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Moderatorin wird Malerin

Anna Maier: «Ich fühle mich frei wie nie zuvor im Leben»

Modertorin und Autorin Anna Maier hat jetzt ein Kunstatelier in Zürich. Beim Besuch erklärt sie, warum sie mit dem Malen angefangen hat. Und wie sie sich dabei selbst begegnet.

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Anna Maier malt riesige Gemaelde. (c) Ellin Anderegg

Ihr Atelier im Zürcher Seefeld hat zwei Räume. Einen zum Schreiben, einen zum Malen. Ihre Firma hat Anna Maier passend dazu in «Kunst am Wort» umgetauft.

Ellin Anderegg

Kommunikation ist ihr Ding. Anna Maier, 42, hat sich als Moderatorin, Journalistin und Texterin einen Namen gemacht. Nun hat sie eine weitere Form der Kommunikation für sich entdeckt: die Kunst. Seit ein paar Monaten greift die Zürcherin zu Pinsel und Farbe und malt abstrakte Bildmuster in Naturtönen auf kreisrunde Leinwände.

Für Anna Maier ist Malen nicht nur ein Hobby

Es ist kein neu entdecktes Hobby für Anna Maier, das Malen. Mit dieser Kunst der visuellen Kommunikation will sie sich ein zweites Standbein aufbauen. Dafür hat sie sogar ihre Firma umbenannt: aus «Am Mikrofon» wurde «Kunst am Wort». Ein vielschichtiges Wortspiel, dessen Präposition «am»  bewusst auch Anna Maiers Initialen repräsentiert.

Um ihre Ziele umsetzen zu können, hat sich Anna Maier im Zürcher Seefeld-Quartier ein Atelier eingerichtet. Es bietet viel Licht, eine wohltuend ruhige Atmosphäre und zwei Räume, einen fürs Schreiben, einen fürs Malen. Eine kreative Wohlfühloase.

Anna Maier, wie kommt es, dass Sie neuerdings auch malen?
So neu ist das gar nicht. Ich habe das Malen wiederentdeckt. Es war immer Teil meines Lebens. Bereits mein Vater hat gemalt, allerdings mit Öl. Der Geruch nach Terpentin und die halbfertigen Gemälde in unserer Küche gehörten zu meiner Kindheit.

Entdecken Sie selbst Ihr Talent erst jetzt?
Nein, das war tatsächlich schon in meiner Schulzeit ein Thema. In der Oberstufe meinte mein Lehrer, ich solle doch das Kunst-Gymnasium besuchen. Aber ich war damals nicht bereit dazu. Für mich war das Malen eher ein Hobby. Nichts, das ich mir als Beruf vorstellen konnte.

«Tatsächlich habe ich bereits mehrere Auftragsarbeiten umsetzen können»

Anna Maier

Verdienen Sie jetzt Geld damit?
Tatsächlich habe ich bereits mehrere Auftragsarbeiten umsetzen können. Und auf meiner Homepage stehen die fertigen Gemälde zum Verkauf. Aber das steht für mich nicht im Vordergrung. Malen ist für mich wie Meditieren.

Waren es die ersten Bilder, die Sie verkauft haben?
Vor 20 Jahren, in der Babypause mit meiner ältesten Tochter, habe ich rund 20 Bilder gemalt und auch ausgestellt. An ein Bild erinnere ich mich besonders, es zeigte eine weibliche Figur, die mit ausgebreiteten Armen auf einer Klippe steht. Eigentlich wollte ich es nicht weggeben, da es mir viel bedeutete. Aber einer Frau, die nach ihrer Scheidung in diesem Bild ihre Kraftquelle fand, verkaufte ich es schliesslich doch. Jahre später habe ich den neuen Partner dieser Frau kennengelernt. Er erzählte mir, das Bild hänge in ihrem Wohnzimmer und bedeute ihr noch immer sehr viel.

Anna Maiers Bilder erinnern an ihre Texte

Die neuen Bilder von Anna Maier sind abstrakt. Sie bestechen durch ihre grafische Ausgewogenheit auf den ersten und ihre Imperfektion auf den zweiten Blick. Das Muster wirkt perfekt symmetrisch, kleine, eckige Formen, die sich in regelmässigen Abständen über die runde Leinwand ziehen.

Aber wer genauer hinsieht, stellt fest: Da schimmern überall alte Farbschichten durch. Die Struktur der Farbe bewirkt, dass sich das Bild je nach Perspektive verändert. Fast ein bisschen so, als hätte Anna Maier die Menschen gemalt, die sie für ihr viel beachtetes Kein Hochglanzmagazin porträtiert: nah, ehrlich, ein Blick hinter die Fassade. Einen Monat lang arbeitet Anna Maier durchschnittlich an einem Bild. Bis zu 10 Farbschichten «stapeln» sich übereinander.

Die Serie heisst denn auch «What’s beneath the surface?» (deutsch: Was befindet sich unter der Oberfläche?).

Anna Maier, kratzen wir doch an Ihrer Oberfläche. Was verraten diese Bilder über Sie?
Ich male mit Acryl, da ich bei meinem Vater gesehen habe, dass Ölfarben oft Monate brauchen, um richtig durchzutrocknen. Das geht mir zu lange, da bin ich zu ungeduldig.

Die Bilder ähneln sich in Aufbau und Wirkung, aber eines fällt auf, weil das Muster mit grellen Farbspuren überzogen ist.
Dieses Bild habe ich x Mal umgemalt. Es wirkte nie fertig. Ich fand es fade und langweilig. Irgendwann dachte ich, jetzt knall ich einfach eine Farbe drauf. Am Anfang war ich selber perplex, dass ich mein Werk nach wochenlanger Arbeit quasi zerstöre. Aber dann fühlte es sich an wie ein Befreiungsschlag.

«Ich geniesse meinen neuen Mut zur Imperfektion»

Anna Maier

Auch die gewählten Farben fallen völlig aus dem Rahmen. Sie setzten auf Erdtöne, natürliche Schattierungen, edles Gold. Hier haben Sie Grün und Pink gewählt. Hat das eine Bedeutung?
Im ersten Moment eigentlich nicht, ich griff intuitiv zu diesen zwei Farben. Aber ich habe später herausgefunden, dass es einen Edelstein gibt, den Wassermelonen-Turmalin, der offenbar symbolisch dafür steht, im Moment zu leben, sich von Altlasten zu befreien, selbstbewusst den eigenen Weg zu gehen und sich nicht der Perfektion zu unterwerfen. Das ist definitiv ein grosses Thema bei mir. In meiner Schreibarbeit mag Perfektionismus ja durchaus von Nutzen sein, aber in der Kunst bin ich gefordert, mich davon zu lösen. Ich geniesse meinen neuen Mut zur Imperfektion.

Anna Maier malt riesige Gemaelde. (c) Ellin Anderegg

Mut zur Imperfektion: Anna Maier entdeckt sich selbst neu beim Malen.

Ellin Anderegg
Anna Maier malt auch Bilder für sich und ihre Familie

Mit der Kunst entdeckt sich Anna Maier selbst neu. Schuld daran ist das Coronavirus. Im normalen Familienalltag fehlte der dreifachen Mutter schlicht die Zeit, sich dieser Leidenschaft zu widmen. Und dann kam der Lockdown. Plötzlich hatte Anna Maier Zeit. Viel Zeit. Und passenderweise auch noch zwei leere Wände in ihrem Zuhause nahe Zürich.

Anna Maier, erzählen Sie, wie sie zurück zur Kunst gefunden haben.
Wir hatten in unserem Haus einen nichtssagenden Gang mit zwei leeren Wänden. Schon länger suchten wir nach Bildern, um diesem Raum ein wenig Leben einzuhauchen. Ich wusste immer, es muss etwas Prägnantes sein. Aber ich fand nie die passende Kunst. Schliesslich habe ich mich entschieden, die Bilder selber zu malen.

«Vor allem meine mittlere Tochter ist ein Bastel- und Maltalent. Sie zeichnet ganz frei. Angstfrei»

Anna Maier

Sind Sie zufrieden mit dem Resultat?
Es ist erstaunlich. Früher war der Gang einfach eine Art Durchgangszone. Niemand hielt sich wirklich dort auf. Aber seit meine Bilder an den Wänden hangen, installieren sich meine Kinder jeweils mit ihren Decken und ihren Playmobils darunter und vertiefen sich ins Spiel. Die Bilder verleihen dem Raum eine Wohnlichkeit, sie haben Leben reingebracht, ich muss sagen, ich mag die Bilder sehr.

Malen Ihre Kinder auch?
Vor allem meine mittlere Tochter ist ein Bastel- und Maltalent. Sie zeichnet ganz frei. Angstfrei. Das ist schön zu sehen. Auch ich fühle mich durch das Malen befreit. Befreit von Erwartungen anderer und auch von meinem eigenen Anspruch an die Perfektion. So frei, wie nie zuvor in meinem Leben.

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 13. Mai 2021 - 19:09 Uhr