben.

Joseph Khakshouri

Auf ihrer Website verkaufen die Brüder Portemonnaies, Handyhüllen, Rucksäcke und Schlüsselanhänger aus Apfelleder. Einzig der Geruch verrät, dass es sich dabei nicht um Tierleder handelt: Das Apfelleder riecht nach frisch gedruckten Buchseiten. Mit dieser ebenso originellen wie bahnbrechenden Entwicklung haben die Brüder einen Nerv getroffen. Im November 2020 starteten sie den Verkauf, und bereits fünf Wochen später war das Lager leer. 800 Artikel gingen weg wie warmer Apfelkuchen, die Produktion läuft heiss. Auch mit Ananas oder Trauben liesse sich Leder machen, aber der Apfel sei einfach typisch Schweiz, finden die Brüder. Die Äpfel werden in Südtirol geerntet und in Florenz verarbeitet. Warum nicht im Land von Wilhelm Tell? «Das ist mitunter eine Kostenfrage», sagt Lucas Knecht. In der Schweiz seien die Lohnkosten gut doppelt so hoch wie in Italien. Die Produkte würden dann viel mehr kosten.«Uns ist wichtig, dass sich jeder nachhaltige Lederwaren leisten kann», sagen die Brüder und legen damit den Grundstein für die nächste Apple-Revolution.

25% Apfel ist sicher drin

Ein Portemonnaie besteht zu etwa einem Drittel aus Bio-Baumwolle, 40 Prozent rezykliertem Kunststoff, der Rest ist aus Äpfeln.

Von Rachel Hämmerli am 15. März 2021 - 07:39 Uhr