Am Morgen riecht es noch nach Regen. Doch in Spiez BE haben Fabien Rohrer (49) und Jeremy (13) anderes im Kopf als Wetterprognosen. «Los jetzt!», ruft der Halfpipe-Weltmeister von 1997 seinem Sohn zu. Nach dem Frühstück – Joghurt mit geraspeltem Apfel für Fabien, Cornflakes für Jeremy – kann das Ferienprogramm starten. Die beiden verbringen ihre Sommerferien daheim in ihrer Dreieinhalb-Zimmer-Dachwohnung oberhalb des Thunersees. Zwischen Indoor-Golfteppich und ferngesteuerten Autos zeigt sich: Hier wird gelebt.
Warum nach draussen, wenn das Wohnzimmer zum Golfplatz wird? Vater und Sohn zeigen, dass sie ein gutes Händchen haben.
david birriAuf ihre grosse Leidenschaft, das Snowboarden, verzichten sie auch bei warmen Temperaturen nicht. Gleich hinter dem Haus steht ihre private Anlage – eine Rampe mit Spezialteppich. «Fast wie Schnee», sagt Jeremy und rauscht los.
Halfpipe-Feeling unter Palmen: Vater Fabien und Sohn Jeremy Rohrer verlegen den Winter kurzerhand in den Garten.
david birriDa ihre Tricks nicht nur im Garten gut ankommen, halten sie alles auf Video fest. Mit ihren Clips erreichen sie Tausende Fans auf Instagram, Tiktok & Co. «Ein paar Sprünge kann ich besser als du», sagt Jeremy grinsend zu seinem Vater. «Aber im Bogenschiessen bin ich klar stärker», kontert dieser. «Sicher nicht!» – Und schon schleichen sie los in Richtung Wald auf dem Brünig, wo Rohrer Land besitzt. Dort üben sie ungestört mit Pfeil und Bogen.
Jeremy spannt den Bogen, zielt und trifft der Silikon-Wildsau voll ins Auge. «Fäbu» nickt anerkennend. Noch besucht Jeremy eine internationale Schule. Aber er hat Pläne: «Ich will später mal Jäger werden», sagt er stolz. Fabien lacht: «Du bist ein richtiger Robin Hood!» Jeremy schüttelt den Kopf. «Wilhelm Tell, wenn schon.»
Mit Pfeil und Bogen nehmen sie im Wald die Silikontiere ins Visier. Gefragt sind Konzentration und ein gutes Auge.
david birriSein Vater ist beeindruckt: «Jeremy hat echt ein gutes Auge. Ich versuche, jeden Tag so zu gestalten, dass er ein bisschen herausgefordert wird, aber auch einfach Spass hat.» Statt auf Strandliegen oder teure Restaurants setzen die Rohrers in den Sommerferien auf Action und Selbstgekochtes. «Ich halte nicht viel von klassischen Ferien», so der Olympia-Vierte von 1998. «Den ganzen Tag am Strand rumliegen? Zu langweilig!»
Disziplin trifft Abenteuerlust
Auch Jeremy kann dem wenig abgewinnen. Ins Meer traue er sich nur zögerlich. «Ich mag keine Fische», gibt er zu. «Wenn ich nicht weiss, was da unten schwimmt, kribbelts überall.» Lieber gleitet er über das Wasser. So haben die Rohrers am Wakesurfen Gefallen gefunden.
Ganz nebenbei stärken all diese Aktivitäten Jeremys Körpergefühl. «Er lernt, seine Grenzen auszuloten, Risiken besser einzuschätzen, und entwickelt eine Motorik, von der andere in seinem Alter nur träumen», so der Vater.
Erst Jeremy, dann der Papa: Bevor beim Wakesurfen gewechselt wird, feiern sie den Ritt mit einem High Five mitten auf dem Thunersee.
david birriAuch er selber geht mit gutem Beispiel voran. Am 1. September wird der Tausendsassa 50 – und strotzt vor Energie: «Ich lebe wie ein Spitzensportler – auch ohne Wettkämpfe.» Bevor der alleinerziehende Vater Jeremy weckt, hat er schon gedehnt und meditiert. Disziplin sei ihm wichtig – nicht nur körperlich, sondern auch beruf-lich. Sein Geld verdient der frühere Snowboard-Freestyle-Fahrer heute mit Immobilien und tüftelt nebenbei an weiteren Ideen. Sein jüngstes Projekt: ein Panorama-Iglu beim Brünig. «Ich wollte einen idyllischen Ort schaffen. Glamping auf meine Art.» Heute testen Vater und Sohn das Iglu selbst. Aber erst wird grilliert.
Im Iglu auf dem Brünig machen die zwei es sich gemütlich. Das Vermietungsprojekt von Fabien wird gleich mal selbst getestet.
david birriBei ihrer Feuerstelle brutzeln sie Bratwürste. Zwischendurch liefern sie sich mit den Grillzangen ein kleines Duell. «Wie in ‹Star Wars›!», ruft Jeremy und fuchtelt los. Die beiden lachen, necken sich, sprechen über Hirscharten, Quallen und Snowboardtricks.
Fabien und Jeremy Rohrer sind ohne Frage ein eingespieltes Team. Ob da überhaupt Platz für eine Partnerin bleibt? «Ja, das wünsche ich mir sogar. Ich wäre jetzt langsam so weit», sagt Fabien. «Früher wäre ich eine Katastrophe gewesen. Ständig mit Jeremy unterwegs. Aber heute ist er oft mit seinen eigenen Projekten beschäftigt. So entsteht auch für mich wieder Raum für eine Beziehung.»
Ganz einfach sei das allerdings nicht. «Es ist nicht leicht, zu uns zwei dazuzustossen. Meine Freundin müsste abenteuerlustig sein und damit klarkommen, dass ich nicht stunden- lang still sitzen kann», erklärt er. Sie sollte mitziehen, spontan sein. Denn: «Fürs Faulenzen bin ich einfach nicht gemacht.»
Später, als die Glut längst verglüht und die Pfeile zur Seite gelegt sind, ziehen sich Vater und Sohn ins Iglu zurück. Auf einem kleinen Plateau über dem Tal gelegen, bietet es alles, was sie brauchen: Holzboden, Matratzen, Decken und eine einzigartige Aussicht. «Schon noch cool», meint Fabien. Jeremy nickt. Müde vom Tag, zufrieden mit dem, was war – und bereit für das nächste Abenteuer.