Style: Was bedeutet Sicherheit aus psychologischer Sicht für ein Kind?
Csilla Kenessey Landös: Sicherheit bedeutet, dass das Nervensystem dem Gehirn signalisiert: Ich bin nicht in Not. Wird diese Sicherheit bedroht, schaltet das Gehirn in ein Notfallprogramm. Das Konzept ROPE, ein vom deutschen Psychotherapieforscher Klaus Grawe entwickeltes Akronym, steht für die vier psychologischen Grundbedürfnisse: Bindung (Relationships), Orientierung & Kontrolle (Orientation & Control), Lustgewinn und Unlustvermeidung (Pleasure) sowie Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz (Esteem). In der Familie vermittelt Bindung Sicherheit, weil eine erwachsene Person dem Kind zeigt: Ich bin okay, so wie ich bin. Orientierung gibt Sicherheit im Alltag: Das Kind weiss, was kommt, was von ihm erwartet wird und wer da ist. Fehlt diese Orientierung, gerät es schnell in Alarmbereitschaft. Kinder brauchen beides, um zu verstehen: Wann passiert was? Was wird von mir erwartet? Wer ist wirklich für mich da?
Warum ist das Sicherheitsgefühl in der Familie so prägend für die spätere Entwicklung?
Jetzt kommen wir zum Buchstaben E wie Esteem – es geht um den Aufbau eines stabilen Selbstwertgefühls. Wenn Eltern unvorhersehbar sind – mal liebevoll, mal wütend – verunsichert das das Nervensystem des Kindes. Kinder können noch nicht einordnen, dass das Verhalten der Eltern nichts mit ihnen zu tun hat. Das grösste Geschenk, das Eltern machen können, ist, glücklich zu sein. Kinder denken dann: Meine Eltern sind glücklich – also bin ich der Grund dafür. Wenn sie zwischen null und sieben Jahren einen sicheren Boden erleben, entsteht innere Stabilität und somit die Grundlage, um resiliente Erwachsene zu werden.
Bei Volvo ist Sicherheit kein Versprechen, das erst im Ernstfall greift. Sie ist seit fast einem Jahrhundert von Anfang an mitgedacht – im Design, in der Technologie, in der Haltung. Für alle Menschen, in jeder Situation. Diese Idee prägt jedes Detail in unseren Fahrzeugen, aber auch unsere Philosophie – Sicherheit steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Denn sie gibt den Menschen das gute Gefühl, sich auf das Leben konzentrieren zu können. Der vollelektrische Volvo EX90 führt diesen Gedanken weiter. Er ist dank der Safe Space Technology der bisher sicherste Volvo aller Zeiten – und bereit für alles, was vor uns liegt. Überzeuge dich selbst und erlebe den Volvo EX90 bei unserer kostenlosen 3-Tages-Probefahrt.

«Sicherheit heisst also nicht, Risiken zu vermeiden, sondern Kindern zuzutrauen, dass sie mit ihnen umgehen können.»
Wo ist der Unterschied zwischen Sicherheit geben und überbehüten?
Wer überbehütet, verwöhnt und nimmt dem Kind die Chance, Selbstvertrauen zu entwickeln. Oft projizieren Eltern unbewusst ihre eigenen Ängste auf das Kind. Die Botschaft lautet: «Man traut mir nichts zu.» Das entmutigt statt zu stärken. Der österreichische Psychotherapeut Alfred Adler sprach vom «ermutigten Menschen»: jemand, der seine Ressourcen kennt und weiss, wann er Hilfe holen darf. Beim entmutigten Menschen reagiert das Nervensystem dagegen schnell mit Überforderung. In diesem Zustand findet das Gehirn keine Lösungen mehr. Sicherheit heisst also nicht, Risiken zu vermeiden, sondern Kindern zuzutrauen, dass sie mit ihnen umgehen können.

Csilla Kenessey Landös ist eidg. anerkannte Fachpsychologin für Psychotherapie SBAP/FSP, Fachpsychologin SBAP in Kinder- und Jugendpsychologie und Psychotherapeutin SBAP speziell Neuropsychologie und an der Praxis Zürichberg tätig.
ZVGStark kontrollierende Helikoptereltern entmutigen ihre Kinder also?
Genau. Viel Kontrolle im Alltag ist oft ein Ausdruck von Stress bei den Eltern. Kinder brauchen Zeit und Ruhe, doch vieles wird ihnen abgenommen, obwohl sie es schon selbst könnten – das entmutigt. Wichtig ist der Unterschied zwischen Fürsorge und Sorge: In der Fürsorge gebe ich Orientierung und Sicherheit, sage «Ich bin hier, wir lösen das gemeinsam», ohne das Kind zu überfordern. So kann es Selbstvertrauen entwickeln.
Wie finden Eltern die Balance zwischen Freiraum und klaren Grenzen?
Indem sie ihre Werte definieren und mit sich in Kontakt treten. Bevor Eltern ins Haus stolpern und gestresst über die Spielsachen fallen, könnten sie draussen fünf Minuten die Hand aufs Herz legen und sich fragen, wie es ihnen geht. Wer gestresst reinkommt, hat eine kürzere Zündschnur. Das ist für das Kind unvorhersehbar. Offenheit über eigene Gefühle schafft Orientierung: Kinder reagieren kooperativ, unterstützt durch Oxytocin, das Kuschel- und Harmoniehormon. Niemand muss immer vollkommen gelassen sein – Authentizität vermittelt Sicherheit.
Was passiert denn umgekehrt, wenn Kinder zu viel Freiheit, aber zu wenig Orientierung bekommen?
Kinder werden verunsichert, wenn sie Entscheidungen treffen sollen, für die sie noch nicht die kognitiven Fähigkeiten haben. Das Schlimmste ist die emotionale Hierarchieumkehr: Wenn Eltern keine Sicherheit und Orientierung bieten, sondern ihre Gefühle ungefiltert auf die Kinder übertragen, übernehmen diese Verantwortung für das elterliche Wohlergehen und passen sich übermässig an.
Woran erkennen Eltern, dass sie ihrem Kind zu wenig oder zu viel zutrauen?
Wenn das Verhalten des Kindes plötzlich nicht mehr zur Situation passt, ist das ein Signal. Ein Hilferuf nach emotionaler Unterstützung, Sicherheit oder Orientierung. Oder es zeigt: Ich möchte etwas Neues ausprobieren. In Beratungen frage ich oft: «Wann macht das Kind seine Hausaufgaben? Direkt nach der Schule – und wer entscheidet das?» Meist wir Erwachsenen. Dabei stülpen wir unser Nervensystem dem des Kindes über: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wir vergessen, dass Kinder schon viel geleistet haben. Der einzige Vorteil, den wir Erwachsenen haben, ist Erfahrung. Kinder brauchen uns als Sparring-Partner, nicht als Vorschriftgeber.
Wie können Eltern Kinder darin unterstützen, Risiken einzuschätzen, ohne ihnen Angst zu machen?
Indem sie ihnen etwas zutrauen. Und Sicherheit und Orientierung bieten, wenn doch etwas passiert.
Wieviel Konflikt und Unsicherheit darf es in einer sicheren Familie geben?
Täglich, solange Konflikte achtsam ausgetragen werden. Ein Beispiel: Statt zu sagen: «Wer glaubst du eigentlich, wer du bist?», wenn das Kind die Jacke nicht aufhängt: Werte und Grenzen kommunizieren. «Meine Grenze der Ordnung wurde verletzt. Ich möchte, dass du die Jacke aufhängst.»
