Der ganz normale Wahnsinn

Kleider machen Kinder

Es ist mal wieder die Zeit im Jahr, in dem im Hause unserer Familienbloggerin klamottentechnisch ausgemistet wird. Für sie nicht nur eine Notwendigkeit, um Platz zu schaffen, sondern auch ein recht spannender Rückblick.

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Sandra Casalini, bei sich zu Hause in Thalwil, mit ihren Kindern Gian und Joya, am 04.12.2018, Foto Lucian Hunziker

Blaues Shirt in Grösse S, Harry-Potter-Shirt und lange blonde Haare - das alles war einmal. Nur unsere Familienbloggerin sieht noch gleich aus - und trägt auch dieses Shirt noch. 

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Man denkt ja immer, Teenager ändern sich nicht mehr so schnell. Wenn ich die beiden Berge an Klamotten anschauen, die meine beiden Kids gerade aussortiert haben, merke ich: sie tun es doch. Nur schon an diesen Kleidungsstücken sehe ich: vor einem Jahr waren sie noch ganz anders.

Das Kind wird immer grösser und breiter

Da ist die Beige von Kind 2, die tatsächlich aus Kleidern besteht, die ihm zu klein sind. Ich denke jedes Jahr, jetzt kann es dann nicht mehr grösser und breiter werden, und staune, wie schnell das dann doch wieder geht. Hosen und Shirts in Grösse M sind zu eng, Schuhe im 43 zu klein. Und plötzlich fallen mir noch andere Dinge auf an einem fast 15-jährigen Sohn. Die tiefe Stimme. Der leichte Bartwuchs. Sein veränderter Gang mit den langen Schritten.

«Während sich hier Fussballshirts seiner ehemaligen Lieblingsclubs stapeln, die er noch vor einem Jahr mit Begeisterung trug, beschränkt sich sein Interesse für Fussball mittlerweile aufs Fifa-Spielen auf der PS.»

Und noch was sehe ich an diesem Kleiderberg meines mittlerweile 1.80 grossen «Kleinen»: die sich ändernden Interessen. Während sich hier Fussballshirts seiner ehemaligen Lieblingsclubs stapeln, die er noch vor einem Jahr mit Begeisterung trug, beschränkt sich sein Interesse für Fussball mittlerweile aufs Fifa-Spielen auf der PS. Er schaut nicht mal mehr die EM. Shirts müssen jetzt cool sein - und cool bedeutet Marke. Nike, Adidas, Jack&Jones, Boxeur des Rues. Letzteres ist gerade der totale Hype - keine Ahnung, was es damit auf sich hat. Wenigstens hat er sich nicht mehr so auf Versace und Gucci eingschossen, wie das auch schon der Fall war. Aber diese Vorliebe war von kurzer Dauer, auch wenn das Gucci-Portemonnaie, das er sich zu Weihnachten wünschte, noch immer im Einsatz ist.

Haare machen Mädchen

Im aussortierten Haufen von Kind 1 würde theoretisch alles noch passen. Es ist halt einfach irgendwie alles nicht mehr nach dem Geschmack des Girlies. Und der ändert sich im Moment rasant. Das sieht man nicht nur an ihren Kleidern, sondern auch an den Haaren. Vor einem Jahr waren sie noch lang und rot - ihre natürliche Farbe, blond, hab ich seit fast zwei Jahren nicht mehr gesehen an ihr - dann gings über halblang und pink zuerst zu kurz und platinblond/schwarz, jetzt sind wir bei blau/schwarz.

«Boah, bist du basic, Mann!»

Klamottentechnisch hab ich ripped Jeans aussortiert, Sommerkleider und weisse T-Shirts. Und ihre einst so heissgeliebten K-Pop-Boyband-Shirts. Dafür kaufte sie sich kürzlich ein Bandshirt von «The Doors», ohne eine Ahnung zu haben, wer die waren, geschweige denn, was sie für Musik machten. Einfach weil sies cool fand. Geht voll nicht in meiner Welt. Ich hab ihr dann mal eine halbe Stunde lang «Break On Through», «Light My Fire» und Co. um die Ohren gehauen. Wobei ich zugeben muss, dass das Shirt gar nicht so schlecht zu ihrem sonstigen Style passt: Netzstrümpfe, Jupes, Cargohose, schwarz. Und Eyeliner. Viel, viel, viel Eyeliner. Täglich.

Kürzlich waren wir gemeinsam shoppen. Beim Anstehen vor der Umkleidekabine beäugte sie meine Sachen und meinte: «Boah, bist du basic, Mann!» Worauf ich ihr nahelegte, sich ein «Depeche Mode»-Shirt zu kaufen, nachdem sie eh jeden Tag rumläuft, als würde sie an ein Konzert von ihnen. «Depp was?» - «Kauf eins. Wir hören sie auf dem Heimweg. In Sachen Mode mag ich basic sein, aber in Sachen Musik kann ich dir noch was beibringen.»

Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 12. Juni 2021 - 17:39 Uhr