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Der ganz normale Wahnsinn

Wie geht religiöse Erziehung, wenn man nicht weiss, ob man an Gott glaubt?

Ostern ist einer der wenigen Festtage, an denen unsere Familienbloggerin in die Kirche geht. Die religiöse Erziehung ihrer Kinder war für sie als nur-sehr-bedingt-Gläubige immer eine Herausforderung. Heute haben beide den Weg gefunden, der für sie passt.

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Sandra Casalini, bei sich zu Hause in Thalwil, mit ihren Kindern Gian und Joya, am 04.12.2018, Foto Lucian Hunziker

Sohn und Tochter unserer Familienbloggerin haben einen unterschiedlichen Zugang zur Kirche. Für Sandra C. sind beide okay. Für das eine Kind würde sich allerdings ab und zu ein bisschen mehr Logik wünschen. 

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Ostern. Der höchste Feiertag im Kirchenjahr. Eine der - ich gebe es zu - wenigen Gelegenheiten, an denen ich in die Kirche gehe. Und ich tue dies nur - auch das gebe ich zu - weil mein Kind 1 sich entschlossen hat, den ganzen Weg bis zur Firmung (welche nächstes Jahr sein wird) in und mit der katholischen Kirche zu gehen. Ich sehe es als meine Pflicht, es dabei ein Stück weit zu begleiten.

Sie sollen selbst entscheiden, was sie glauben möchten

Zum einen deshalb, weil sein Vater und ich uns entschlossen haben, unsere Kinder bereits als Babys taufen zu lassen, also in einem Alter, in dem sie dies nicht selbst bestimmen konnten. Zum anderen, weil ich all das, was sie im Religionsunterricht mitbekommen, nicht ungefiltert in ihre Köpfe lassen will. Sie sollen selbst denken. Sie sollen selbst entscheiden, woran sie glauben wollen. Und sie sollen Glauben und Kirche immer wieder hinterfragen und für sich selbst bestimmen, ob beides einen Platz in ihrem Leben haben soll. Sie können sich nicht für oder gegen etwas entscheiden, das sie nie kennen gelernt haben. Deshalb haben wir sie taufen lassen und zum Religionsunterricht angemeldet.  

«Glaube heisst deshalb Glaube, weil es eben ein Glauben ist und nicht ein Wissen.»

Ich will ehrlich sein: Ich weiss nicht, ob ich an Gott glaube. Ich finde es auch nicht wichtig, ober sie, er oder es existiert. Genauso unwichtig finde ich, ob in der Bibel Dinge niedergeschrieben sind, die wirklich passiert sind. Viel wichtiger finde ich die Botschaften der einzelnen Geschichten: Sei grosszügig. Vergib - dir selbst und anderen - und bitte um Entschuldigung. Halte jemandem die Hand hin, wenn sie gebraucht wird - oder auch mal den Kopf für jemanden, wenns wirklich wichtig ist. Und vor allem: Sei nett. Vielleicht nicht immer, aber wann immer es möglich ist.

Es gibt kein Richtig oder Falsch

Ich fand als nur-sehr-bedingt-Gläubige die religiöse Erziehung meiner Kinder immer ein bisschen eine Gratwanderung. Da waren auf der einen Seite die fixen Behauptungen, welche die Kinder im Religionsunterricht hörten, auf der anderen eine Mutter, welche diese immer wieder in Frage stellte. Aber genau das macht Religion aus. Glaube heisst deshalb Glaube weil es eben ein Glauben ist und nicht ein Wissen. Wenn es mir gelungen ist, dass meine Kinder dies begreifen, wenn sie verstehen, dass es kein Richtig und kein Falsch gibt, was den Glauben anbelangt, haben sie alles gelernt, was ich in dieser Hinsicht für wichtig halte.

 

«Oh! Mein! Gott! Wenn ich ab sofort bedingungslos an dich glaube - krieg ich im Gegenzug ein bisschen Logik für mein Kind?»

Kind 1 hat sich entschieden, dass ihm diese Reise in dieser Kirche etwas gibt und es jene noch etwas weiter gehen möchte. Kind 2 hat  nach der Erstkommunion aufgehört. Beides ist okay. Allerdings frage ich mich manchmal schon, was diese drei Jahre Religionsunterricht, die es hatte, nun gebracht haben. «Weisst du, warum wir Ostern feiern?», frage ich Kind 2. «Nö. Warum?» - «Jesus ist auferstanden. Weisst du was das heisst?» - «Nein.» - «Er ist nach seinem Tod wieder zu Gott gegangen.» - «Aha.» - «Und was war an Karfreitag?» - «Keine Ahnung.» - «Da ist er gestorben.» - «Ist das vor oder nach Ostern?» Oh! Mein! Gott! Wenn ich ab sofort bedingungslos an dich glaube - krieg ich im Gegenzug ein bisschen Logik für mein Kind?

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Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 27. März 2021 - 16:58 Uhr