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Fashion Week Diary

Endspurt: Von Apokalypse und Hoffnung in Paris

Die Weltuntergangsstimmung hält an – auch die glitzernde Pariser Parallelwelt ist befallen. Von Angst vor dem Virus, dem Klima, vor Veränderung. Fashion Director Laura Catrina hat sich ins Getümmel gestürzt und kehrt mit einem lebendigen Schatz an Erinnerungen und Reaktionen zurück. Und ein bisschen Husten.

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Louis Vuitton warf einen Blick in die Zukunft, in der die Vergangenheit eine Rolle spielt. Was werden wir in 50 Jahren über Coronavirus und Klimaerwärmung denken?

Imaxtree

Es sind die letzten zwei Tage des Pariser Fashion-Marathons: Wir sind von Wind und Wetter angeschlagen und schätzen es daher, dass der Montag vergleichsweise ruhig – und positiv – startet. Stella McCartney ruft dem Modezirkus wie gewohnt in Erinnerung, dass gerade unsere Branche das Klimaproblem schleunigst lösen muss. Ihre Show ist komplett CO2-neutral und jeder Gast bekommt einen Mini-Baum, versehen mit den mahnenden Worten «We should all be carbon-neutral now». Ihr fröhliches Finale mit lachenden Models und in Tierkostümen Verkleideten ist eine wohltuende Abwechslung zu den vielen apokalyptisch anmutenden Shows und Kollektionen der vergangenen Tage. 

Weltuntergangsstimmung bei Balenciaga und weniger Bisous

Es ist bezeichnend und beinahe unheimlich, wie künstlerische Vision und Wirklichkeit während dieser Modewoche aufeinandertreffen. Am besten hat das düstere Gefühl Designer Demna Gvasalia formuliert. Das Setting seiner Balenciaga-Show besteht aus einem gefluteten Laufsteg und einem tief über den Köpfen der Zuschauer hängenden Screen, auf dem Feuerbrünste, tobende Fluten oder unheimliche Vogelschwärme vorbeiziehen. Dass die Models scheinbar übers Wasser laufen können, dient nur als kleiner Hoffnungsschimmer.

Die reale Bedrohung des Coronavirus hat auch die sonst so erhabene Modebranche fest im Griff und einige, wenn auch erstaunlich wenige, sind erst gar nicht angereist. Auch nur wenig Brands haben ihre Präsentationen oder Cocktailempfänge abgesagt. Wir verspüren jedoch wenig Lust am Ende des Tages an überfüllten Partys den Tag ausklingen zu lassen. Ein ungutes Gefühl beschleicht einen schon manchmal, wenn man Schulter an Schulter in den überfüllten Zelten oder Räumen sitzt, gerade wenn man hört, dass in der Schweiz Veranstaltungen mit über 1000 Menschen verboten wurden. Hier und da gibts für die Gäste Desinfektionsgel am Eingang, es wird weniger geküsst, doch mehr auch nicht. The show must go on. 

Verjüngungs-Piraterie bei Chanel

Der letzte Tag ist der wichtigste. Die Schauen von Chanel und Louis Vuitton, den zwei grössten und bekanntesten Pariser Häuser, bilden jeweils den krönenden Abschluss der Pariser Modewoche. Chanel zeigt im Grand Palais, Louis Vuitton traditionellerweise auf dem Grundstück des Louvre. Erstaunlich simpel ist das sonst so aufwändige Chanel-Set in dieser Saison. Chefdesignerin Virginie Viard bringt Leichtigkeit auf den Laufsteg.
Die Models spazieren in Gruppen und manche sogar schwatzend. Auch die Kleider wirken frisch und jung. Die Nachfolgerin von Karl Lagerfeld macht ihre Sache in unseren Augen gut und bringt Chanel einer neuen, jüngeren Kundin näher, ohne die DNA des Hauses zu verraten. Die Tweedjacken und -mäntel in Pistaziengrün oder Pink, manche mit Crop Tops getragen, würden wir sofort anziehen. Die Two-Tone-Boots im Piraten-Stil sind überaus alltagstauglich und auf die halb-transparenten Strumpfhosen mit dem Chanel-Logo werden nächsten Herbst alle fliegen. 

Louis Vuitton lädt zur Zeitreise

Nicolas Ghesquière ist ein Meister, wenn es darum geht, Vergangenheit und Zukunft miteinander verschmelzen zu lassen. Seine ganze ästhetische Handschrift beruht darauf. Und doch hat es der Creative Director von Louis Vuitton selten so treffend auf den Punkt gebracht wie in dieser Saison – nicht nur mit den Kleidern, sondern auch mit dem Setting der Show.
Ein 200-köpfiger Chor hinter einem feinen, durchsichtigen Netz bildet den Backdrop des sonst ganz in Schwarz gehaltenen Runways. Jeder einzelne Sänger ist in ein anderes, historisches Gewand gekleidet; vom 15. Jahrhundert bis hin zu den 1950er-Jahren, aus verschiedensten Ländern und Kulturen. Zu den Chorgesängen defilieren die Models in einer Melange aus Sci-Fi-Elementen, Sportswear, überproportionierten Petticoats und klassischem Bourgeoisie-Tayloring mit Nadelstreifen oder Anzugswesten. Die Show wirkt wie ein Blick in die Zukunft, in der die Vergangenheit eine Rolle spielt, aber nicht von ihr beherrscht wird. Ein würdiger Abschluss einer Fashion Week, die unter ernsteren Sternen stand als sonst, und die uns nachdenklich nach Hause entlässt. Au revoir, Paris!

Von Laura Catrina am 4. März 2020 - 11:27 Uhr