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Der ganz normale Wahnsinn

Notfall!

Die Kinder von Sandra C. scheinen ein untrügliches Gespür dafür zu haben, sich in den Ferien oder an Feiertagen irgendwelche Verletzungen zuzuziehen. So kennt die Familienbloggerin mittlerweile nicht nur die Notfallstation des Kinderspitals recht gut, sondern auch diverse andere - inklusive die eines türkischen Spitals, welche eine recht gruselige Angelegenheit war.

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Etwas vom Wichtigsten für werdende Eltern ist ja der vorgeburtliche Gang ins Spital: Kreisssaal, Operationssaal, falls es zu einem Kaiserschnitt kommt, Säuglingsstation. Man will schliesslich wissen, was auf einen zukommt. Dabei geht die Station ganz vergessen, auf der man im Laufe der Kindheit seines Nachwuchses vermutlich sehr viel mehr Zeit verbringen wird, als in den oben genannten: der Notfall! Klar ist es beruhigend, wenn man ungefähr weiss, wie der Raum, in dem man sein Kind gebären wird, aussieht. Aber mal im Ernst: Zu dem Zeitpunkt, als ich mit Wehen ins Krankenhaus kam, waren die schon so stark, dass es mir völlig wurscht gewesen wäre, hätte dieses Baby in der Cafeteria oder direkt am Empfang das Licht der Welt erblickt. Und beim Kaiserschnitt starrt man eh nur an die Decke im OP.

Wie dem auch sei: Im Gebärsaal verbringt man normalerweise ein paar Stunden, auf der Säuglingsstation ein paar Tage. Im Notfall landet man hingegen immer wieder mal, und immer im ungüstigsten Moment. Und wer Pech hat, verbringt da auch recht viel Zeit. Auch wenn ich sagen muss, dass ich diese Sommerferien noch glimpflich davonkam. Meine Tochter ist barfuss in irgendwas reingetrampt, und als dieser Fuss immer mehr anschwoll, tauschte ich meinen Liegestuhl am Pool schweren Herzens gegen den Warteraum der Notfallstation im Spital Locarno (der wenigstens schön kühl war, denn ja, draussen herrschte perfektes Sommerferienwetter!). Unser Glück war, dass vor uns nur ein kleiner Patient an der Reihe war. Unser Pech war, dass das Kleinkind schrie wie am Spiess. Meine Grosse war plötzlich auch wieder ziemlich klein in ihrem Stuhl und wurde ganz bleich: «Mami, ehrlich, es tut schon nicht mehr so fest weh. Können wir wieder gehen?» (Oh je, ich weiss ziemlich genau, wie sich das anfühlt. In meinem Fall schrie die Frau im Gebärsaal neben mir wie am Spiess - als ich noch dachte, schlimmer kanns nicht werden...) Jedenfalls hatten wir, wie gesagt, Glück im Unglück: Das Ganze sah schlimmer aus, als es schlussendlich war, und zwei Tage später sprang meine grosse Kleine wieder herum wie ein junges Reh.

Ich kann also jedem, der einen Notfall hat, das Spital Locarno nur empfehlen. Im Kinderspital Zürich wartet man nämlich etwa fünf Mal so lang. Ausser das Kind kotzt Blut auf den Boden, dann kommt man sofort dran (beim Kinderarzt reicht auch normale Kotze auf den Boden des Wartezimmers - ich hab noch nie so viele freundliche, mitleidige Leute gesehen, die uns vorgelassen haben). Ich neige ja sonst eher nicht zu Panik, aber ich muss gestehen: Da war ich nah am Nervenzusammenbruch. Ein Kind, das Blut bricht, ist ein ziemlich übler Anblick. Gott sei Dank wars auch da schlimmer, als es aussah: Mein Sohn hatte sich beim Schlucken von irgendetwas die Speiseröhre aufgekratzt, das Blut kam von dort.

Dies war übrigens der einzige Notfall, an den ich mich erinnern kann, der nicht in den Ferien oder an einem Feiertag passierte. Meine Tochter suchte sich das letzte Mal dafür den Karfreitag aus, als wir eigentlich in die Berge fahren wollten. Verdacht auf Blinddarmentzündung. War dann nur eine kleine Reizung. Nun ja, der recht ansehnliche junge Arzt machte das stundenlange Warten fast wieder wett... Noch besser traf es mein Sohn: Silvester. Die Koffer für die geplante Sause mit Freunden in den Bergen bereits gepackt. Tja, wer hätte gedacht, dass man sich die Antenne eines ferngesteuerten Autos in den Zeigefinger stossen kann! Warten, Vollnarkose, Operation, Aufwachraum. Happy New Year!

Am allerbesten traf es meine Tochter in den Ferien in der Südtürkei. Am zweiten (!) Ferientag knackste sie sich beim Fussballspielen (!) eine Speiche an der Innenseite des Ellenbogens an. Zu unserem Besuch in dem türkischen Spital muss ich zuerst Folgendes sagen: Personal und Ärzte waren extrem freundlich und sprachen sehr gut deutsch, und die Behandlung war schlussendlich (den Umständen entsprechend) sehr professionell. Nun, nach einer halben Ewigkeit Wartezeit wurden wir zu einem Arzt geleitet. Türen gab es in dieser Klinik irgendwie sehr wenige, nur Vorhänge, und niemand schien viel davon zu halten, diese zuzuziehen. So sass ich mit meiner damals achtjährigen Tochter auf einem Stuhl irgendwo zwischen Gang und Arztpraxis, mit freiem Blick auf einen Fuss, an dem gerade rumgeschnippelt wurde, während das Blut auf den Boden tropfte, und hielt ihr während des Gesprächs mit dem Arzt die Augen zu. Der Röntgenapparat, zu dem wir anschliessend zitiert wurden, stammte wohl aus irgendwelchen Kriegszeiten, auf jeden Fall mussten wir vor dem Betreten des Röntgenraumes beide Ganzkörper-Strahlenschutzanzüge anziehen! Lange Rede, kurzer Sinn: Der Arm wurde zurechtgerückt und gegipst, und beim Zurückverlangen unserer Pässe, die wir vorher abgeben mussten, gabs 500 Euro bar auf den Tisch. Also, von uns ans Spital, nicht umgekehrt. Was man aber auch sagen muss: Die Krankenkasse hat anstandslos jeden Rappen gezahlt. Nur den Rest der Badeferien mit dem Arm im Gips zu verbringen, war für meine Tochter nicht so toll. Dafür kann ich immer wieder mal mit meiner «Besuch im türkischen Lazarett»Anekdote auftrumpfen. Und das ist ja auch nicht ohne.

am 20. August 2015 - 12:53 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:30 Uhr