Schon als Teenager mixte Nazan Schnapp ihre eigenen Pflegeprodukte. Weil man das in ihrer naturverbundenen Familie einfach so machte. Dass sich daraus ein Geschäft entwickeln könnte, merkte die Kauffrau erst, als ihr Mann sie dazu motivierte. Vor acht Jahren machte sie sich selbstständig. Von ihrem Labor in Zürich-Oerlikon exportiert die Schweizerin mit türkischen Wurzeln ihre handgemachte, rein pflanzliche Naturkosmetik in die ganze Welt und kann sich über prominente Fans wie Hollywoodstar Emma Watson freuen. Wie die 37-Jährige das schafft? Indem sie auf starke Prinzipien und einen persönlichen Touch statt auf Businesspläne und Investoren setzt.
Was ist Nazan Schnapps Superpower? Wie stellt sie sicher, dass ihre Produkte mit ihren Werten Stand halten? Und wo sieht sie ihr Unternehmen in fünf Jahren? Wir haben der Unternehmerin 12 Fragen gestellt.
Ich bin allgemein ein sehr mutiger Mensch. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich es. Und ich habe kein Problem mal auf den Tisch zu hauen. Viele würden sagen, dass es Mut braucht seine eigene Firma zu gründen, aber für mich war dieser Schritt mit keiner grossen Überwindung verbunden. Auch wenn ich das Unternehmertum keineswegs auf die leichte Schulter nehme.
Das kann ich nicht auf ein bestimmtes Ereignis reduzieren. Vielmehr glaube ich, dass es sich um eine Entwicklung handelt, die schon vor meiner Geburt angefangen hat. Mein Grossvater war ursprünglich Berufsoffizier und sattelte mit 33 Jahren auf die Landwirtschaft um. Sein naturnaher Lebensstil ist tief verankert in der Familie meiner Mutter. Ich selbst lebte als Kind vier Jahre lang mit meinen Grosseltern in der Türkei und lernte, was es heisst, Selbstversorger zu sein, Dinge selber zu machen. Schliesslich war es mein Mann, der mich dazu motivierte, meine Skincare-Produkte nicht nur für mich selbst herzustellen.
Sie haben eine Vision, denken quer und scheuen sich nicht vor grossen Herausforderungen. 2020 stellen wir im Interview-Format «12 Frauen, 12 Fragen» jeden Monat eine erfolgreiche Unternehmerin in der Schweiz vor, die uns mit ihrer Power, Eigenständigkeit und Innovationsfreude inspiriert – Werte, denen sich auch Toyota mit seiner weltweit führenden Hybrid-Technologie verschrieben hat.
Das wichtigste ist die Qualität meiner Produkte – da gehe ich keine Kompromisse ein. Ausserdem ist es mir wichtig ethisch und fair zu handeln. Das betrifft den gesamten Produktionsprozess: Vom Tierwohl über gute Arbeitsbedingungen bis hin zu einem guten Umgang mit Lieferanten und Kunden. Es ist nicht immer ganz einfach da den Überblick zu behalten, aber wir arbeiten mit tollen Partnern wie Beispiel Cruelty Free International zusammen, die sich gegen Tierversuche einsetzen. Ich bin da wirklich sehr pingelig.
Ich befinde mich diesbezüglich immer noch in einem Lernprozess, aber mit fortschreitendem Alter habe ich gemerkt, dass ich auf mein Bauchgefühl hören sollte. Trotzdem hole die Meinung anderer ein. Nicht weil ich unsicher bin, sondern weil ich denke, dass ich vielleicht eine Perspektive übersehe oder nicht objektiv bin. Aber meistens ist es so, dass ich mich am Ende auf meine Intuition verlassen kann.
Es gibt keinen Business-Plan – den gab es nie! Aber natürlich habe ich Visionen und Vorstellungen. Wir haben Händler in 12 Ländern und beliefern Kunden weltweit - von Mexiko über Dubai bis nach Australien oder Südkorea. Im Moment verdoppeln wir unseren Umsatz jährlich. Ich möchte, dass wir weiterhin organisch wachsen und ein Familienunternehmen bleiben, das inhouse produziert. Bislang sind wir ohne Investoren ausgekommen und haben es geschafft unabhängig zu bleiben. Das wird mir auch in Zukunft wichtig sein. Ich sage immer, dass ich die Produkte in erster Linie für mich selber mache. Und das soll auch weiterhin mein Gütesiegel bleiben.
Mein Gedächtnis. Ich habe alles in meinem Kopf und könnte auch ohne Laptop oder PC das Haus verlassen. Ich kenne sogar die meisten Formulierungen meiner Produkte auswendig und erstaune meine Mitarbeiter damit. Das Problem, wenn man den PC im Kopf hat: Ob man will oder nicht, man hat ihn immer dabei, und es ist manchmal schwierig runterzufahren. Als Angestellte hatte ich diese Probleme nicht. Aber jetzt bin ich nicht nur einfach Gründerin oder Geschäftsführerin. Es hängt alles an mir.
Ein schwieriges Thema. Ich reise sehr ungerne, muss es aber oft und finde es sehr anstrengend. Ich leide an Fibromyalgie. Das heisst, dass ich mich auch nach genügend Schlaf erschöpft fühle. Körper und Seele sind unausgeruht. Ich brauche drei bis vier Stunden bis ich morgens in die Gänge komme. Auch wenn ich jetzt vielleicht wie ein Workaholic klinge: Es ist die Arbeit, die mir die Motivation gibt jeden Tag aufzustehen. Und das Wissen, dass ich das nicht nur für mich selbst, sondern auch für meine Kunden mache. Mich inspirieren selbstlose Menschen, die ohne Erwartungen oder Gegenleistung Hilfe leisten. So wurde ich von meiner Mutter erzogen.
«Erzähl mir deine Geschichte!». Jeder will immer eine Story zum Produkt hören. Und auch wenn es die in meinem Fall gibt und sie sehr authentisch ist: Am Ende ist es nicht die Geschichte, die zählt, sondern das Produkt.
Meinen Mann. Und da geht es in erster Linie gar nicht darum, seinen Rat einzuholen, sondern einfach nur Dampf abzulassen. In der Regel lasse mich aber schnell wieder beruhigen.
Die habe ich ständig! Abe nennen wir es Verdrängung oder Akzeptanz: Ich habe gelernt damit umzugehen. Ich denke mir bei jedem Problem, dass wir schon eine Lösung finden werden. Früher hatte ich schlaflose Nächte deswegen, aber das bringt nichts. Wenn man sich zu sehr auf die Probleme konzentriert, vernebelt das den Blick auf die Lösungen. Ich glaube an Karma. Meine Mutter sagte immer: Schicks ins Universum und es kommt schon wieder gut zurück.
Bei einem Kaffee, Dinner, Brunch oder Lunch. Als Sternzeichen Stier im Aszendent bin ich ein Genussmensch. Ich arbeite gerne von unterwegs und halte auch Meetings in Restaurants oder im Café ab. Mir gefällt es, wenn etwas läuft. Das Nichtstun fällt mir schwer. Manchmal versuche ich Bücher zu lesen, aber dann kommt mir plötzlich wieder ein Geistesblitz! Mein Gehirn ist hyperaktiv.
Die will ich gar nicht! Eine Extrastunde pro Tage hiesse nur noch mehr Planen und Denken. Da verzichte ich lieber.