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Der ganz normale Wahnsinn

Die Würde meiner Kinder ist unantastbar!

Am 9. Februar stimmen wir über ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ab. Ein Ja ist unbedingt nötig, findet unsere Familienbloggerin. Denn ihre Kinder sollen die Freiheit haben, zu lieben, wen sie wollen, ohne die Gefahr, dafür öffentlich beleidigt zu werden.

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(GERMANY OUT) Demonstration für für die Eheschließung homosexueller Paare in Berlin (Photo by Seeliger/snapshot-photography/ullstein bild via Getty Images)

Unsere Familienbloggerin hofft auf ein Ja zum öffentlichen Schutz von Menschen jeder sexuellen Orientierung. Damit ihre Kinder unbeschwert lieben dürfen, wen sie wollen. 

Getty Images

Ich breche für diesen Blog eine Regel, die mir von meinen Kindern auferlegt wurde: Ihr Liebesleben ist tabu. Ich breche sie mit offizieller Erlaubnis und für einen bestimmten Zweck.

«Ich glaube, ich stehe nicht nur auf Jungs»

Vor etwas mehr als einem Jahr sagte meine Tochter folgendes zu mir: «Ich habe mir lange überlegt, ob ich es dir sagen soll. Ich glaube, ich stehe nicht nur auf Jungs. Ich habe eine Freundin.» Ich war geschockt. Nicht von den beiden letzten Sätzen. Sondern vom ersten. Sie musste überlegen, ob sie mir erzählen kann, dass sie auch Mädchen mag? Wenn ich meinen Kindern jemals das Gefühl gegeben habe, meine Liebe zu ihnen hänge davon ab, was sie leisten oder wen sie lieben, habe ich alles falsch gemacht, was ich falsch machen konnte!

«Solange Homophobie noch so präsent ist in unserer Gesellschaft, gibt es noch sehr viel zu sagen. Und sehr viel zu tun.»

Ihr Zögern hing wohl damit zusammen, dass wir uns nie gross über dieses Thema unterhalten haben. Weil für mich einfach immer klar war, dass die sexuelle Orientierung meiner Kinder und ihrer Freunde genauso wenig eine Rolle spielt wie Nationalität, Hautfarbe oder Religion von letzteren. Da gibt es nicht viel zu sagen. Die Unsicherheit meiner Tochter zeigt, dass das so nicht stimmt. Solange Homophobie noch so präsent ist in unserer Gesellschaft, gibt es noch sehr viel zu sagen. Und sehr viel zu tun.

Jeder Zehnte hält gleichgeschlechtliche Liebe für unmoralisch

Am 9. Februar stimmen wir über ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ab. Öffentliche Äusserungen oder Handlungen, welche die Menschenwürde einer Person oder Personengruppe verletzen, sollen genauso verboten werden wie die Verweigerung einer öffentlich angebotenen Leistung an eine Person wegen ihrer sexuellen Orientierung. Ein Referendum findet, diese Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm bedrohe die Meinungsfreiheit und sei unnötig.

«Niemand entscheidet sich bewusst für seine sexuelle Orientierung. Fürs Heiraten schon. Insofern ist Homo- Bi- oder Transsexualität natürlicher als ein soziales Konstrukt wie die Ehe.»

Wie nötig sie ist, zeigt eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften: Jeder 10. Schweizer hält gleichgeschlechtliche Liebe für «unmoralisch». 23,3 Prozent der Jugendlichen finden es «ekelhaft», wenn sich ein homosexuelles Paar in der Öffentlichkeit küsst. Und dass jemand laut herumposaunen kann, bei Homosexuellen «laufe ein Hirnlappen verkehrt» oder die Kinder eines schwulen Paares keinen Spielgruppenplatz bekommen, weil die Familienkonstellation «nicht natürlich» sei, ist ein Armutszeugnis für unser ach so aufgeklärtes Land. (A propos natürlich aka naturgegeben: Niemand entscheidet sich bewusst für seine sexuelle Orientierung. Fürs Heiraten schon. Insofern ist Homo- Bi- oder Transsexualität natürlicher als ein soziales Konstrukt wie die Ehe. Dies nur am Rande.)

Hass ist keine Meinung!

Wer mit Meinungsfreiheit argumentiert, dem sei gesagt: Hass und Aufruf zu Hass ist keine Meinung. Ein Verbot der Diskriminierung wäre ein politisches Statement, eine klare Haltung: Allen, die in diesem Land leben, hat man in der Öffentlichkeit mit Anstand und Respekt zu begegnen. Wer findet, das beschränke seine Meinungsfreiheit, soll sein Glück woanders suchen. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar. Und ich wünsche mir, dass das auch in Zukunft gilt, und insbesondere für meine Kinder – wen und wie immer sie auch lieben werden.

Mehr von Familien-Bloggerin Sandra C. lest ihr hier.

Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 1. Februar 2020 - 17:09 Uhr