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Schweizer Auswanderer

Thomas Gisiger und das Tor zur Welt: Von Solothurn nach Hamburg

Von Solothurn nach Hamburg. In der Hafenstadt betreibt er seit 18 Jahren ein Theater – und vermisst trotz der Elbe einen Aareschwumm.

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<p>Heimathafen: Der Solothurner Thomas Gisiger hat in Hamburg Wurzeln geschlagen – und träumt dennoch von der weiten Welt.</p>

Heimathafen: Der Solothurner Thomas Gisiger hat in Hamburg Wurzeln geschlagen – und träumt dennoch von der weiten Welt.

Henning Kretschmer

Aktuell bewegt mich die Frage, ob die Gesellschaft wirklich weiss, wie wichtig die Kultur ist und unser aller Leben bereichert.

Wenn ich morgens aufwache, höre ich im Radio Deutschlandfunk Kultur, um mit gut recherchierten Informationen in den Tag zu starten.

Zum Frühstück esse ich eine Schnitte mit selber gemachter Konfitüre von meinem Mann, dazu eine grosse Tasse Filterkaffee.

Zur Arbeit gehe ich zu Fuss in unser Theater.

Mein Arbeitstag dauert an Spieltagen von morgens 7.30 Uhr bis Mitternacht.

Am Feierabend gönne ich mir im Sommer ein Picknick an der Elbe und blicke sehnsüchtig den Schiffen hinterher, die in die grosse weite Welt unterwegs sind.

Typisch deutsch an mir ist, dass ich für einen Schweizer viel zu schnell spreche.

Touristen aus meiner Heimat zeige ich alles, was nicht im Reiseführer steht.

Überschätzt werden hier die typischen Hamburger Franzbrötchen: ein verunglücktes Gipfeli, das in Zimt gefallen ist.

Am meisten stört mich an Deutschland: die zunehmende Unzufriedenheit und das Vergessen, dass Deutschland ein tolles Land ist mit vielen Möglichkeiten.

Von der Schweiz vermisse ich: Familie, Freunde, einen Aareschwumm – und die Solothurner Torte.

Die Schweiz kann von Deutschland lernen, dass nichts so bleiben kann, wie es ist.

Schweizer Politik verfolge ich vor allem mit Blick auf die Weltpolitik. Und da habe ich das Gefühl, die Schweiz macht das schon ganz gut.

Ich würde zurückkehren, wenn wir uns mit dem als Künstler verdienten Geld das Leben in der Schweiz leisten könnten.

Mein Tipp an andere Auswanderer: Mut, Leidenschaft und ein Mensch an der Seite, mit dem man dieses Leben teilen möchte.

Die Fakten zur Person Thomas Gisiger (59)

Beruf: Schauspieler und Gastgeber

Leben in Zahlen: Lebt mit seinem Mann Andreas in einer Tiny-Wohnung in Hamburg-Altona. Da Kultur dem Wohlwollen der Gesellschaft unterliege, bleibe am Ende des Tages finanziell «mal mehr, mal weniger für einen selber übrig». In Hamburg kostet das «gute Brot vom Lieblingsbäcker» 6.50 Franken, der Coiffeurbesuch entfällt, «das mache ich selbst».

Auszuwandern war nie sein Ziel. Nach der Lehre zum Dekorationsgestalter absolviert er 1997 in Hannover eine Clown-Schule und wird als «staatlich anerkannter Clown» vom Fleckweg engagiert. Erste Station: Düsseldorf. Dann lernt er seinen Mann kennen – gemeinsam betreiben sie das Hamburger Theater «Die 2te Heimat»

René Haerig, Ringier
René HaenigMehr erfahren
Von René Haenig am 25. August 2025 - 06:00 Uhr