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Lynn macht anderen Betroffenen von Essstörungen Mut

Als Teenager war Lynn Winzenried magersüchtig, dann litt sie lange an Bulimie. Heute hilft die 27-Jährige anderen Betroffenen, sich von Essstörungen zu befreien. In unserer Rubrik «Challenge Accepted» erzählt sie, wie sie das geschafft hat.

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Lynn Winzenried

«Ich war schon immer ein Kletteräffchen». Lynn Winzenried – hier auf dem Üetliberg in Zürich – hat sich erfolgreich durch Ups and Downs gehangelt.

Marlies Seifert

Als sie 12 Jahre alt ist, beginnt Lynn Winzenrieds Obsession mit dem Essen. Es folgt eine jahrelange Odyssee aus Klinikaufenthalten, Fressattacken, Psychotherapie und Schuldgefühlen. Erst als Lynn mit sich selbst Frieden schliesst, kann sie sich von ihren Essstörungen lösen und teilt heute als Beraterin für typorientierte Ernährung ihr Wissen und ihre Erfahrungen. Im «Challenge Accepted»-Interview blickt die 27-Jährige zurück auf ihre ermutigende Geschichte.

Lynn, was war deine grösste Challenge?

Aus meinem eigenen Kopfgefängnis auszubrechen. Bei mir bestand dieses aus einem übertriebenen Fokus aufs Essen. Als sich mein Körper in der Pubertät zu verändern begann, habe ich schleichend mit dem Abnehmen begonnen. Zuerst habe ich nur Zwischenmahlzeiten weggelassen, aber als ich sah, wie die Pfunde purzeln, gab mir das Anerkennung für meine eigene Leistung. Also habe ich immer weitergemacht. Innerhalb weniger Monate fiel ich in ein starkes Untergewicht und wurde in die Klinik eingewiesen. Zwei Wochen wurde ich über eine Magensonde ernährt. Heute erkenne ich, dass meine eigentliche Herausforderung das Zurechtkommen im Erwachsenenleben war. Angefangen hat alles in meinem ersten Jahr am Gymi. Ich wollte alles möglichst perfekt und richtig machen. Auch beim Essen. Das Gewicht war etwas, das ich leicht kontrollieren konnte. Nach dem Klinikaufenthalt habe ich einfach immer weiter abgenommen. Es war das Einzige, über das ich mich damals definieren konnte.

«Niemand verstand, wie sehr ich kämpfte. Von aussen sah ich ja normal aus.»

Was war der Wendepunkt, der alles verändert hat?

Ehrlich gesagt, war es ein ständiges Auf und Ab. Nach zwei, drei Jahren Untergewicht wurde ich in den Ferien in Ägypten krank. Da habe ich das erste Mal realisiert, dass ich Reserven brauche. Sterben wollte ich nicht! Also habe ich angefangen zu essen. Aber dann konnte ich damit nicht mehr aufhören. Ich schlitterte ins Binge-Eating und schliesslich in eine Ess-Brech-Sucht. Für mich war diese Zeit richtig schlimm, denn es verstand niemand, wie sehr ich kämpfte. Von aussen sah ich ja normal aus. Wirklich verändert hat sich wahrscheinlich alles erst mit meinem Einstieg ins Berufsleben. Ich brach das Gymi ab und trat meine erste Arbeitsstelle im Service an.

«Challenge Accepted» – Die Serie

Die Frauen in unserer Interview-Serie haben eines gemeinsam: Sie haben eine grosse, persönliche Herausforderung gemeistert – und sind dabei auf beeindruckende Weise über sich hinausgewachsen. Hier erzählen sie ihre inspirierenden Geschichten. 

«Challenge Accepted» entsteht gemeinsam mit unserem Partner Toyota. Auch Toyota ist stets bestrebt, mit neuen Innovationen das scheinbar Unmögliche zu erreichen. Eines der gesetzten Ziele: bis 2025 die breiteste Fahrzeug-Palette mit alternativen Antrieben auf dem Markt anzubieten. Warum bei Null aufhören, wenn man darüber hinausgehen kann? Erfahre mehr auf Toyota Beyond Zero.

Was hat dir geholfen?

Wahrscheinlich ein komplett neues Umfeld aus Leuten, die meine Geschichte nicht kannten und mir ohne Vorurteile begegneten. Ausserdem haben meine damaligen Chefinnen mir unheimlich viel Vertrauen entgegengebracht. Das war der Punkt, wo ich sagte: Diese Leute will ich nicht enttäuschen. Sie sollen die Lynn kennenlernen, die ich eigentlich sein möchte. Praktisch gleichzeitig habe ich ein sogenanntes Glückstraining absolviert. Dort hatte erste Mal das Gefühl: Lynn ist wichtig. Es ging um mich, um meine Bedürfnisse, Vorlieben und Ziele. Da wurde mir klar: Ich will mich selbst nicht aufs Essen reduzieren. So begann der langsame Prozess des Akzeptierens. Ich verurteilte mich selbst nicht mehr.

Lynn Winzenried

«Ich habe keine Angst mehr vor Fehlern»: Durch ihr Selbstvertrauen hat Lynn einen entspannten Zugang zum Essen gefunden.

Marlies Seifert
Wann wusstest du, dass du es geschafft hast?

Das ist noch gar nicht so lange her. Vor zwei Jahren ist mein Hund Bonito gestorben, was für mich sehr traurig war. Früher bin ich in alte Verhaltensmuster gefallen, wenn es mir nicht gut ging. Aber als Bonito starb, spürte ich eine innere Ruhe. Ich wollte den Schmerz spüren, wich ihm nicht aus oder betäubte ihn. Da wurde mir so richtig bewusst: Das bis hierhin war keine Phase; ich bleibe gesund.

«Nimms eins ums andere – irgendwann kommst du in den Flow des Lebens rein»

Wie hat sich dein Leben seit diesem Moment verändert?

Ich bin mutiger, liebe Herausforderungen und stürze mich in Neues! Was das Essen anbelangt, kenne ich meine Hebel inzwischen sehr gut. Essen ist für mich emotionsregulierend, dementsprechend ist es mal mehr und mal weniger präsent, aber ich habe inzwischen einen entspannten Umgang damit. So ganz grundsätzlich würde ich sagen: Ich habe keine Angst mehr vor Fehlern. Nach dem Schlüsselerlebnis mit meinem Hund habe ich sogar den Mut gefunden, mit Betroffenen zu arbeiten. Ich unterstütze sie dabei, ihr Selbstvertrauen zu finden und ihre Bedürfnisse und Interessen in anderen Lebensbereichen wahrzunehmen. Denn wenn du deine Persönlichkeit stärkst, wird das Essen immer weniger wichtig.

Lynn Winzenried

Immer dabei: Etwas zum «Schnoiggen».

Marlies Seifert
Was können andere aus deiner Geschichte lernen?

Der Fokus ist bei dir. Wenn du dir selbst vertraust und an dich glaubst, schaffst du alles. Nimms eins ums andere – irgendwann kommst du in den Flow des Lebens rein. Jeder noch so kleine, unscheinbare Erfolg ist ein wichtiger Schritt im ersehnten, grossen Gelingen. Verfolge eine Vision! Altes loszulassen ist so viel leichter, wenn du deine Zukunft siehst. Überlege dir: Was bewegt dich? Was willst du? Wenn du das weisst, dann gehst du deinen Weg, egal was links und rechts liegt. Dein Leben ist lebenswert!

Von Marlies Seifert am 6. April 2021 - 09:51 Uhr