Lieber Michael Lauber
Auch Ganoven lesen Zeitungen. Und haben von Ihrer Vergesslichkeit erfahren. Das Risiko ist also gross, dass ab sofort Geldwäscher, Spione oder Aushilfs-Imame unter Terrorismusverdacht bei der Einvernahme durch die Bundespolizei auf die Frage «Was haben Sie am 16. Juni 2017 gemacht?» nur kurz lächeln und sagen: Daran kann ich mich mit dem besten Willen nicht erinnern. Verstehen Sie?»
Schliesslich darf selbst der oberste Verbrecherjäger Treffen mit wichtigen Leuten einfach vergessen. Und finden, man könne ihm deswegen keinen Vorwurf machen.
Vergessen ist ja ansteckend wie die Grippe. Und niemand ist dagegen geimpft: Auch Ihr Sprecher André Marty, der neue Fifa-Präsident Gianni Infantino und der Vermittler des dritten Stelldicheins zwischen Ihnen und Infantino, der Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold (ein Freund Infantinos), können sich partout nicht daran erinnern, so etwas überhaupt je abgemacht, geschweige denn durchgeführt zu haben.
Obschon das geheime Rendez-vous im Berner «Schweizerhof» inzwischen durch einen entsprechenden SMS-Verkehr bestätigt wurde: «Hallo André, Giannis Zug hat Verspätung.» Etc.
Normalerweise hätte sich mindestens einer der vier erinnern müssen. Aber eben, offenbar gibt es so etwas wie bandenmässiges Vergessen. Das in Kreisen beliebt ist, wo Schweigen oberstes Gebot ist.
Was Sie betrifft, so sind Sie zwar stark im Vergessen, aber weniger im Schweigen: War es wirklich opportun, beleidigt und emotionell aufgewühlt Ihre Aufsichtsbehörde anzugreifen, nur weil die ihren Job gemacht hat, nämlich Sie zu beaufsichtigen? Es wird eng für Sie.
Mit freundlichen Grüssen