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Er jobt nebenbei im Schneider-Atelier

Filmstar Joel Basman zeigt uns sein Zürich

Er feiert weltweit Film-Erfolge. In Zürich aber ist Joel Basman zu Hause. Und arbeitet als Designer im Schneidergeschäft seiner Familie.

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Joel Basman in Zürich

Morgenritual: Joel im Café Schwarzenbach: «Hier steht meine Kaffeemaschine.»

Joseph Khakshouri

Abgeholt wird er jeweils von einem Fahrer, der ihn zum Flughafen bringt. Ans Filmset in London fliegt er Businessclass. Kein Wunder, schliesslich steht Joel Basman, 29, mittlerweile auf der A-Liste von Europas Schauspiel-Liga, gibt immer öfter Gastspiele in Hollywood. Erst kürzlich stand er mit Ralph Fiennes und Gemma Arterton für den dritten Teil des Blockbusters «Kingsman», der nächstes Jahr in die Kinos kommt, vor der Kamera.

Basman wohnt in einer Zwei-Zimmer-Wohnung

Der kleine, feine Unterschied: Nach getaner Arbeit kehrt Basman nicht in eine Millionen-Villa zurück, sondern in eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Zürcher Niederdorf. Zum Kleidergeschäft seiner Eltern oder um Freunde zu treffen, fährt er nicht im Ferrari durch die Stadt, sondern im Tram. Und wenn er Ferien hat, zieht es ihn nicht in ein Luxusresort am Traumstrand, sondern ans Ufer der Limmat.

Gern ist er mit seinem vierjährigen Neffen unterwegs. Der hat gerade eine kleine Schwester bekommen und freut sich, wenn sein Onkel Zeit mit ihm verbringt. Auch wenn er noch nicht weiss, was dieser auf einem Filmplakat vor einem Kino zu suchen hat. Nichtsdestotrotz marschierte der Dreikäsehoch unlängst zielsicher dort rein und bekam das Werbeposter des Überfliegers «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» geschenkt. «Es hängt jetzt in seinem Kinderzimmer», erzählt Joel lachend.

Joel Basman in Zürich

Im Kreis 4: Der Stoff, aus dem die Kleiderträume sind. Joel Basman im Schneider-Atelier seiner Eltern.

Joseph Khakshouri
Für seine Filmrolle hat er gerne Autos geschrottet

Entspannt nippt er an seiner Tasse Kaffee. Zwei Monate Ferien liegen hinter ihm. «So lange frei hatte ich nicht mehr, seit ich ein Teenager war», meint der Schauspieler.

Zuvor allerdings reiste er von Filmset zu Filmset. Ausser «Kingsman» drehte er die deutsch-amerikanische Co-Produktion «Ein verborgenes Leben» an der Seite des inzwischen verstorbenen Bruno Ganz. Dann stand er in «Stürm – bis wir tot sind oder frei» als berüchtigter Ausbrecher-König Walter Stürm vor der Kamera. «Autos schrotten, Banken überfallen – das war ein ziemlich cooler Job», meint Basman grinsend. Beide Filme kommen nächstes Jahr ins Kino.

Und dann war es an der Zeit für etwas ganz anderes. Für die Low-Budget-Produktion «Der Büezer» des jungen Schweizer Regisseurs Hans Kaufmann verzichtete Joel Basman nicht nur auf seine Gage, sondern half als Exekutiv-Produzent auch bei der Finanzierung mit. «Innerhalb von vier Tagen hatten wir das Geld zusammen», erzählt er stolz. «Das zeigt doch, dass vieles geht, wenn man will.»

Joel Basman in Zürich

Im Niederdorf: Hier wohnt Joel. Aufgewachsen ist er ennet der Limmat, wo auch der Film «Der Büezer» gedreht wurde (jetzt im Kino).

Joseph Khakshouri
Die Dreharbeiten fanden im Zürcher Kreis 4 statt

Basman spielt einen jungen, orientierungslosen Arbeiter, Andrea Zogg seinen väterlichen Freund. Gedreht wurde mit einer Crew von sechs Leuten im Zürcher Kreis 4. «Fast ein bisschen surreal», meint er – vor allem, wenn man gerade vom Set einer 200-Millionen-Dollar-Produktion in Hollywood kommt.

Es seien immer die Inhalte, die ihn ansprechen, sagt Joel Basman. Wie gross oder klein eine Produktion ist, interessiert ihn nicht. Eine Rolle mitentwickeln zu können, wie bei «Der Büezer», sei faszinierend. «In diesem Film steckt sehr viel Herzblut.» Vielleicht auch deshalb, weil die Rolle des «Büezers» mehr mit Basman zu tun hat, als man glauben könnte. Am Ende des Tages sei Schauspielern ja auch nur ein Handwerk: «Parat si, schpile, Schnure hebe!» Und wenn er sich abends mit seinen Kumpels auf ein Bier trifft – die meisten davon kennt er schon seit seiner Schulzeit –, «reden wir über ihre Jobs genauso wie über meinen».

Joel Basman in Zürich

Heimat: Die Rückkehr nach Zürich erdet ihn immer wieder. Trotzdem kann sich Basman vorstellen, dereinst etwa in London zu leben.

Joseph Khakshouri
Mit 14 Jahren wurde er entdeckt

Damit angeben, dass er mit Grössen wie George Clooney, Bill Murray oder Rami Malek gedreht hat? Gar nicht Joel Basmans Ding. «Wenn ich eine Rolle will, steht das in meinem Lebenslauf. Und wenn ich nicht auf Jobsuche bin, muss ich damit niemanden beeindrucken.»

Dabei ist Joel Basmans Karriere durchaus beeindruckend. Gerade mal 14 war er, als er in der SRF-Soap «Lüthi und Blanc» entdeckt wurde. Ziemlich schnell setzte er alles auf eine Karte und verzichtete auf eine Lehre. Dass er praktisch ununterbrochen vor der Kamera stand und diverse Preise einheimste, gibt ihm heute recht. «Für meine Eltern war das sicher nicht immer einfach. Ich habe das damals nicht so mitbekommen, aber sie mussten sich wohl ziemlich viel anhören, weil sie mich einfach machen liessen.»

Trotz Schauspielkarriere stieg Joel ins Familiengeschäft ein. Seine Eltern führen ein traditionsreiches Kleidergeschäft mit Atelier im Zürcher Kreis 4. Joel verantwortet als Designer die Herrenkollektion. «Ich zeichne die Schnitte und suche die Stoffe aus, dann entscheide ich mit meinem Vater.» Da könne es schon auch mal zu Knatsch kommen. «Er ist Israeli und hat ein gewisses Temperament», meint Basman lachend.

Joel Basman in Zürich

Nebenjob: Joel Basman amtet als Designer für die Herrenkollektion der elterlichen Schneiderei.

Joseph Khakshouri

«Meine Eltern haben mich auf der Leinwand schon unzählige Male sterben sehen!»

Ob sich sein jüdischer Papa über Joels Darstellung des Motti Wolkenbruch, der sich von seiner jüdischen Familie emanzipiert, gefreut hat? «Ich glaube, er freute sich vor allem darüber, dass ich in der Komödie nicht das Zeitliche segne. Meine Eltern haben mich auf der Leinwand schon unzählige Male sterben sehen!», sagt Basman über den Film, der von der Schweiz dieses Jahr ins Rennen um die Oscars geschickt wird.

Während seiner Kindheit habe die Religion des Vaters übrigens genauso wenig eine Rolle gespielt wie die katholische Herkunft der Mutter. «Die Verwandtschaft ist auf beiden Seiten gross, Traditionen gibt es viele, aber von der Religion wurden meine Schwester und ich verschont.»

Basmans Eltern sammeln seine Auftritte

Auf jeden Fall könnten Mama und Papa Basman nicht stolzer sein auf ihren Sohn. «Sie sammeln jede Filmsequenz, in der ich zu sehen bin.» Er freue sich darauf, diese dereinst mit seinem Neffen anzusehen. Oder mit den eigenen Kindern? «Gern. Aber das ist halt schlecht planbar.» Noch fehlt ihm die passende Frau dafür. Eine Schauspielerin? Er zuckt die Schulter. «Und wenn die dann Liebesszenen spielen muss und sich in ihren Filmpartner verliebt? Ich weiss nicht …» Ein breites Grinsen.

Joel Basmans nächster eigener Dreh ist eher dramatisch. In der Verfilmung des Lebens des DDR-Autors Thomas Brasch spielt er dessen Bruder, der sich mit 29 Jahren das Leben nahm. «Wieder ein Film, den ich nicht überlebe», meint er seufzend. «Meine armen Eltern.»

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Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 14. September 2019 - 16:41 Uhr