Die Sonne brennt an diesem Juni-Samstag mit sommerlicher Kraft. Auf dem Asphalt glüht die Hitze. Vor der Arena in Bern erinnert wenig an Eishockey. Und doch erleben rund ein Dutzend Kinder den Höhepunkt des Winters schon im Hochsommer: Hockeyspielen mit Roman Josi! Der 35-jährige Superstar mit Arbeitsplatz in Nashville bereitet sich derzeit mit den NHL-Kollegen Nico Hischier (26) und Janis Moser (25) auf die nächste Saison vor.
Seine amerikanische Ehefrau Ellie (32) und die Kinder Luca (4) und Ivy (3) begleiten ihn in der alten Heimat. Zu Hause sind sie in ihrem Schweizer Domizil in Stettlen BE. Auch die Grosseltern Doris und Peter verbringen viel Zeit mit ihren Lieben – ebenso wie der zwei Jahre ältere Bruder Yannick.
Liebevoller Familienvater: Roman Josi mit Ehefrau Ellie und Sohn Luca am Rande des Rinks in Bern.
Kurt ReichenbachDoch auf dem künstlichen Eisfeld in Bern gilt Josis Konzentration an diesem Morgen den Kindern aus unterprivilegierten Familien, die im Rahmen der Aktion «Empowerment Sport» der Laureus Stiftung die Chance erhalten, einen Sport auszuüben, den sich ihre Eltern sonst kaum leisten könnten. «Das bisch ja du», ruft der zehnjährige Luie hocherfreut, als er eine Autogrammkarte von Roman Josi in den Händen hält. Und Maylo (11), der seine Handschuhe daheim in Kreuzlingen TG vergessen hat, lässt sich zum Trost die Schlittschuhe von seinem Vorbild binden.
Roman Josi mit seinem älteren Bruder Yannick, der sein grosses Vorbild war und ihn zum Eishockey gebracht hat.
Kurt ReichenbachRoman Josi ist mit ganzem Herzen bei der Sache: «Ich hatte das Glück, dass mir meine Eltern alles ermöglichen konnten. Wenn ich jetzt Kindern etwas Ähnliches vermitteln darf, ist das wunderbar.»
Rückkehr zu den Wurzeln
Für Josi ist der Besuch des Berner Stadions auch eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln. Fünf Minuten von hier (in Ostermundigen) ist er aufgewachsen, hier hat er die gesamte Juniorenzeit verbracht und mit 16 Jahren in der ersten Mannschaft debütiert. Hier gewann er 2010 den Meistertitel. Und von hier aus wagte er im Sommer darauf den Sprung zu den Nashville Predators in die NHL. Der Rest ist Geschichte – eine unfassbar erfolgreiche Geschichte. Roman Josi wurde zum besten Verteidiger der NHL gewählt. Er ist der erfolgreichste Scorer in der Geschichte der Predators. Mit der Nationalmannschaft gewann er 2013, 2018 und 2024 die WM-Silbermedaille.
Fondue in Nashville
Sein Beispiel zeigt, was mit Talent und einer konsequenten Einstellung zum Sport möglich ist. Dazu gehörte auch, dass er nach zwei Jahren die KV- Ausbildung hinschmiss und voll auf die Karte Eishockey setzte. Die Eltern seien über diese Entscheidung nicht wirklich begeistert gewesen. Heute sitzt Vater Peter für seinen Sohn im VR des SCB – Roman Josi ist seit 2020 Minderheitsaktionär des Klubs.
Kurze Hosen und Plastikeis: Josi beim Plauschspiel für die Laureus-Aktion «Empowerment Sport».
Kurt ReichenbachJosi ist einer der erfolgreichsten und bestverdienenden Schweizer Sportler der Geschichte. Sein bis 2028 laufender Vertrag in Nashville garantiert ihm über acht Jahre 72 Millionen Dollar brutto. Dass aus dem Bub aus Ostermundigen ein Gigant des Eishockeys wurde, war nicht unbedingt absehbar. Auf die Frage, von wem er das Talent geerbt habe, antwortet er mit einem Lächeln in Richtung seiner Eltern: «Die Hände habe ich wohl eher vom Vater – und den Ehrgeiz von der Mutter.»
Obwohl seine Kinder in einem durch und durch amerikanischen Umfeld aufwachsen, versucht er, ihnen etwas von der Schweizer Kultur mitzugeben. Wenn er allein mit ihnen ist, spricht er Schweizerdeutsch. Und gibt es die Gelegenheit, serviert er ihnen eine typische Schweizer Mahlzeit: «Wir haben in Nashville auch schon Raclette oder Fondue gegessen.»
Freundschaftlich-fröhliches Vorbild: Roman Josi schwört die Kinder in der SCB-Garderobe auf das Training ein.
Kurt ReichenbachViele Fans sind an diesem Vormittag zum Berner Stadion gekommen, um den berühmten Gast aus der grossen Eishockeywelt zu treffen. Josi hat für alle ein offenes Ohr und nimmt sich gern Zeit. Und er sagt auch, was alle gern hören: «Es wäre schön, wenn ich nochmals im Trikot des SC Bern auflaufen würde, aber bis auf Weiteres hat Nashville Priorität.»
Im kommenden Frühling wird sich dies für einige Wochen ändern. Dann könnte Roman Josi an der Heim-WM die Schweizer Nationalmannschaft anführen – und auf helvetischem Eis für weltmeisterliche Euphorie sorgen.