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Erfindergeist

Diese Schweizer Manufakturen sind ein Besuch wert

Traditionelles Handwerk in hochwertiger Verarbeitung, verbunden mit frischen Ideen und Unternehmergeist – das zeichnet seit jeher erfolgreiche Swissness-Produkte aus. STYLE besuchte drei mustergültige Manufakturen.

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Label 17; Cristina McDaniel & David Pfrommer; div. Leder Produkte; div. Taschen

Cristina McDaniel und David Pfrommer vom Label17.

Gabi Vogt

Geflochtene Bijoux

Die DNA von Label17 sind handgefertigte Taschen und Accessoires aus Lamm-Nappaleder und Lammfell. Die Seele von Label17 ist die Handwerkskunst – Produkte, die mit traditionellem Kunsthandwerk zu zeitgenössischen Stücken gefertigt werden. Für einige Taschen wird das pflanzlich gegerbte Leder von einem Netzwerk marokkanischer Frauen in Heimarbeit von Hand in traditioneller Machart geflochten. Und die kreativen Köpfe hinter Label17 heissen Cristina McDaniel, 47, und David Pfrommer, 48. Sie sind seit elf Jahren ein Paar. Was heute ein wunderschönes Lokal im Zürcher Seefeld ist, begann einst mit einem zufälligen Besuch in einer Ledergerberei in Marrakesch. «Eine Kollegin von mir hatte dort zu tun», erzählt Cristina McDaniel. «Ich begleitete sie und war begeistert vom Leder und den Lammfellen. In einem Nähatelier liess ich mir davon zwei Weekender nach meinen Entwürfen anfertigen.» Von Freunden und Bekannten bekam Cristina für die Taschen Komplimente. Das war 2017. Aus diesem Erlebnis entstand Label17. Via Instagram machten sie auf sich aufmerksam und verkauften so die ersten Modelle an renommierte Boutiquen. Ende 2019 machten sie sich selbstständig. Den Lockdown überstanden die beiden, da sie bereits in einen Online-Shop investiert hatten. Ihr aktuelles Geschäft an der Brotgasse 3 in Zürich war vorher ein brachliegender Laden. David Pfrommer: «Wir hatten hier die Möglichkeit, das ganze Haus zu bespielen. Wir wollten, dass das Haus zum Schaufenster wird.» Renoviert haben sie praktisch alleine, einzig unterstützt von guten Freunden. Cristina McDaniel entwirft jedes Modell selbst und designt zwei Kollektionen pro Jahr. Produziert werden die Taschen und Accessoires in Marokko und in der Schweiz. label17.com

Für Prost ohne Promille

Als kleiner Junge aus Sion trank er am liebsten den Grenadinesirup von Morand, viele Jahre später ist er selbst CEO der Traditionsfirma: Fabrice Haenni leitet seit acht Jahren die Distillerie Morand in Martigny VS. Morand wurde 1889 gegründet, die dritte, vierte und fünfte Generation der Morand-Familie arbeitet noch immer mit. Für Fabrice Haenni ist es eine Ehre, dieses Unternehmen zu führen, kam er doch nur durch einen glücklichen Zufall zu dieser Stelle. Haenni arbeitete zehn Jahre lang bei der UBS, was ihn aber nicht immer happy machte. Seine Eltern waren derweil Inhaber der Firma Rostal Herbes, die Bio-Kräutertees und den Genepi-Alkohol verkaufte. Haennis Eltern beauftragten ihn schliesslich, einen passenden Käufer zu finden, und Morand war der perfekte Fit. Ihm wurde ein Job angeboten, ein Jahr später übernahm er als CEO. «C’est la vie», sagt Haenni heute, «so kann es manchmal im Leben gehen.» Die Aushängeschilder von Morand sind immer noch die Eaux de Vie Williamine und Abricotine, mittlerweile machen aber die Sirupe fünfzig Prozent des Umsatzes aus. Die Distillerie bietet sechzig Sirup-Geschmackssorten an, neben Klassikern auch Spezialitäten wie Hugo oder Crème brûlée. Jedes Jahr bringt Morand zwischen fünf und zehn neue Aromen auf den Markt. «Wir arbeiten hart an Innovationen.» Ende November erscheint die neuste, passend zur Weihnachtszeit: ein Chai-Tee-Sirup. «Unsere neue Strategie ist es, Sirupe zu erfinden, mit denen man bequem Mocktails oder Cocktails mischen kann. Ich probiere zu Hause sehr oft neue Ideen in meiner Küche aus», erzählt Haenni. Na dann, Prost! morand.ch

Kunst der Keramik

Eigentlich wollte Sabine Dambach, 45, Lehrerin sein. Hätte sie sich nicht ins Töpfern verliebt. Nach ersten Berührungen mit Ton bringt sie sich das Handwerk mit Videoanleitungen selbst bei, es entstehen Skulpturen, später Geschirr. Ihre neu entdeckte Leidenschaft leistet Dambach auch psychisch Support, als sie wegen einer Knieverletzung durch schwierige Zeiten geht. «Ich töpferte ununterbrochen.» Auf der Suche nach Freiheit tauscht Sabine Dambach vor zweieinhalb Jahren das Klassenzimmer endgültig gegen ihr hauseigenes Atelier ein. Ihr Geld verdient die Mutter zweier Kinder mit Einzelbestellungen, Workshops und Aufträgen von Restaurants. Erst kürzlich erhält sie ihre bisher grösste personalisierte Bestellung. 500 identische Teller soll sie von Hand formen, brennen und bemalen. Zeitaufwand: vier Monate. Auch repetitive Arbeiten haben ihre Qualität, findet die Kunsthandwerkerin. «Es ist extrem schön, wenn die Hände wissen, was zu tun ist.» Ausserdem biete es die Möglichkeit, nebenbei Podcasts zu hören – ihr Favorit ist «True Crime». Freude bereiten ihr auch die Workshops, die sie anbietet. Sie dauern zwei Wochenenden. Im Herbst organisiert sie jeweils ein viertägiges Retreat im Herzen Frankreichs. Ein abgelegenes Schloss bietet Platz für zwölf Teilnehmende. Am Abend sind Prosecco, Wellness und gute Gesellschaft Programm. Sabine Dambach ist es wichtig, ihr Handwerk weiterzugeben. «Ich wünsche mir, das jeder Mensch töpfert.» Die Farben, das Material und die Tätigkeit würden einen mit der Natur verbinden. «Ton erdet.» In ihrem Zuhause im luzernischen Oberkirch widmet sie gleich zwei ganze Zimmer der Keramik. Ihr eigenes Geschirr besteht – wie könnte es anders sein – fast ausschliesslich aus ihren Testprodukten. Das ist wahre Liebe zur Eigenproduktion. dabisabi.ch

Von Yara Vettiger, Vanessa Nyfeler und Janine Urech am 29. November 2023 - 07:30 Uhr