Man könnte fast meinen, die Sonne wolle den Worten von Adrian Hauert, 35, noch mehr Gewicht verleihen, als sich ihre Strahlen an diesem Novembertag durch die Wolken kämpfen und das Limpbachtal mit dessen Feldern und Wiesen in goldenes Licht tauchen. Der Landwirt steht mit den Armen in den Hüften da und lässt den Blick über die Ebene schweifen. Voller Stolz und mit Nachdruck sagt er: «Für mich ist das Limpbachtal das schönste Tal der Schweiz. Es ist vielerorts unverbaut, und der schwere Boden eignet sich hervorragend für diverse Ackerkulturen. Vor allem für die Zuckerrübe.» Der Berner kniet nieder und zieht mit einem kräftigen Ruck eine fast fussballgrosse Rübe aus der Erde. «Ein Prachtsexemplar.» Knapp drei Kilo schwer. Ist sie erst mal verarbeitet wird sie um die 300 Gramm Zucker liefern.
2015 übernahm Hauert den 55 Hektar grossen väterlichen Betrieb in Wengi bei Büren, auf dem er heute mit Ehefrau Claudia, 31, und Tochter Sarina, 8 Monate, lebt. 30 Kühe, deren Milch zu Emmentaler verarbeitet wird, 140 Schweine für die Zucht sowie ein vielfältiger Ackerbau bilden seine drei Standbeine. Für den Bauern war stets klar, dass er mit dem Anbau von Zuckerrüben weitermachen wird. Dieser hat für ihn Tradition. Und das obwohl die Landwirtschaft im Limpbachtal vor 100 Jahren noch undenkbar war.
Zu jener Zeit bedeckten sumpfig-saure Wiesen die Fläche. Dank dem Plan Wahlen, der während dem Zweiten Weltkrieg die Selbstversorgung der Schweiz sichern sollte, wurde durch Rodungen und Melioration mehr Anbaufläche gewonnen. So auch hier. Der Bach wurde kanalisiert. Die Ebene trockengelegt. Dank der Zuckerfabrik Aarberg, die schon seit 1899 existiert und nur zwölf Kilometer entfernt ist, war der Anbau von Zuckerrüben naheliegend.
Hauert schreitet in Jeans und Turnschuhen langsam den Acker ab. Auf rund neun Hektar hat der Berner die Rübensorte Strauss angepflanzt. «Sie ist vom Ertrag her vielversprechend, leider aber auch anfällig für Krankheiten.» Hauert zeigt auf vereinzelte braune Stellen im Feld. Die Blätter werden von Pilzen befallen, oder Blattläuse übertragen Viren auf die Rüben. Dadurch kann weniger Sonnenlicht absorbiert werden, und der Zuckergehalt der Pflanze bleibt tief. In diesem Jahr habe es ihn nicht allzu schlimm getroffen. «Wir brauchen aber in der Schweiz die notwendigen Pflanzenschutzmittel, um diese Krankheiten unter Kontrolle zu halten.»
Davon abgesehen hat die Kultur «eigentlich nur Vorteile», wie Hauert sagt. «Sie ist anspruchsvoll, aber sie gibt uns Landwirten auch viel zurück.» Die Rübe hat sehr lange Wurzeln, die den Boden tief unten auflockern, was eigentlich bei keiner anderen Kultur möglich ist. So kann sie sich auch im Sommer mit Wasser, das sie aus den tieferen Lagen zieht, versorgen. Die Blätter enthalten eine grosse Menge Kalium. Dieses geben sie an den Boden ab, was somit als natürlicher Pflanzendünger wirkt. «Deswegen pflanze ich in der Fruchtfolge nach den Rüben jeweils Kartoffeln auf dem Feld an. So spare ich eine Menge Dünger.» Zudem produziere die Rübe während der Vegetation rund doppelt so viel Sauerstoff wie die gleiche Fläche Wald. «Sie tut also auch etwas Gutes für die Umwelt.»
Da in der Region viele Landwirte Zuckerrüben anbauen, haben sie sich für die Ernte gemeinschaftlich im sogenannten Rübenring organisiert. Die dafür 1996 gegründete Genossenschaft hat den Zweck, die Rüben möglichst kostengünstig nach Aarberg in die Zuckerfabrik zu transportieren. Dort wird die Ernte ab nächstem Jahr mit Energie aus dem neuen Altholzkraftwerk verarbeitet. Schweizer Zucker wird so deutlich nachhaltiger produziert als Importzucker aus der EU.
2019 produzierte Hauert 130 Tonnen Zucker. Auch dieses Jahr ist er voller Zuversicht. «Damit es grosse Rüben gibt, braucht es auch ein wenig Glück. Die Temperaturen müssen stimmen und der Regen zur richtigen Zeit kommen. Das ist in der Landwirtschaft einfach so. Neben dem Erfahrungswert natürlich.» So teilt Hauert, der jedes Jahr zwei Lehrlinge ausbildet, sein Wissen gerne mit dem Nachwuchs. «Damit Schweizer Zucker eine Zukunft hat.»
«Mehr Schweiz im Teller» ist eine Aktion von Verlag und Redaktion der Schweizer Illustrierten in Zusammenarbeit mit Agro-Marketing Suisse (AMS) und dem Schweizer Bauernverband (SBV). Auf www.vomhof.ch präsentieren sich rund 2000 Hofläden, die eine bunte Palette an regionalen Produkten anbieten.
Mehr Infos zum Thema Schweizer Rüben und Zucker finden Sie unter www.zucker.ch und www.suissegarantie.ch sowie www.landwirtschaft.ch