Der biedere Büroalltag in der deutschen (und fiktiven) Capitol Versicherung AG, genauer gesagt der Abteilung für Schadensregulierung M–Z. Gibt es einen Ort, der mehr nach Alman schreit? Als im Jahr 2004 der Ekelchef Bernd Stromberg – mit diebeischer Freude von Christoph Maria Herbst (59) verkörpert – auf der Bildfläche erschien, fühlte sich wohl halb Deutschland an die eigenen beruflichen Strapazen erinnert. Nervige Kollegen, unangebrachte Witze, zu viel Arbeit für zu wenige Mitarbeiter und dazu auch noch dieser beschissene Filterkaffee... wer kennt es nicht?
Die Thematik von «Stromberg» kam beim Publikum so gut an, dass die Serie bis 2012 insgesamt fünf Staffeln erhielt. Zudem folgte 2014 in Form von «Stromberg – Der Film» eine zum Teil mit Crowdfunding (Bernd hätte es wohl «Krautfunding» genannt) finanzierte Kinoproduktion. Danach, so dachten sicherlich die meisten, müsste Stromberg doch endgültig Lichtspielhausverbot haben. Aber falsch gelegen: Mit «Stromberg: Alles wie immer», der ab dem 4. Dezember im Kino läuft, beweist er zwar spät, aber gewohnt zuverlässig seine Qualitäten als unflätiges Stehaufmännchen.
«Lass den Papa mal machen» – darum geht es
In den vergangenen Jahren hat sich der Arbeitsmarkt deutlich verändert – und Bernd Stromberg mit ihm? Ein grosses Wiedersehen der ehemaligen Mitarbeiter der Capitol–Versicherung vor laufenden Kameras soll diesbezüglich Klarheit bringen. Berthold «Ernie» Heisterkamp (Bjarne Mädel), Tanja und Ulf Steinke (Diana Staehly und Oliver Wnuk), Jennifer Schirrmann (Milena Dreissig) und natürlich Bernd Stromberg, sie alle treffen noch einmal aufeinander. Und wie bei einer klassischen Familienfeier gibt es auch hier eine einzigartige Mischung aus Nostalgie und Alkohol, aus alten Rechnungen und neuen Vorwürfen.
Mockumentary für den Weltmarkt
Was so urdeutsch klingt, hat seinen Ursprung doch tatsächlich in Grossbritannien. Rund drei Jahre vor der ersten «Stromberg»–Staffel erschien bei BBC Two Ricky Gervais‹ (64) «The Office». Die Figurenzeichnung, das Setting und der Mockumentary–Stil waren dann doch zu offensichtlich, ab Staffel zwei von «Stromberg» tauchte im Abspann der Hinweis "Inspired by the UK BBC series ›The Office' created by Ricky Gervais and Stephen Merchant" auf.
Fakt ist, die Handlung von «The Office» ist eine so universelle, dass sie auf jedem Markt zu funktionieren scheint. Der berühmteste sowie gleichnamige Ableger kommt aus den USA, unter anderem Steve Carell (63) und John Krasinski (46) sassen darin von 2005 bis 2013 im TV–Grossraumbüro. Doch es gibt noch unzählige weitere «The Office»–Ableger: Finnland, Frankreich, Griechenland, Chile, Schweden... sogar Saudi–Arabien hat mit «Al Maktab» eine Ausgabe.
Wie sehr aus der Zeit gefallen kann man 2025 sein?
Welche Halbwertszeit hat Humor «Made in Germany»? Diese Frage stellte erst kürzlich «Das Kanu des Manitu» und mauserte sich zum grossen Kinoerfolg. Der ungleich derbere Sprücheklopfer Bernd Stromberg will es rund 20 Jahre nach dem Serienstart und immerhin zehn Jahre nach seinem ersten Kino–Ausflug nun also ein weiteres Mal wissen. Aus der Zeit gefallen war der gute Bernd ja schon 2004 – genau diese Fremdscham–Qualitäten machten den Reiz von «Stromberg» aus.
Mit gewohnt scharfer Zunge, peinlichen Sprüchen und politisch maximal unkorrektem Verhalten meldet sich Christoph Maria Herbst jetzt in seiner Kultrolle als Bürotyrann zurück. Ob das auch 2025 noch gut ankommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Auf die treue Fangemeinschaft war zumindest bislang immer Verlass. Und ohne die, das weiss nicht nur Bernd Stromberg, geht es nicht: «Sonst hängst du ja irgendwann da wie Jesus an Karfreitag!»
