Herr Keller, diesen Sommer wird der Ansturm von ausländischen Touristen in der Schweiz ausbleiben. Dafür werden viele Schweizer Familien ihre Sommerferien innerhalb der Landesgrenzen verbringen. Ist nun mit leeren oder vollen Wanderwegen zu rechnen?
Da gibt es viele Unbekannte. 57 Prozent der Hotelübernachtungen wurden letzten Sommer von Ausländern gemacht. Die wird man nicht alle durch Schweizer ersetzen können. Noch weiss man nicht, wie stark die Lust der Leute auf Reisen sein wird. Viele Familien haben durch die Corona-Krise ein reduziertes Einkommen, haben sie überhaupt das Budget für Sommerferien? Und: wie wird das Sommerwetter. Das wird sich zeigen. Ich gehe aber davon aus, dass Ausflugsziele, die den meisten Schweizern ein Begriff sind, wie der Seealp-, der Oeschinen- oder der Caumasee, das Rütli, das Connyland, das Städtchen Gruyère, und die Strandbäder sehr gut besucht sein werden. Es macht diesen Sommer also definitiv Sinn, sich nach unbekannteren Alternativen umzusehen.
Sie sind bekannt dafür, alle Geheimtipps zu kennen. Nennen Sie uns einen davon?
Haben Sie schon mal vom Val de Travers oder dem Diemtigtal gehört?
Als Bernerin die im Jura lebt: klar!
Da gehören Sie bestimmt zu einer Minderheit. Die Felsarena Creux du Van im Val de Travers ist zwar vielen als spektakuläres Bildmotiv, Wanderziel und Kraftort ein Begriff, das Tal im Neuenburger Jura hat aber noch einiges mehr zu bieten. Asphaltminen und Schluchten zum Beispiel. Und das Diemtigtal mit seinem regionalen Naturpark ist für mich eines der schönsten im ganzen Berner Oberland. Es beherbergt unter anderem einen tollen Wasserspielplatz und den Grimmimutz-Kinderwanderweg. Also für Familien die perfekte Feriendestination. Da gibt es natürlich noch mehr. Ich muss schnell nachdenken und schicke Ihnen nächste Woche eine Liste mit mehr Geheimtipps. (Anm. d. Red.: Und wir werden Sie hier mit euch teilen, versprochen!)
Wir haben beim TCS nachgefragt, ob es noch Platz gibt auf den beliebten Familien-Campingplätzen. Offenbar ja. Aber da Herr und Frau Schweizer voraussichtlich nicht ans Meer fahren können, sei vor allem die Nachfrage auf Plätzen, die am Wasser liegen, riesig. Ist die Lage allgemein so, dass man schnell buchen muss, um noch ein Plätzchen zu kriegen?
Campingplätze sind diesen Sommer heiss begehrt, auch wenn noch unklar ist, wann und unter welchen Bedingungen sie öffnen können. Wer ganz vorne am Beach sein Zelt aufstellen will, muss klar jetzt buchen. Wer aber eben an einem weniger bekannten Ort eine Ferienwohnung sucht, im Albulatal, im Obwalderland, im Greyerzerland oder im Jura, der kann abwarten, bis der Bundesrat Ende Mai hoffentlich einen definitiven Entscheid zu den Sommerferien fällt. Wir hoffen, dass ab 8. Juni zahlreiche Attraktionen und Ausflugsziele wieder geöffnet sein werden.
Wie lassen sich Auslandferien in der Schweiz am besten kompensieren?
Wer an die Adria wollte, dem werden bestimmt die langen Sandstrände am Neuenburgersee rund um Estavayer gefallen. Städtetrips lohnen sich im Sommer in Luzern, Interlaken oder Montreux. Diese Destinationen sind normalerweise durch eine Grosszahl ausländischer Touristen besucht. Kanada-Feeling gibts rund um den Etang de la Gruere im Jura. Und anstatt mit der transisibirischen Eisenbahn zu reisen, findet man nun wahrscheinlich endlich mal Platz im berühmtesten Panoramazug der Welt: dem Glacier Express. Das ist ja ein Phänomen. Alle kennen ihn, aber es dünkt einen, kaum ein Schweizer sei damit gefahren. Das können wir nun alle nachholen!