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Der ganz normale Wahnsinn

Respekt vorleben, nicht einprügeln!

Die Uno fordert für die Schweiz ein Ohrfeigen-Verbot für Kinder. Das offenbar zu Recht: Eine Untersuchung hat gezeigt, dass jedes zweite Kind in unserem Land regelmässig körperlich bestraft wird. Sandra C. ist schockiert, denn die Familienbloggerin findet: Kinder dürfen nicht geschlagen werden! Nie! Unter keinen Umständen! Und unter «schlagen» versteht sie auch einen Klaps auf den Po oder die Hand.

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Familienblog Sandra C: Ohrfeigen sind ein No-Go

Auch ein Klaps auf den Po ist schon zu viel, findet Familienbloggerin Sandra C.

Getty Images

Eine Ohrfeige nütze im Ausnahmefall erzieherisch mehr als fünf Psychologen, sagt SVP-Nationalrat Hans Fehr im «20 Minuten». Und seine Tochter Nina Düsel-Fehr doppelt nach: «In einem gewissen Alter wollen Kinder herausfinden, wie weit sie gehen können. Hier müssen Eltern Grenzen setzen.» Mit Verlaub, Herr Fehr, aber kennen Sie tatsächlich jemanden, der zum Psychologen ging, weil er als Kind NICHT geschlagen wurde? Und mit Verlaub, Frau Düsel-Fehr, Grenzen setzen hat etwas mit Stärke zu tun - und Schlagen ist immer ein Zeichen von Schwäche.

Noch mehr geschockt als der Artikel hat mich die Umfrage auf 20Minuten.ch. Der Grundtenor: «Hie und da ein Klaps schadet nichts. So lernen die Kinder Respekt.» Das kann doch nicht euer Ernst sein! Ihr glaubt wirklich, Schläge verschaffen Respekt? Ein Kind, das geschlagen wird - und ich wiederhole: sei es auch nur durch einen Klaps auf die Finger - erfährt die ultimativste Respektlosigkeit überhaupt! Und das von den eigenen Eltern, den Personen, die es eigentlich bedingungslos lieben und beschützen sollten. Wer Kindern Respekt beibringen will, muss ihn ihnen vorleben, nicht einprügeln.

Ich kann mit gutem Gewissen sagen: Ich habe meine Kinder noch nie geschlagen. Mir ist auch noch nie die Hand ausgerutscht - ich würde mir das selbst niemals verzeihen. Ich gebe zu, ich bin vermutlich nicht gerade das Mass aller Dinge, was Kindererziehung angeht. Ich weiss oft nicht, wie ich auf gewisse Dinge reagieren soll, wie mit dem vorpubertären Gehabe meiner Tochter umgehen oder mit der täglichen Hausaufgaben-Verweigerung meines Sohnes. Und ziemlich sicher habt ihr mittlerweile auch mitgekriegt, dass mein Jüngerer alles andere als ein einfaches Kind ist. Er, der sich als Kleinkind täglich über den Spielplatz prügelte, und sich auch heute noch ab und an dermassen provozieren lässt, dass er dreinschlägt. Und ich, die ich seit Jahren gebetsmühlenartig wiederhole, dass Schlagen keine Lösung ist (ausser man wird angegriffen und muss sich wehren). In dem Moment, in dem ich auch nur einmal meine Hand gegen ihn erhebe, werde ich unglaubwürdig. Das weiss ich mit Sicherheit - auch wenn ich sonst vielleicht nicht besonders viel weiss.

Laut Strafgesetzbuch sind «wiederholte Tätlichkeiten» an Kindern ein Offizialdelikt und müssen von Amtes wegen verfolgt werden. Das heisst, seine Kinder zu prügeln ist erst dann illegal, wenn es häufiger vorkommt. Ich finde jeden Schlag, jeden Klaps, jeden Tritt, den ein Kind einstecken muss, einer zu viel. Gerade Eltern, die damit ihren Kindern Grenzen setzen wollen, sollen sich mal überlegen, dass sie mit körperlichen Strafen eine Grenze überschreiten. Und wer einmal eine Grenze überschreitet, hat beim zweiten Mal keine so grossen Hemmungen mehr, davon bin ich überzeugt. Ich bin zwar nicht sicher, ob ein offizielles Ohrfeigen-Verbot tatsächlich etwas bringen würde. Aber es wäre schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

am 27. März 2014 - 15:15 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:33 Uhr