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  4. Was ist ein guter Vater? Nik Niethammer weiss die Antwort

Papablog von Nik Niethammer

Eine Checkliste für gute Väter

Was macht einen guten Vater aus? Dieser Frage geht Nik Niethammer, Chefredaktor des Elternmagazins Fritz+Fränzi, im heutigen Papablog nach. Hilft Erziehungsliteratur? Eine Liste, die man abhaken kann? Oder geht es um ganz andere Grundpfeiler, die Erziehung ausmachen?

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Close up of a father having a fun time with his kids on the beach

Bedingungslose Liebe: Ein Vater mit seinen Kindern.

Getty Images

Neulich fragte mich eine Leserin, ob ich ein besserer Vater sei, seit ich mich beruflich mit Erziehungs- und Familienfragen beschäftige. Ich musste schmunzeln. Wer definiert eigentlich, was einen guten Vater ausmacht? Und machen die Kinder eines guten Vaters weniger Probleme, nur weil er vielleicht weniger falsch macht?

Wir haben in unserem Magazin die Frage, was ein guter Vater ist, einmal wie folgt definiert:

  1. Gute Väter sind gute Partner 
  2. Gute Väter raufen 
  3. Gute Väter lesen vor und fragen nach
  4. Gute Väter trösten
  5. Gute Väter bleiben öfter mal zu Hause 
  6. Gute Väter sind echte Männer 

Und, liebe Väter, wo können Sie einen Haken drunter machen: Yepp, erfüllt? Ich für meinen Teil halte bei Punkt 2 ganz gut mit: Die Kämpfe und Raufereien mit meinen Kindern sind oft bis auf die Strasse runter zu hören und führen nicht selten zu blauen Flecken – bei mir, wohlverstanden.

Entwickeln sich unsere Kinder zu besseren Menschen, weil ich mit ihnen regelmässige raufe? Ich habe meine Zweifel.

«Kinder sollten mit ihren Eltern keine Erfahrungen machen, die so verletzend sind, dass sie bis ins Erwachsensein nachhallen.»

Nik Niethammer
Psychische Grundbedürfnisse von Kindern

Ich glaube, es geht in der Erziehung um etwas viel Grundsätzlicheres: Es geht darum, dass Kinder keine Erfahrungen mit ihren Eltern machen sollten, die so verletzend sind, dass sie bis ins Erwachsensein nachhallen. Die Würde eines Kindes ist unantastbar, das sollten sich alle Eltern jeden Tag hinter die Ohren schreiben.

Kinder haben – ausgeprägter noch als Erwachsene – psychische Grundbedürfnissen. Dazu zählen der Wunsch nach Sicherheit, nach Bindung, Autonomie, Wertschätzung und Kompetenz. Werden Grundbedürfnisse über längere Zeit verletzt, hat dies negative Folgen. Eltern, die ihre Kinder vor anderen lächerlich machen, sie als unfähig bezeichnen, beschädigen ihr Selbstvertrauen.

Mit Ich-Botschaften kommunizieren

Hand aufs Herz, im alltäglichen Familienwahnsinn geschieht das doch ganz schnell. Wie oft flutscht einem der Satz über die Lippen «Du bist einfach unmöglich», wenn das Kind mal wieder zünftig nervt. Oder: «Lernst du das denn nie?» Oder «Wie blöd bist du eigentlich, dass du das nicht begreifst?» Damit Sie mich richtig verstehen: Eltern sollen ihrem Sprössling sehr wohl klar machen, dass sein Verhalten nicht geht. Aber eben immer mit Ich-Botschaften: «Ich finde Dein Verhalten unmöglich.» Oder: «Ich wünsche mir, dass Du das endlich begreifst».

Ein Kind möchte nicht nur geliebt werden, sagt der Psycholge x. «Es möchte als der Mensch geliebt werden, der es nun einmal ist. Und es möchte sein Leben selbst gestalten und eigene Entscheidungen treffen können.»

Kennen Sie das auch? Sie haben eine bestimmte Vorstellung im Kopf, knüpfen die Zuneigung zu ihrem Kind aber an Bedingungen. «Du bist lieb, wenn du deine Schwester in Ruhe lässt, dein Musikinstrument übst, dein Zimmer aufräumst.» Wenn das Kind die Vorstellungen der Eltern nicht erfüllt, bestrafen sie es mit Liebensentzug.

Drei Grundpfeiler der Erziehung

Dabei muss sich ein Kind in der Beziehung zu seinen Eltern IMMER sicher fühlen. Nicht nur, wenn es die Regeln einhält. Dazu gehört, dass Kinder wissen, dass die Eltern sie vor Gefahren schützen, da sind, wenn sie gebraucht werden und verlässlich reagieren. «Wenn ein Kind die Erfahrung machen darf, dass es nicht allein ist, die Eltern sich Zeit nehmen, das Zusammensein mit ihm geniessen, zuhören und sich freuen, dass es da ist, machen sie ihrem Kind ein grosses Geschenk», sagt Psychologe Grolimund.

So betrachtet ist die Sache mit der Erziehung einfach: Wer auf die Grundpfeiler der Erziehung baut – Vertrauen, Respekt, bedingungslose Liebe: egal, was du machst und wie du dich verhältst, wir lieben dich – macht vieles richtig. Und er wird alle Emotionen erleben, die das Verhältnis zu Kindern so besonders machen: Liebe, Scham, Wut, Schuld, Stolz, Angst. Und Glück.

In Theorie und Praxis

Zurück zur Frage, ob es aus einem einen besseren Vater, eine bessere Mutter macht, wenn man sich als Eltern weiterbildet. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich Jesper Juul zitiere, wenn Kind 1 seine 15 schwierigen Minuten einzieht, die Türe knallt, nicht mehr vom Baum runter will. Oder Remo Largo, wenn sich Kind 2 mit Kind 1 fetzt – wegen eines Kaugummis.

Zu einem besseren Vater macht mich dieses Wissen nicht. Aber zu jemandem, der zumindest theoretisch weiss, wie Erziehung geht. Der sich noch einen bisschen mehr Mühe gibt, sich anstrengt und versucht, gelassen zu bleiben – jeden Tag aufs Neue. Denn Kinder grosszuziehen bleibt definitiv die grösste Herausforderung in meinem Leben.

Für SI Family hat Papablogger Nik Niethammer auch zum Thema Erziehung geschrieben. Und ein Notfallblatt für gestresste Eltern verfasst.

fritz und fraenzi juli august 2019
ZVG

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi ist das meistgelesene Elternmagazin der Schweiz. Es wird seit 2001 von der gemeinnützigen Stiftung Elternsein herausgegeben. Das Magazin erscheint zehn Mal im Jahr. Die aktuelle Doppelausgabe (Nummer 7/8 von Juli/August 2019) beschäftigt sich mit dem Thema Elterngefühle

Auf www.fritzundfraenzi.ch sind auch frühere Dossiers einsehbar. Unter anderem zu den Themen Lesen, Geschwister und Achtsamkeit.

Von Nik Niethammer am 1. Juli 2019 - 16:53 Uhr