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Stan Wawrinka spricht über seine Tiefs

«Vieles, was wir Athleten durchmachen, sieht man nicht»

Stanislas Wawrinka wird nach seinen zwei Fuss-Operationen nicht rechtzeitig fit für die US Open. Doch der Romand kämpft nicht nur mit seinem Körper, sondern kennt auch psychische Probleme, über die er nun offen spricht.

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ROTTERDAM, NETHERLANDS - MARCH 02:  Stan Wawrinka of Switzerland walks out to play in his match against Karen Khachanov of Russia during Day 2 of the 48th ABN AMRO World Tennis Tournament at Ahoy on March 02, 2021 in Rotterdam, Netherlands. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Hat in seiner Karriere auch schon dunkle Zeiten erlebt: Stanislas Wawrinka.

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Einen Schritt zurückmachen, um das grosse Ganze zu sehen: Das ist Stanislas Wawrinkas Trick, wenn er gerade in einem Tief steckt. Und diese Situation kennt er offensichtlich besser, als ihm lieb ist. Das hat er nun in einem Instagram-Interview mit seinem Ausrüster Yonex dargelegt. 

Es sind keine einfachen Zeiten, die Wawrinka gerade durchmacht. Mitte März hat er das letzte Turnier gespielt, kurz danach hat sich der 36-Jährige am linken Fuss operieren lassen, pausierte ein paar Wochen. Doch die Verletzung heilte nicht so gut wie gewünscht, sodass Ende Juni an selber Stelle eine zweite Operation folgte. Vor einer Woche präsentierte er sich auf Instagram dann zwar wieder ohne Gips – doch um auf höchstem Niveau zu spielen, reicht das noch lange nicht. So musste der Waadtländer nach den French Open, Wimbledon und dem Olympischen Turnier nun auch die US Open von Ende August absagen. 

«Ich möchte unbedingt zurückkommen»

«Es war einiges los in meinem Körper», bestätigt Wawrinka im Interview mit Yonex. «Aber ich hatte in jüngeren Jahren auch viel Glück bezüglich Verletzungen. Dennoch: Ich möchte unbedingt zurückkommen, zurück zu den Emotionen, die mir das Tennis gibt, ins Stadion, zu den Fans.»

Auf seine Widerstandsfähigkeit angesprochen – er hatte bereits 2016 nach einer Knieverletzung lange pausieren müssen – und seine Positivität, gab er aber offen zu, dass dies nicht immer die Realität sei. «Man sieht die Athleten immer am Fernsehen, wenn sie am besten sind. Aber viele Dinge, die wir durchmachen, sieht man nicht. Es gab auch schwierige Zeiten für uns, mich inklusive.» Durchlebt er eines dieser «Big Downs», also grossen Tiefs, versucht er jeweils, einen Schritt zurück zu machen. «So sehe ich meine ganze Karriere, was ich schon alles erreicht habe. Und daraus kann ich eigentlich nur Positives ziehen.» Wichtig sei ihm immer gewesen, sich zu sagen: Nimm dir Zeit. Schau dir das grosse Bild an, schau dir an, was du noch willst.

Immer mehr Sportler sprechen über mentale Probleme

Sich Zeit nehmen, einen Schritt zurück machen, sich vom Erfolgsdruck nicht stressen zu lassen – immer mehr Sportlerinnen und Sportler sprechen offen darüber, dass nicht alle die Supermänner und -frauen sind, als die wir sie aufgrund ihrer Erfolge oft wahrnehmen. Im Tennis war es Naomi Osaka, die sich von den French Open zurückzog. Sie legte offen, dass sie Depressionen habe und zudem vor öffentlichen Auftritten wie etwa Pressekonferenzen auch Angstzustände. An den Olympischen Spielen in Tokio war es US-Kunstturnerin Simone Biles, die den Wettkampf abbrach, weil sie sich nicht in der mentalen Verfassung fühlte, weiterzuturnen. So gross war der Druck, der auf ihr lastete. Und im Turnen können Fehler oder Aussetzer schwerste Konsequenzen haben. 

PARIS, FRANCE - JUNE 02: Stan Wawrinka of Switzerland celebrates during his mens singles fourth round match against Stefanos Tsitsipas of Greece during Day eight of the 2019 French Open at Roland Garros on June 02, 2019 in Paris, France. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Dieses Gefühl will er wieder spüren: Stan Wawrinka gibt alles, um nochmals zurückzukommen und wieder vor Fans spielen zu können, wie hier an den French Open 2019.

Getty Images

Wie und wie schlimm Stanislas Wawrinka unter seinen Tiefs litt, führt er nicht weiter aus. 2020 hatte er die US Open noch freiwillig abgesagt, weil ihm nicht danach war, während der Pandemie in die USA zu fliegen und dort wochenlang im Hotel Quarantäne zu machen. Die Corona-Krise hat ihn nicht so gross belastet. Dafür sei er in seinem Leben zu privilegiert, als dass ihn die Wettkampfpause gestresst hätte, sagte er damals. Bei einer Verletzung sei das Pausieren etwas anderes – dann habe er immer das Gefühl, etwas zu verpassen. Doch während Corona genoss er es, viel Zeit für seine Tochter Alexia, 11, zu haben, war entspannt und zufrieden. Er habe schon so viel gewonnen in seiner Karriere. «Ich habe keinen Druck, noch etwas erreichen zu müssen.»

Die Lust aber, die ist auch mit 36 Jahren noch da. «Ich mache alles, was es braucht, um zurückzukommen.»

Von EB am 12. August 2021 - 17:05 Uhr