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Der ganz normale Wahnsinn

Warum ich den Muttertag nicht mag

Unsere Familienbloggerin ist kein grosser Fan des Muttertages. Nicht wegen des Rituals an und für sich, sondern weil sie mit der Botschaft dahinter Mühe hat. «Ich finde nicht, dass meine Kinder mir zu Dank verpflichtet sind», sagt sie.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Frühstück ans Bett am Muttertag? Muss nicht sein, findet unsere Familienbloggerin. 

Lucia Hunziker

Es ist nicht so, dass ich mich nicht über Blumen und Geschenke freuen würde. Oder darüber, dass die Kinder mal den Zmorge machen. Es ist nicht so, dass ich den Blumenverkäufern ihren Zusatzverdienst nicht gönnen würde – gerade in der jetzigen Zeit. Und es ist auch nicht so, dass ich in der Vergangenheit die Bemühungen von Krippe, Kindergarten und Schule nicht geschätzt hätte, mit meinen Kindern irgendwelche Staubfänger anzufertigen. 

Die Botschaft ist falsch

Trotzdem mag ich den Muttertag nicht. Weil die Botschaft, die er vermittelt, gegen alles steht, woran ich in der Kindererziehung glaube. Nicht, weil «man seiner Mutter nicht nur an einem einzigen Tag danke sagen sollte, sondern jeden Tag», wie Möchtegern-Philosophen so gern verbreiten. Sondern weil das pure Gegenteil der Fall ist.

«Es ist meine Pflicht, für meine Kinder da zu sein, für sie zu sorgen, an ihrem Leben teilzuhaben. Warum sollte ich dafür Blumen bekommen?»

Ich finde nämlich, meine Kinder sind mir gar nicht zu Dank verpflichtet. Warum auch? Ich habe mich für sie entschieden, nicht umgekehrt. Mit dem Entscheid, sie zur Welt zu bringen, bin ich eine Verpflichtung eingegangen. Es ist meine Pflicht, für meine Kinder da zu sein, für sie zu sorgen, an ihrem Leben teilzuhaben. Warum sollte ich dafür Blumen bekommen?

Die wichtigste Lektion im Leben

Was mich aber am allermeisten stört an diesem «Wir sagen Mama Danke»-Ding: es vermittelt, dass man Mutterliebe mit Dankbarkeit begegnen muss. Wenn es eine einzige Lektion gibt, die ich meinen Kindern beibringen möchte, dann ist es die: 

Liebe muss gar nichts. Liebe verlangt nichts. Liebe stellt keine Bedingungen. Das heisst nicht, dass ich jeden Blödsinn, den ihr anstellt, toll finde, oder dass euer Verhalten keine Konsequenzen hat. Aber egal, welche Leistungen ihr vollbringt, was für Noten ihr schreibt, wie oft ihr auf die Schnauze fallt oder was für Shit ihr erzählt (oder raucht). Ich werde nicht alles gutheissen. Und vermutlich werde ich nicht immer alles verstehen. Aber meine Liebe zu euch wird niemals davon abhängen, was ihr leistet, denkt oder sagt – oder eben nicht. Sie wird bis zu meinem letzten Atemzug bedingungslos sein.

«Meine Liebe zu euch wird niemals davon abhängen, was ihr leistet, denkt oder sagt – oder eben nicht. Sie wird bis zu meinem letzten Atemzug bedingungslos sein.»

Liebe und Beziehung ist nicht das gleiche

Wir verwechseln Liebe oft mit einer Beziehung. Letztere basiert auf Kompromissen. Das gilt auch für unsere. Es kann nicht sein, dass immer nur das passiert, was für euch stimmt. Ich bin in dieser Beziehung genauso viel wert wie ihr. Und da ich für euch verantwortlich bin, muss ich manchmal Konsequenzen ziehen (und noch viel öfter damit drohen...). Wenn ihr wisst, dass diese Konsequenzen nicht heissen, dass ich euch weniger gern hab, habe ich ziemlich viel richtig gemacht.

«Wenn euch jemand das Gefühl gibt, ihr müsstet dankbar für seine oder ihre Liebe sein - oder noch schlimmer: ihr seid ihnen irgend etwas dafür schuldig - dann ist diese Liebe nicht viel wert.»

Gerade jetzt, wo ihr in einem Alter seid, in dem ihr anfangt, Liebe bei anderen Leuten als bei euren Eltern zu suchen, denkt daran: Wenn euch jemand das Gefühl gibt, ihr müsstet dankbar für seine oder ihre Liebe sein – oder noch schlimmer: ihr seid ihnen irgendetwas dafür schuldig – dann ist diese Liebe nicht viel Wert. Auch wenn Dankbarkeit etwas Gutes ist, und man sie ruhig hin und wieder zeigen darf – im Übrigen auch seinen Kindern. Eure Mutter zu sein, ist das grösste Privileg meines Lebens. Und es gibt nichts, wofür ich dankbarer bin.

Mehr von Familien-Bloggerin Sandra C. lest ihr hier.

 

 

Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 9. Mai 2020 - 17:09 Uhr