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Demokratie-Talk mit Barbara Lüthi

«Ich würde als Diktator nicht viel taugen»

Diplomatisch, demokratisch, schweizerisch: Anlässlich von 175 Jahren Bundesverfassung sprechen Schweizer Persönlichkeiten im nicht allzu ernsten «Demokratie-Talk» über Demokratie – und ein bisschen drumherum. SRF-«Club»-Moderatorin Barbara Lüthi erklärt, was bei ihr Zuhause demokratisch und was diktatorisch entschieden wird.

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Barbara Lüthi Moderatorin und Redaktionsleiterin Club2019Copyright: SRF/Oscar Alessio

Barbara Lüthi (49) ist Moderatorin und Redaktionsleiterin der SRF-Diskussionssendung «Club», dienstags auf SRF 1. Davor war sie mehrere Jahre China-Korrespondentin.

SRF/Oscar Alessio

Barbara Lüthi, was entscheiden Sie daheim demokratisch?
Das Wochenendprogramm. Was zu endlosen Diskussionen führt: wer, was mit wem, wann machen will oder kann. 

Bei welchem Thema sind Sie stets in der Minderheit?
Beim Wochenendprogramm.

Wann haben Sie das letzte Mal etwas diktatorisch entschieden?
Beim Mithelfen im Haushalt. Aber irgendwie kommt das nur kurzfristig an der Basis an. Ich würde als Diktator nicht viel taugen. 

Hand aufs Herz: demokratisch diplomatisch – wo liegen bei Ihnen die Grenzen?
Grenzen sind da, um sie zu testen und zu verschieben. Und ich sage schon oft und klar, was ich denke. Wahrscheinlich könnte ich das auch etwas diplomatischer tun.

In welcher Situation macht Demokratie in Ihrem Leben keinen Sinn?
Ich liebe Diskussionen, das ist naheliegend als Talkerin. Aber auch wenn wir als Team den Aufbau einer Sendung besprechen, Themenblöcke festlegen und recherchieren, entscheide ich spontan in der Sendung, welche Fragenkomplexe ich vertiefe oder ganz weglasse. Trotz einer basisdemokratischen Vorbereitung. 

«Menschen sind bereit ihr Leben aufs Spiel zu setzten für die Demokratie. Daran sollten wir uns öfter erinnern.»

Barbara Lüthi

Welche Abstimmung, Wahl lag Ihnen besonders am Herzen?
2015, Mynamar. Ich habe darüber als Korrespondentin berichtet. Die Myanmarer wählten bei der ersten freien Wahl seit 25 Jahren ein neues Parlament. Die Partei von Aung San Suu Kyi holte die absolute Mehrheit und erteilte der militärnahen Regierungspartei eine Absage. Im Land herrschte Aufbruchsstimmung, alles schien möglich. 2021 aber stürzte das Militär die zivile Regierung und übernahm die Macht. Bei Demos gegen den Putsch kam es zu tausenden Verhaftungen und Todesopfern. Seither führt die Junta einen Kampf gegen die Opposition. Sie hat aber die Widerstandskraft der Bevölkerung unterschätzt. Menschen sind bereit ihr Leben aufs Spiel zu setzten für die Demokratie. Daran sollten wir uns öfter erinnern. Wir haben das Privileg durch Abstimmungen mitzubestimmen.

Worin hätten Sie gerne mehr Macht? Worin fehlt Ihnen Macht?
Ich fühle mich nicht machtlos. Wenn ich etwas wirklich will, kämpfe ich dafür. Und dann gibt es immer einen Weg. Aber ich halte es sehr an den Grundsatz: «Choose you battles wisely». Es muss sich lohnen. Und es darf niemand dabei zu Schaden kommen.

Bei was sind Sie totaler Durchschnittsschweizer?
Meine Kinder haben mir zum Muttertag einmal eine Karte geschenkt, auf der sie mir dafür danken, dass bei uns zuhause alles so «unschweizerisch» ist…. Aber ernsthaft: Mir gefällt die Ernsthaftigkeit, mit welcher in der Schweiz um einen Kompromiss gerungen wird. Und ich mag Traditionen. Als ich in Hong Kong an Weihnachten zum ersten Mal den Plastikchristbaum auspackte und draussen die Sonne brannte, bin ich in Tränen ausgebrochen.

Wie würden Sie eine eigene Partei benennen?
No risk, no fun.

Was würden Sie per sofort demokratisieren?
Alle Länder, in denen die Menschen noch nicht durch freie Wahlen an der Machtausübung des Staates teilhaben können. In Ländern, in denen es keine freie Meinungsäusserung und Pressefreiheit gibt, gibt es Menschenrechtsverletzungen. Auch wenn sich viele, wie in China, mit dem Deal «Gehorsam gegen Wachstum» zu arrangieren versuchen.

Was würden Sie per sofort in der Bundesverfassung verankern?
Das Recht, zu scheitern und es nochmals versuchen zu dürfen – ohne verurteilt zu werden. Das würde vielen Menschen die Angst nehmen Neues auszuprobieren.

Von Aurelia Robles am 6. März 2023 - 07:00 Uhr