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Peter Rothenbühler schreibt Andreas Meyer

«Sie haben Signale, die auf Rot standen, übersehen»

Peter Rothenbühler schreibt jede Woche Persönlichkeiten, die aufgefallen sind. Dieses Mal SBB-Chef Andreas Meyer, der heute Mittwoch seinen Rücktritt verkündet hat.

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Andreas Meyer, CEO SBB verlaesst das Podium am Ende einer Medienkonferenz, am Mittwoch, 4. September 2019 in Bern. Andreas Meyer kuendigte seinen Ruecktritt an. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Genug ist genug. Nach 13 Jahren bei den SBB sagt deren Chef Andreas Meyer. 58, Adieu.

Keystone

Der Patron zahlt eine letzte Runde und sagt Tschüss. 800 Franken oder zwei Ferientage für jeden Mitarbeiter. Ob diese Geste mit der Spritzkanne das Personal mit Ihnen versöhnen kann, bleibt fraglich. Während Ihrer Amtszeit von 13 Jahren als SBB-Boss sind Ihnen die Bähnler irgendwie fremd geblieben. Es fehlte Ihnen, was Ihren Vorgänger Benedikt Weibel überall so beliebt machte: die Nähe, der SBB-Stallgeruch, die kleinen menschlichen Gesten.

Nie hätte Weibel ein «wichtiges» Geschäft vorgeschoben, um nicht persönlich an die Beerdigung des Mitarbeiters zu gehen, der wegen einer defekten Waggontür sein Leben lassen musste. Der tragische Unfall hat die ganze Schweiz aufgewühlt, Sie sandten einen Stellvertreter ... 

«Nach zwölf Jahren hätten Sie sich mit Tambour und Trompeten verabschieden können»

Man kann heute sagen, 13 Jahre an der Spitze des hochkomplexen Unternehmens SBB sind einfach genug. Nach zwölf Jahren hätten Sie sich mit Tambour und Trompeten verabschieden können. Jetzt muss man sagen, dass Sie gewisse Signale, die auf Rot standen, einfach übersehen haben, eine grosse Sünde im Bahnwesen: der zu hohe Lohn (1 Million), die ständigen Pannen und unschweizerischen Verspätungen, das defekte Material, die immer lauter werdende Kritik an Ihrem Führungsstil etc. Langsam, aber sicher bröckelte da ein helvetisches Monument. Und der Chef beruhigte das Volk im kalten Technokratenton, der je länger, je weniger ankam.

Nun kann man sagen, dass Sie auf dem Altar des rasanten Wandels im Verkehrswesen mit seinen unvermeidlichen Pannen geopfert werden. Von der neuen Verkehrsministerin, die Ihnen nicht grün ist, vom Parlament, von den Mitarbeitern und vom Zahn der Zeit. Doch wer eine Million verdient im Jahr, weiss, dass er früher oder später alles auf seine Kappe nehmen muss und dass man ihm dann keine Geschenke mehr machen wird. Da sind Sie angekommen. Gute Fahrt bei Ihrem nächsten Job!

Mit freundlichen Grüssen

Von Peter Rothenbühler am 4. September 2019 - 17:45 Uhr