Wenn im Fernsehen an die Wall Street geschaltet wird, wie oft ist dann eine Frau im Bild? Warum geht es im Film um den «Wolf of Wall Street» und nicht um eine Wölfin?
Wenn es um Finanzen geht, wird es männlich. Nicht nur in den USA und im grossen Börsen-Business, wo gerade mal 11 Prozent der Personen, die beruflich Investments managen (Fund Manager), weiblich sind. Dies ergab der Alpha Female Report von Citywire 2020. Dabei scheint dies ein Berufsprofil zu sein, das weder Männer noch Frauen begünstigt.
Frauen verfügen über viel weniger Vermögen
Dass das Thema Geld für Männer und Frauen von unterschiedlichem Interesse ist, sieht man bei der Kundschaft einer Bank. Zunächst: Knapp 51 Prozent der Menschen sind Frauen. Sie sind gegenüber den Männern leicht in der Mehrzahl, weil ihre Lebenserwartung höher ist. Allerdings zeigt sich bei Finanzinstituten: Im Wealth Management sind nur rund 40 Prozent des Kundenstamms weiblich. Und diese Frauen verfügen nur über 30 Prozent des insgesamt in diesem Bereich verwalteten Vermögens.
Eine Ursache dafür ist der Lohnunterschied. Gemäss Bundesamt für Statistik verdienten Schweizer Frauen 2020 im Schnitt 6211 Franken, Männer 6963 Franken. Das sind 10,8 Prozent mehr. Je höher die Kaderfunktion, desto grösser auch die Differenz. Trotzdem: Die Diskrepanz beim Vermögen ist noch grösser als beim Lohn.
Die österreichische Zeitung «Der Standard» hat sich dem Thema Anfang 2022 angenommen. Bettina Fuhrmann von der Wirtschaftsuniversität Wien macht in diesem Artikel einen wichtigen Grund für den «Wealth Gap» zwischen Frau und Mann aus: «Es gibt tatsächlich einen systematischen Wissensunterschied zwischen den Geschlechtern.» Und wohl auch einen Unterschied beim Interesse. Eine Studie der US-Bank zeigt, dass zwar 52 Prozent der Frauen mit Freundinnen und Freunden über die Finanzen sprechen. Bei den Männern sind es aber 61 Prozent. Finanz-Apps benützten 48 Prozent der befragten Männer – und nur 36 Prozent der Frauen. Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss?
Die österreichische Expertin Fuhrmann sieht einen zweiten Grund für den Unterschied: Männer gehen eher ein Risiko ein als Frauen. Basejumper sind meist männlich, Trader auch. Ein Risiko ist meist gleichzeitig auch eine Chance. Heisst: Es landen mehr Männer in der Schuldenfalle. Es werden aber auch mehr Männer reich.
Die Credit Suisse setzt sich dafür ein, den Wandel voranzutreiben und die Leistungen der Frauen zu würdigen. Wir sind bereit, etwas zu verändern, und engagieren uns für Geschlechtervielfalt und Gleichberechtigung, unter anderem
● als Arbeitgeberin
● durch die Vermittlung von Finanzkompetenz und Beratung in Finanzangelegenheiten
● als Partnerin in unterrepräsentierten Bereichen wie Frauenfussball
Mehr Informationen zu den Massnahmen der Credit Suisse zur Förderung der Chancengleichheit, Stärkung der Frauenstimmen und Stärkung der Finanzkompetenz unter:
Die engere Berufswahl
Der dritte Punkt, den Fuhrmann als Ursache ortet, ist die Berufswahl. In Österreich sieht sie drei typische Frauenberufe: Büro- und Einzelhandelskauffrau sowie Coiffeuse. In der Schweiz dürfte dies nicht komplett anders aussehen. Es sind Berufe, die zumeist nicht die grosse Karriere ermöglichen. Männer seien in der Berufswahl kreativer. «Es ist unwahrscheinlich, dass die Interessen und Begabungen von Mädchen weniger breit gefächert sind als jene von Burschen», so Fuhrmann.
Wie geht die Gesellschaft mit solchen Befunden um? Sagt man sich am besten einfach, «selber schuld, dann habt ihr halt weniger Geld auf dem Konto»?
So einfach ist es nicht. Unsere westliche Welt lebt von Solidarität, unser Sozialwesen ist darauf ausgerichtet, dass möglichst genug für jede und jeden da ist. Teil dieses Sozialwesens ist in der Schweiz das System an Vorsorgelösungen mit einer auf langem Horizont immer unsicherer werdenden AHV als 1. Säule. Die Wichtigkeit der anderen zwei Säulen, insbesondere der 3., der privaten Vorsorge, nimmt zu, auch weil unsere Gesellschaft immer älter wird. Ziel ist, dass möglichst viele Pensionierte ihre letzten Jahre mit den eigenen finanziellen Mitteln bestreiten können. Nicht den eigenen Kindern zur Last werden. Oder gar der Volkswirtschaft, die Ältere ohne Geldreserven unterstützen muss. Es ist ein Thema, das besonders Frauen betrifft.
Weniger im Alter
Frauen sind vor allem aus drei Gründen grundsätzlich gefährdeter als Männer, im Alter mit geringen Mitteln dazustehen. Weil die Mutterschaft oft eine Arbeitspause und einen Karriereknick bedeutet. Weil sie im Schnitt vier Jahre älter werden als Männer. Weil sie – siehe oben – sich weniger für Geld interessieren und weniger auf dem Konto haben. Eine letzte Prozentzahl, sie stammt aus einer OECD-Studie: In der Schweiz erhalten Frauen im Alter von mindestens 65 Jahren im Schnitt über 32 Prozent weniger Pensionsgelder als Männer. Man nennt dies den «Gender Pension Gap». Ändern können sie es zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens kaum mehr.
Betriebs- und volkswirtschaftlich ist das Problem erkannt, die Statistiken sprechen schliesslich eine deutliche Sprache. Behörden und Banken engagieren sich dafür, die Finanzkenntnisse der Frauen («Financial Literacy») zu verbessern und sie fürs Thema zu motivieren. Einige Lösungsansätze sind:
● Die Sichtbarkeit von Frauen bei Finanzthemen erhöhen. Es gibt nicht nur Experten, sondern auch Expertinnen. «Role Models» wie weibliche Bank-Kader helfen, Hürden abzubauen. Denn:
● Eine Diskussion auf Augenhöhe hilft. Frauen sollen Frauen für finanzielle Themen sensibilisieren. Sie kennen die Herausforderung, ein spannendes und einträgliches Berufsleben und gleichzeitig eine Familie zu führen, bestens.
● Das Unterstreichen der Wichtigkeit, dass früh in der beruflichen Karriere an die Vorsorge gedacht und in die 3. Säule investiert wird. Das gilt prinzipiell für Mann und Frau. Aufgrund der geringeren Reserven und der höheren Lebenserwartung aber besonders fürs weibliche Geschlecht.
● Bei Frauen wichtiger als bei Männern ist, dass sie clever entlang ihres «Lifecycles» investieren – besonders, wenn sie auch Mütter sind und/oder werden. So sollte beispielsweise auch in den Jahren, in denen die Familie viel Zeit beansprucht und ein Arbeitspensum vielleicht zeitweise reduziert ist, die Vorsorge nicht komplett ausser Acht gelassen werden.
Die letzten Jahre und Jahrzehnte zeigen: Die Zahlen verbessern sich. Aber schmerzhaft langsam. Die Zahl der Fund Manager in den USA, die eingangs erwähnt wurde, lag einst bei 10 Prozent. Die Steigerung auf 11 Prozent kann also nicht wirklich als Erfolg verbucht werden. Es ist ein Wandel gefragt, welchen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger wie Staat, Firmen, Forschung und diverse Organisationen vorantreiben wollen und müssen. Sie sind gefordert, damit sich auch Frauen stärker mit ihren Finanzen beschäftigen. Umsetzen muss dies jedoch jede Frau für sich selbst.