1. Home
  2. Blogs
  3. Der ganz normale Wahnsinn
  4. Immer diese Papa-Show!

Der ganz normale Wahnsinn

Immer diese Papa-Show!

Auch junge Väter versuchen je länger je mehr, Beruf und Familie zu vereinen, und wollen von Anfang an Zeit mit ihren Kindern verbringen. Super so, findet unsere Familienbloggerin. Aber hört auf, so einen Zirkus darum zu veranstalten. Wir Mütter tun das schliesslich seit Jahren.

Artikel teilen

Vaterschaftsurlaub Vater Baby

Natürlich ist es super, dass sich auch Väter vermehrt um ihre Kinder kümmern – aber man muss das nicht zelebrieren, als wärs eine Riesenshow, findet unsere Familienbloggerin. 

Getty Images

Kürzlich, auf dem Weg zu einem Geschäfts-Termin, und entprechend gekleidet, will ich Halt machen beim Coffeeshop meines Vertauens. Business-Frau braucht schliesslich ihren Cappuccino to go bevor sie in den unglaublich geschäftigen Tag starten kann. Auf dem einzig freien Parkplatz steht –mittendrin – ein Kinderwagen. Einer dieser modernen, bei denen ich mich immer frage, ob die noch irgendwie integrierte Kaffeemaschinen haben oder so. Was in diesem Fall wenig Sinn machen würde, sonst müsste der dazugehörige Hipster-Papa mit seinen Hipster-Papa-Kumpels nicht vor einem Coffeeshop abhängen.

«Keine Ahnung von Kindern».

Nun, wer morgens schon mal versucht hat, zwei übel gelaunte Teenager rechtzeitig aus dem Haus zu kriegen und sich selbst halbwegs vorzeigbar hinzubekommen, weiss, dass die eigene Laune beim Verlassen des Hauses eher in Richtung Gefrierpunkt steuert. Erst recht, wenn man noch kein Koffein intus hat. Ich hupe ungeduldig. Der Typ, Man-Bun auf dem Kopf, so enge Jeans am Hintern, dass ich mehr sehe, als mir um diese Zeit lieb ist, und lässig ein Baby übern rechten Arm gehängt, schlendert betont langsam auf den Parkplatz und stellt sein Super-Kinderwagen-Gefährt zur Seite. Ich habe weder Lust auf noch Zeit für «Beef», wie meine Teenies sagen würden, deshalb schau ich ihn auf dem Weg zum erlösenden Cappuccino nur böse an. Und er? Murmelt mit triumphierendem Blick zu den anderen Super-Papas etwas von «Karrieretussi» und «keine Ahnung von Kindern».

«Ich frage ich mich, warum ich mich jetzt so aufgeregt habe über diese Typen. Vermutlich ists dieses betont lässige Super-Papa-Getue.»

Nun haben diese Masken, die gerade unseren Alltag bestimmen, ja auch etwas Gutes. Meine hält mich davon ab, mich beim Betreten des Cafés umzudrehen und ihm ein herzhaftes «ich hab schon Kinder grossgezogen, als du noch zur Schule gingst» entgegenzuschleudern. Stattdessen gehe ich auf dem Weg zurück zum Auto mit erhobenem Kopf an ihm vorbei, und hoffe, dass ihm sein Kind, das er da so lässig auf dem Arm balanciert, demnächst auf die hippen Sneaker kotzt.

Offenbar noch keine Selbstverständlichkeit

Als ich weggefahren bin, frage ich mich, warum ich mich jetzt so aufgeregt habe über diese Typen. An Kinderwagen und Koffein-Mangel allein kanns ja nicht liegen. Vermutlich ists dieses betont lässige Super-Papa-Getue. Dieses «schaut her, ich verbringe voll ungangestrengt Zeit mit meinem Kind, und sehe dabei auch noch besser aus als alle anderen.» Man verstehe mich nicht falsch, es ist toll, dass heutige Väter sich mehr um ihre Kinder kümmern als noch vor zehn Jahren. Trotzdem scheint es keine Selbstverständlichkeit zu sein. Sonst müsste man nicht so eine Show draus machen.

«Ein Cluster junger, betont lässiger Mütter, welche offensichtlich zeigen müssen, wie gut sie dieses Mama-Ding hinkriegen, ist mir noch nie begegnet.»

Ich habe sie nämlich nicht zum ersten Mal beobachtet, diese Super-Papa-Show. Sie begegnet mir immer wieder. Ein Cluster junger, betont lässiger Mütter, welche offensichtlich zeigen müssen, wie gut sie dieses Mama-Ding hinkriegen, ist mir hingegen noch nie begegnet. Also, liebe Väter – verlegt eure Schwanzvergleiche doch wieder ins Büro. Vor dem Coffeeshop sind sie nicht nötig. Und wenn wir schon dabei sind: mit gewissen Jeans-Modellen tut ihr euch und eurer Umwelt echt keinen Gefallen.

Mehr von Familien-Bloggerin Sandra C. lest ihr hier.

Familienbloggerin Sandra C.
Sandra CasaliniMehr erfahren
Von Sandra Casalini am 21. November 2020 - 07:09 Uhr