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Der ganz normale Wahnsinn

Die Generation Z tickt total anders als wir

Derzeit gibt eine Umfrage unter Studentinnen zu reden, welche suggeriert, dass diese keine Karriere machen möchten, sondern lieber eine Familie und einen gut verdienenden Mann hätten. Die Politik von rechts («Frauenförderung bringt nichts!») bis links («total falsch interpretiert!») schreit auf. Was dabei vergessen geht, sagt unsere Familienbloggerin: Bei den «Versuchskaninchen» handelt es sich um eine andere Spezies als bei denen, welche umfragen und interpretieren.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Die Generation Z ist die erste Generation der echten Digital Natives, also Menschen, welche bereits mit der Digitalität aufgewachsen sind. Das verändert alles, sagt unsere Familienbloggerin.

Lucia Hunziker

Da macht man eine Umfrage unter Studentinnen. Von denen sagen ziemlich viele, ihre Priorität liege grad nicht bei der Karriere. Was machen unsere Babyboomer- und Generation-X-Hirne draus? «Junge Frauen wollen gar keine Karriere machen, sie möchten lieber einen reichen Mann», schreiben Medien. Und schon geht die Diskussion um Frauenförderung wieder los.

Was wir nicht bedenken, liebe Leute, ist, dass wir es hier mit einer Generation zu tun haben, die diametral anders tickt als jede Generation vor ihr. Und dass wir unsere Massstäbe nicht auf diese anwenden können. Wenn eine Studentin heute sagt «Ich möchte nicht Karriere machen» (was sie vermutlich gar nicht so gesagt hat), dann meint sie «Ich möchte für mich im Moment nicht das, was ihr euch unter Karriere vorstellt, und nicht unter den Bedingungen, die heute dafür herrschen.» Und mal ehrlich: Wenn ich auf einem Fragebogen ankreuzen müsste, ob es mir wichtig ist, dass mein Partner erfolgreich ist, würde ich auch nicht «Nein, ich hätte gern einen Loser, den ich aushalten darf» ankreuzen.

Aber was macht sie denn nun so anders, diese Generation Z? Nun, ich bin weder Forscherin noch Expertin, aber angesichts der Tatsache, dass ich mit je einer Vertreterin und einem Vertreter der Spezies zusammenlebe, finde ich, bin ich doch beides ein bisschen. Schliesslich betreibe ich sozusagen täglich Feldforschung.

Also, diese besonderen Tierchen sind die erste Generation von echten Digital Natives. Und das, meine Damen und Herren, ist revolutionär, denn es beeinflusst jeden Bereich ihres Lebens. Dank Netlix, TikTok und Co. sind diese jungen Menschen sich gewohnt, dass in ihrer Freizeit alles auf sie zugeschnitten ist. Das wünschen sie sich auch für anderes, nicht zuletzt im Job. Uns mag das anmassend und unrealistisch erscheinen, aber für sie bedeutet es erstens, dass man sich auf ihre Stärken konzentriert, und nicht (wie das in der Schule noch immer der Fall ist) vor allem versucht, ihre Schwächen auszumerzen. Und zweitens, dass sie als Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden. Ein Alltag, in dem sie acht Stunden pro Tag gedankenlos Regeln befolgen müssen, weil die halt nun mal gelten, ist für die Gen-Z-ler die totale Horrorvorstellung.

«Dass die Gen-Z zuweilen echt überfordert ist mit ihrem Leben, liegt zu einem guten Teil daran, dass sie sich in einer Welt beweisen müssen, die ganz anders tickt als sie selbst.»

Wir Boomer und X-ler tun unsere Kinder und Enkel auch gern als «maximal unverbindlich» ab. In meinen Augen ist das nicht richtig. Sie sind maximal flexibel. Weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Weil die Welt sich gerade so schnell ändert, dass sie nicht anders können, als sich jeweils mindestens noch eine andere Option offen zu halten. Im Übrigen nehme zumindest ich sie als maximal zuverlässig wahr. Dies, weil sie sich ständige (Online-)Präsenz, Erreichbarkeit und sofortiges Feedback gewohnt sind. A propos online: Für die Kids schliesst dies die analoge Welt nicht aus, sondern ergänzt sie.

Dass die Gen-Z zuweilen echt überfordert ist mit ihrem Leben, liegt zu einem guten Teil daran, dass sie sich in einer Welt beweisen müssen, die ganz anders tickt als sie selbst. Wir sollten ihr mal richtig zuhören, statt unsinnige Umfragen durchzuführen und diese noch unsinniger zu interpretieren.

am 20. Mai 2023 - 15:17 Uhr