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Bobprofi Beat Hefti führt eine Badi

Nach dem Ende seiner Profikarriere hat es den Olympiasieger Beat Hefti in ganz andere Gefilde verschlagen. Warum der Bobstar jetzt Badi-Chef ist – und was seine Familie davon hält.

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Beat Hefti

Zweites Zuhause: Familie Hefti in der Badi Sonnenberg. 

Fabienne Bühler

Anschieben ist der Bobfahrer gewohnt. Nur ist es heute kein Schlitten, den Beat Hefti (47) vor sich herstösst, sondern ein Rollwagen voller Pommes-Kisten. Geschickt lenkt er den Vorrat in die Küche des Badi-Restaurants Summertime, wo seine Frau Sheena (39) und seine Tochter Jill (10) das Essen verstauen.

<p>Bobfahrer Beat Hefti geniesst mit seinen ­Töchtern Amy, Jill und Mara (v. l.) den Sommer im Freibad in Herisau AR.</p>

Bobfahrer Beat Hefti geniesst mit seinen Töchtern Amy, Jill und Mara (v. l.) den Sommer im Freibad in Herisau AR.

Fabienne Bühler

Doch was macht ein Wintersportler in der Sommerhitze? 2014 flitzte Hefti in Sotschi mit 130 Kilometern pro Stunde im Zweierbob den Eiskanal hinunter und holte olympisches Silber, das später sogar zu Gold wurde, weil die Russen gedopt waren. Nun könnte er eine der beiden Wasserrutschen im Herisauer Freibad hinunterrutschen – wenn er nicht so viel zu tun hätte.

«Letztes Jahr hörten wir, dass die Badi Sonnenberg einen Teamleiter und jemanden fürs Restaurant sucht», erzählt Hefti bei einer kurzen Pause unter dem Sonnenschirm. Hinter ihm kreischen Kinder im grossen Becken, um ihn herum sitzen entspannte Gäste. Durch seinen Job beim Sportzentrum Herisau hatte er die Bademeisterausbildung bereits in der Tasche, und Sheena kommt ursprünglich aus der Gastronomie. Das Paar war sich einig: «Passt perfekt – wir wagen es!»

<p>Gelernt ist gelernt: Bob-Olympiasieger Beat Hefti amtet nun als «Pommes-Anschieber».</p>

Gelernt ist gelernt: Bob-Olympiasieger Beat Hefti amtet nun als «Pommes-Anschieber».

Fabienne Bühler

Seit dem 10. Mai kümmert sich Familie Hefti um die Badegäste. Die Töchter Amy (14) Mara (12) und Jill helfen auch nach der Schule jeden Tag mit. «Zuerst müssen sie daheim die Hausaufgaben erledigen», präzisiert Beat Hefti. «Die Noten haben trotzdem gelitten», stellt Sheena fest. Die Mädels scheint das nicht zu stören, mehr Mühe haben sie mit «frechen Kindern», die «fragen, ob sie etwas gratis bekommen». Damit die begehrten Süssigkeiten des Badi-Restaurants nicht von alleine verschwinden, sind sie nun meist hinter einer Plexiglasscheibe gesichert. «So kann sich keiner selbst bedienen», sagt Mara.
 

<p>2014 holt Hefti mit Anschieber Alex Baumann Silber in Sotschi. Den gedopten Russen wurde die ­Goldmedaille aberkannt.</p>

2014 holt Hefti mit Anschieber Alex Baumann Silber in Sotschi. Den gedopten Russen wurde die Goldmedaille aberkannt.

JEAN-CHRISTOPHE BOTT

40000 Schritte pro Tag

Während Sheena und die drei Töchter das Restaurant und den Kiosk betreuen (Jill isst die Pommes inzwischen am liebsten gefroren aus dem Tiefkühler), spult Beat bis zu 40000 Schritte pro Tag ab. Sein Weg führt von den WCs zu den Mülleimern, zu den Garderoben, runter in den Keller und natürlich immer wieder ans Wasser. «Letztes Wochenende war es pumpenvoll. Trotzdem war die Stimmung total gemüt-lich. Alle haben Rücksicht genommen – das hat mich wahnsinnig gefreut.»

<p>Gastgeberinnen: Sheena Hefti und Tochter Jill (l.) haben die Candy-Bar im Griff.</p>

Gastgeberinnen: Sheena Hefti und Tochter Jill (l.) haben die Candy-Bar im Griff.

Fabienne Bühler

Gibts doch mal Konflikte, geht Hefti behutsam vor. «Ich möchte als Chef nicht ständig Präsenz markieren. Die Gäste sollen ihre Erholung selbst gestalten.» So ganz stimmt das allerdings nicht, denn Hefti sprüht vor Ideen. Eine Kostprobe: «An manchen Nachmittagen dürfen die Kinder neu ihre Wasserspielzeuge mit ins Becken nehmen. Den Kiosk auf der Wiese haben wir neu eröffnet. Und hier habe ich Gesellschaftsspiele verstaut, damit die Leute nicht so oft am Handy sind. Vielleicht könnte man auch mal die riesige gelbe Ente ins Becken nehmen und damit etwas machen. Ah, und Vollmondschwimmen und eine Freibad- Olympiade machen wir auch.»

Wie Hefti in die Badi ruft, so schallt es zurück. Als er im Büro die Wasserpegel kontrolliert, kommt ein Junge vorbei, versorgt seine Posaune bei den Wertsachen und fragt: «Könnten wir hier vielleicht einmal ein Konzert machen? Wir sind 14 Musiker.» Heftis Antwort ist klar: «Klar!»

Goldmedaille beim Mini-Comeback

Bei so viel Elan ist es gut, dass Ehefrau Sheena «zu 150 Prozent» mitzieht. Und das oft 15 Stunden pro Tag. «Zum Glück sind jetzt Schulferien», sagt sie, während sie ein heruntergefallenes Pommes-Stück aufliest. Die Mädels haben frei und sie eine Pause von der Handelsschule, für die sie nebenbei büffelt. «Es war immer ein Traum von mir, ein Badi-Restaurant zu leiten», sagt die Innerschweizerin, die 2016 für Beat nach Schwe

llbrunn AR gezogen ist. «Im Winter ist er oft weg an seinen Bobveranstaltungen. Drum geniesse ich es, jeden Tag mit ihm zusammenzuarbeiten.»

<p>«Freibad-Herisau-News – guete Morge!»: Beat Hefti wirbt auf Social Media für seine Badi. Wasser- und Lufttemperatur inklusive.</p>

«Freibad-Herisau-News – guete Morge!»: Beat Hefti wirbt auf Social Media für seine Badi. Wasser- und Lufttemperatur inklusive.

Fabienne Bühler

Beat Hefti ist 2019 zurückgetreten. 2020 wurde er aber bei einem Mini-Comeback mit dem Anschieber Dominik Schläpfer Schweizer Meister. Seither fährt er keine Profirennen mehr, sondern konzentriert sich auf den Nachwuchs. «Ein Bobfahrer muss nichts können!», kokettiert der Appenzeller. «Okay, schnell sollte man sein. Aber das Pilotieren ist wie Autofahren, das kann man lernen.»

Zu seinen aktiven Zeiten entwickelte Hefti mit 107 Kilogramm gehörig Schwung. Seither hat er 30 Kilo abgenommen. «Jetzt kann ich ein bisschen länger rennen als ein paar Sekunden.» Heisst bei ihm: Er trainiert für den Luzern-Marathon. Und so ist die Saison im Freibad «die perfekte Ergänzung» zum Winterhalbjahr. Vielleicht entdeckt Hefti ja auf dem Sprungturm den nächsten Schweizer Bobstar? «Ich halte die Augen offen», sagt er schmunzelnd.

<p>Eingespieltes Team: Beat und Sheena Hefti sind seit 15 Jahren verheiratet.</p>

Eingespieltes Team: Beat und Sheena Hefti sind seit 15 Jahren verheiratet.

Fabienne Bühler

Seine Erfahrung als Sportler hilft Hefti als Bademeister. «Nach dem Training kommt der Wettkampf. Und in der Badi ist jedes sonnige Wochenende ein Wettkampf.» Das Wetter gibt Hefti übrigens auf Social Media durch. «Chömed verbii – es wird schön!», wirbt er auf Tiktok und Instagram. Die Strategie funktioniert. «Das hat mich überrascht», so Hefti. «Viele Junge sprechen mich auf diese Videos an.»

<p>Hefti macht den Hasselhoff: «Die Badi ist die perfekte Ergänzung zum Winterhalbjahr.» Die Narben an seinem Oberkörper stammen von einer Pigmentstörung.</p>

Hefti macht den Hasselhoff: «Die Badi ist die perfekte Ergänzung zum Winterhalbjahr.» Die Narben an seinem Oberkörper stammen von einer Pigmentstörung.

Fabienne Bühler

Doch etwas hat der «Herr Bademeister» noch nicht geschafft: einen Schwumm im leeren Becken, abends, wenn alle anderen weg sind. «Bis wir mit Aufräumen fertig sind, wird es halb zehn.» Dann zieht es Familie Hefti ins Bett – der nächste Sommertag steht schon wieder vor der Tür.

Lynn Scheurer von Schweizer Illustrierte
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Von Lynn Scheurer am 28. Juli 2025 - 07:00 Uhr