Kürzlich erschien Ihr Debütroman – die literarische Version Ihres Lieds «Walzer für Niemand». Was hat Sie dazu bewogen, ein Buch zu schreiben?
Es war immer ein Traum von mir. In meiner Jugend habe ich mehr geschrieben als Musik gemacht. Dann kam der Schnellzug Musik, und ich bin mitgefahren. Jetzt, 20 Jahre später, hatte ich die Ruhe, endlich das Buch zu schreiben.
Wie unterscheidet sich das Romanschreiben vom Songwriting?
Es ist ganz anders. Songs schreibe ich impulsiv, aus einem Gefühl heraus. Schreiben heisst für mich: nachdenken, abwägen, einen Gedanken immer wieder drehen.
Was wären Sie als Kind gern geworden?
Ganz ehrlich: Müllfrau. Ich fand es super, wie sie hinten auf dem Müllwagen stehen und alle paar Meter wieder runterspringen.
Für wen haben Sie als Teenager geschwärmt?
Für Thom Yorke, den Sänger der Band Radiohead. Er hat seit Geburt ein herunterhängendes Augenlid. Ich bewunderte ihn unendlich und habe als Zeichen meiner Liebe auch ein Auge stets halb geschlossen. Meine Mutter war ganz nervös, weil sie dachte, es würde für immer bleiben.
Das höre ich: Das Album «Wendekid (2024 Remastered)» der deutschen Musikerin Nichtseattle.
ZVGWas haben Sie für einen Spitznamen?
In der Familie nennen sie mich Mimi. Warum, weiss ich gar nicht genau.
Wann haben Sie zuletzt geweint?
Kürzlich, an einer Gedenkfeier für Peter Bichsel. Es war so schön: Alle erzählten, wie er sie geprägt hat – künstlerisch, menschlich. Wir haben zusammen gelacht, geweint und gesungen.
Welches Ereignis hat Ihr Leben verändert?
Die Geburt meiner Kinder. Das ist, als würde man selbst noch einmal neugeboren werden. Es verändert alles – die Rolle, die man im Leben und im Universum hat.
Welche Eigenschaft hätten Sie lieber nicht?
Ich bin manchmal zu impulsiv. Dann sage ich Dinge, die ich nachher bereue, und entschuldige mich dafür. Ich wünschte, ich könnte vorher innehalten.
Wovon träumen Sie?
Ich träume jede Nacht von einem Haus am Genfersee, in dem ich drei Jahre gewohnt habe. Es wurde abgerissen. Ich habe Mühe loszulassen. Es war mein erstes richtiges Zuhause.
Auf wen waren Sie zuletzt eifersüchtig?
Eifersüchtig ist das falsche Wort – eher neidisch. Ich sehe Leute, die Ski fahren oder einfach in den Tag hineinleben können. Mit kleinen Kindern liegt das im Moment nicht drin. Aber ich freue mich, wenn es dann wieder möglich ist.
Welches Kompliment haben Sie kürzlich erhalten?
Dass mein Buch eine eigenständige Wirkung hat, unabhängig von meiner Musik. Das freut mich sehr.
Mein Buch: «Walzer für Niemand» ist ein abgründiger, poetischer und tragikomischer Coming-of-Age-Roman.
ZVGWer ist Ihre Heldin?
Momentan ist es die Tennisspielerin Belinda Bencic. Sie hat vor einem Jahr ein Kind bekommen und spielt schon wieder Tennis auf Weltklasse-Niveau. Unglaublich, was sie da körperlich und psychisch leistet.
Was lernen Sie gerade, was Sie noch nicht so gut können?
Genau sein. Bei meinen Lesungen muss ich mich strikt ans Timing halten, weil Licht und Ton getaktet sind. Das fällt mir schwer. Auf der Bühne bin ich spontane Entscheidungen gewohnt.
Mit wem würden Sie gern im Lift stecken bleiben?
Mit der deutschen Komikerin Anke Engelke. Sympathisch, klug und sicher lustig.
Wofür sollte es Bussen geben?
Für Bussen (lacht).
Wie viel sind Sie wert – in Franken?
Sieben Franken. Ein Fünfliber und ein Zweifränkler. Zwei schöne Münzen.
Wo möchten Sie leben?
Am liebsten wäre ich im Haus im Lavaux geblieben. Aber es wurde ja abgerissen. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie fragil Wohnraum heute ist. Für meine Generation ist eigener Wohnraum fast schon Science-Fiction. Wenn ich älter bin, will ich nicht unnötig viel davon belegen – ich schreibs mir grad hinter die Ohren!
Was darf in Ihrem Haushalt nicht fehlen?
Eine Bibliothek. An Büchern erkennt man, mit wem man es zu tun hat.
Mein Lieblingsgegenstand: ist meine Gibson-Gitarre von 1952 – ein echtes Schmuckstück. Ich greife sehr oft nach ihr, sie hat einen ehrlichen Klang und bedeutet mir viel.
ZVGWelchen Tag möchten Sie noch einmal erleben?
Meinen letzten Schultag. Nie mehr Schule! Das war grandios.
Was sollte auf Ihrem Grabstein stehen?
Ich muss nie mehr einen Drucker bedienen.