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Prinzessin Märtha Louises Verlobter ist bisexuell

Was, wenn jemand aus dem Königshaus zur LGBTQ+-Community gehört?

Der Juni ist Pride Month – das bedeutet, dass in diesem Monat die LGBTQ+-Community besonders gefeiert wird. Was aber, wenn ein Mitglied des Königshauses selbst zu dieser Gemeinschaft gehört? Adelsexperte René Haenig klärt auf.

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Märtha Louise

Prinzessin Märtha Louises Verlobter Durek Verret ist bisexuell – für die Norwegerin kein Problem.

Instagram / iammarthalouise

Überall sind Regenbogenfarben zu sehen und die Pride Parade wird gross gefeiert – es muss Juni sein, sprich Pride Month. In diesem Monat wird alles, was in die LGBTQ+-Gemeinschaft zählt, zelebriert – Homosexualität, Non-binäre Geschlechteridentität, Liebe in jeglicher Form. Auch Prinzessin Märtha Louise von Norwegen (50) feiert ordentlich mit, denn ihr Verlobter Durek Verret (47) ist bisexuell. Inzwischen ist es in unserer Kultur völlig normal, sich nicht auf ein Geschlecht festlegen zu müssen, sei es in der Partnerwahl oder in der eigenen Identität.

In gewissen Kreisen scheint das Thema aber immer noch tabu zu sein: Die Königshäuser. Doch gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, darüber nachzudenken, was eigentlich wäre, wenn ein künftiger König oder eine künftige Königin eine andere sexuelle Orientierung oder gar Geschlechteridentität hätte als das in den royalen Kreisen traditionelle «heterosexuell». Oder wenn ein Prinz oder eine Prinzessin zu einer royalen Hochzeit seinen Partner oder ihre Partnerin mitbringen würde? Wäre das ein Skandal oder würde es in unseren modernen Zeiten akzeptiert werden? Wir haben mit René Haenig, Adelsexperte der Schweizer Illustrierten, gesprochen.

René Haenig, gab es in der Geschichte des europäischen Adels schon einmal ein Beispiel eines homosexuellen Königs oder eines Mitglieds einer Königsfamilie?
Eindeutig kann man das nicht sagen, aber es wird stark vermutet, dass Friedrich der Grosse homosexuell war. Ja, er war verheiratet, doch erstens wurde diese Ehe angeblich nie vollzogen – das heisst Friedrich und seine Frau hatten keine Kinder – und zweitens waren auf Schloss Sanssouci, dem «Lust-Schloss» des preussischen Kaisers Berichten zufolge keine Frauen erlaubt. Dieses Verbot sagt ja eigentlich schon alles. Ansonsten weiss man natürlich, dass auch in den Königshäusern vieles, was in Richtung Homosexualität ging, hinter verschlossenen Türen stattgefunden hat und da bestimmt mehr Gleichgeschlechtliches passierte, als man denkt. Aber öffentlich gemacht werden durfte sowas nicht und wenn es raus kam, dann wurden die entsprechenden Personen ja auch oft in den Kerker oder psychiatrische Anstalten gesperrt, weil sie als krank galten und vor den Augen der Gesellschaft versteckt werden mussten. Denn wenn man als Königshaus so jemanden in der Familie hatte, galt das halt als Schande. Und die «kranken» Personen sind dann da in ihren Strafanstalten vor sich hinvegetiert, oft bis zum Ende ihres Lebens. Darum weiss man wahrscheinlich auch nicht von mehr Fällen in den Königshäusern von früher, weil die Leute es lieber verheimlicht haben und dann halt eine Lüge gelebt haben, um in die Gesellschaft und die Familie zu passen und einer Strafe für ihre sexuelle Orientierung zu entgehen.

 

Wäre denn heute ein LGBTQ+-König oder eine LGBTQ+-Königin auf einem europäischen Thron denkbar?
Das kann ich ehrlich gesagt so nicht beantworten. Es kommt aber, denke ich, immer auf das Königshaus an, in dem ein solcher Fall zu Tage käme. Man weiss ja schon von aktuellen Mitglieder der Königshauser, die homosexuell oder bisexuell sind. Angefangen natürlich mit dem aktuellsten Beispiel, Durek Verret, dem Verlobten von Prinzessin Märtha Louise, der bisexuell ist. Aber auch bei den traditionellen Briten gibt es mindestens ein bisexuelles Mitglied, von dem man weiss, nämlich Ivar Mountbatten, ein Cousin von Queen Elizabeth II. (96). Seit 2018 ist Ivar mit seinem Partner James verheiratet und steht zu seiner sexuellen Orientierung. Bei der Hochzeit war zwar niemand des Königshauses anwesend, aber da die Queen jeder Eheschliessung zustimmen muss und sie keine Einwände gegen den Bund der Ehe zwischen ihrem Cousin und einem anderen Mann hatte, kann man wohl davon ausgehen, dass sie die Bisexualität von Ivar nicht als Schande für die britische Monarchie ansieht. 

Was macht es den für die Königshäuser so schwierig?
Die Sache ist, dass die Königshäuser meistens sehr eng mit der Kirche verbunden sind und man weiss ja, wie die Kirche ganz allgemein zu LGBTQ+ steht. In katholischen Ländern wie zum Beispiel Spanien könnte das ein No-Go im Königshaus sein. Da hatte ja schon König Felipe (54) Probleme, als er eine geschiedene Frau, die heutige Königin Letizia (49) heiraten wollte. Da wäre eine Thronfolgerin oder ein Thronfolger mit LGBTQ+-Orientierung wahrscheinlich völlig ausgeschlossen. Wo ich mir allerdings vorstellen könnte, dass es funktionieren könnte, wären die skandinavischen Länder und die Niederlande. Die sind ja sowieso sehr liberal und Schweden war mit das erste Königshaus, das offen über private Belange informierte, etwa die Essstörung von Kronprinzessin Victoria (44) oder ihre und Bruder Prinz Carl Philips (42) Legasthenie. Daher denke ich, wenn jetzt zum Beispiel Prinzessin Estelle (10) eines Tages sagen würde, dass sie lesbisch oder non-binär oder transsexuell oder so wäre, würden die Royals verständnisvoll reagieren und es der Öffentlichkeit mitteilen, aber keine grosse Sache draus machen. Und in den Niederlanden beispielsweise hat Premierminister Mark Rutte auch vor einem knappen Jahr gesagt, dass im Königshaus ohne Probleme eine gleichgeschlechtliche Ehe eingegangen werden könnte und, sollte Kronprinzessin Amalia (18) LGBTQ+ sein, keine Angst auf ihre Thronfolge haben müsste, denn die Regierung würde in einer solchen Situation hinter ihr stehen und das Ganze gut heissen.

Wie würde denn das Volk auf so etwas reagieren?
Ob das Volk mit einem LGBTQ+-König oder einer solchen Königin einverstanden wäre, kann man auch nicht sagen. Vor einigen Jahren wurde in Grossbritannien eine Umfrage durchgeführt, wie die Bevölkerung dazu stehen würde, einen schwulen König oder eine lesbische Königin zu haben, 41 Prozent meinten, sie würden das nicht gut finden. Der Rest fand aber, dass das in Ordnung sei. Die Gesellschaft verändert sich immer so stark und man weiss ja nie, was vielleicht mal so in 50 Jahren ist, wenn zum Beispiel Prinzessin Estelle auf den Thron käme und sie vielleicht lesbisch wäre. Man kann wirklich nicht sagen, wie es in der Zukunft aussehen wird, aber wenn das Thema irgendwann aufkommt, dann wären die nordischen Länder wohl die ersten, die das akzeptieren würden. 

Der Experte

René Haenig
Schweizer Illustrierte

René Haenig ist der Adels- und Royal-Experte der Schweizer Illustrierten und kennt die Höfe der Welt wie kein Zweiter. Wenn es darum geht, royale Skandale, Liebesbeziehungen oder Krisen zu analysieren, dann ist er die richtige Anlaufstelle. 

 Silja Anders
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Von Silja Anders am 28. Juni 2022 - 06:09 Uhr