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Der ganz normale Wahnsinn

Der seltsame Humor der Generation Z

Eine aktuelle Studie der Universität Bremen attestiert der Generation Z «einen ganz neuen Humor-Typen». Unsere Familienbloggerin kann dies nur bestätigen. Aber Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Lustig oder nicht? Bei gewissem Tiktok-Humor steht unserer Familienbloggerin total am Berg.

Lucia Hunziker

Letzthin komme ich nach Hause, und Kind 2 schlurft an mir vorbei in die Küche. Das ist nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist, dass es die Kapuze seines Pullis über den Kopf gezogen, und ein Handyladekabel drum gebunden hat. Ich starre das Kind an, das Kind starrt zurück und bricht in schallendes Gelächter aus. Ich habe bis heute nicht herausgefunden, was genau so lustig an dem Ganzen sein soll.

93 Millionen Klicks für Wassertropfen auf dem Handy

Nun, dieses Episödchen bestätigt eine aktuelle Studie der Universität Bremen, welcher der Generation Z «einen ganz neuen Humor-Typen» attestiert. Das zeigt nicht nur ein Blick auf Kind 2, sondern auch einer auf Tiktok. Zu den erfolgreichsten Posts der letzten Zeit gehört dort ein Clip des Zürchers Issa Berro: Der 16-Jährige spritzt beim Händewaschen einige Wassertröpfchen auf sein Handy, das neben ihm liegt, worauf sich dieses selbstständig macht, wahllos Nachrichten verschickt oder Followeranfragen auf Social Media löscht. «Mein Leben ist zerstört», schreibt er dazu. Über 93 Millionen Mal wurde das Filmchen angeschaut, und mit Aussagen wir «Hahahaha, ich kann nicht mehr», oder «Wie geil ist das bitte» kommentiert.

Auch seine anderen Clips – zum Beispiel einer, bei dem er sich auf die Couch fläzt, den TV-Bildschirm anstellt, und einschläft – generiert tausende virtuelle Lacher. Ich steh am Berg. Warum genau ist das lustig?

«Stimmt doch nicht. Du räumst nie mein Zimmer auf. Und dass die Katze den Nachbarn gehört, weisst du doch.» – «Nicht ich. Es ist ein witziger Tweet.» – «Das isch nöd mal luschtig.»

Auf der anderen Seite ist «Das isch nöd mal luschtig» die häufigste Reaktion, wenn ich Kind 2 etwas zeige, das ich für witzig halte. Gut, ich kanns ihm nicht immer verübeln. Schliesslich ist folgender Tweet einer Teenie-Mutter, den ich zum Schreien komisch finde, einfach unser Alltag: «Ich habe das Zimmer meines Teenagers aufgeräumt und acht Teller, 21 Gabeln, eine Fernbedienung, acht Lippenpflegestifte und ein Wegwerfhandy gefunden. Ach, und offenbar haben wir eine Katze.»

Ich lese dem Kind den Tweet grinsend vor. Das Kind starrt mich entgeistert an. «Stimmt doch nicht. Du räumst nie mein Zimmer auf. Und dass die Katze den Nachbarn gehört, weisst du doch.» – «Nicht ich. Es ist ein witziger Tweet.» – «Das isch nöd mal luschtig.» Hm. Was an einem Handyladekabel um den Kopf witziger sein soll als an diesem Eltern-Tweet, entzieht sich meiner Kenntnis. Das Kind kanns mir auch nicht erklären. Weil mans nicht erklären muss. Weils so offensichtlich ist, Alter!

Natürlich gibts auch Dinge, über die wie gemeinsam Tränen lachen können. Zum Beispiel über lustige Kleinanzeigen («Suche Praktikum als Bagger») oder all die Texte, die so wunderbar durch den Google-Übersetzer gingen («Ich werde mit dem Auto in dein Haus hinein fahren und bitte darum, mit dem Schrank verheiratet zu sein» – man kann sich weder den Originaltext, noch die -sprache vorstellen).

Aber auch da geht unser Humor ziemlich schnell mal auseinander. Aber jetzt mal ehrlich, wie kann man es nicht lustig finden, wenn jemand ein Meerschweinchen als «veganen Designer-Minihund» für 1500 Euro versucht zu verkaufen? Kind 2 hat Mitleid mit dem Tierchen. Naja, immerhin hat es eine Menge Empathie. Das macht seinen seltsamen Handykabel-Humor mehr als wett.

Von SC am 11. Februar 2023 - 17:56 Uhr