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GENAU, GÜLSHA!

Freundschaften beenden ist so verdammt schwierig

Menschen, die einen betrogen und belogen haben, gehören weg. Bloggerin Gülsha Adilji erklärt, weshalb wir uns selbst mit dem Ende einer Freundschaft oder einer Beziehung längerfristig einen Gefallen machen.

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A group of young men and women with various expressions of happiness, anger and confusion playing Sony PlayStation 3 video games on a sofa, taken on July 9, 2013. (Photo by Philip Sowels/Future Publishing via Getty Images)
2013 Future Publishing

Anscheinend gibt es Haltbarkeiten für Freundschaften, das Verfallsdatum hänge vom Lebensabschnitt und irgendwelchen weiteren Faktoren ab. Ehrlich gesagt, habe ich es nicht weitergehend ergoogelt, es hat mich zu wenig interessiert. Mein Problem sind auch nicht plötzlich wegbrechende Freundschaften, im Gegenteil, ich möchte gerne aktiv drei bis fünf Menschen komplett aus meinem Leben schmeissen. Die sind aber so deep in meinem Freundesnetz verwoben, wenn ich sie rauswerfe, könnte es kompliziert werden in meiner Clique.

Selbstrespekt: Energie nicht für Ex-Freund verschwenden

Ich war und bin auch nicht google-faul, was dieses Thema angeht. Von TED Talks über Ratgeber bis hin zur Küchentisch-Sprechstunde bei meiner Freundin Lya habe ich alles durch. Leider bin ich dadurch nicht weiser und grosszügiger geworden; ich möchte immer noch diese Leute ein für allemal aus meinem Leben verbannen. Es ist noch nicht mal aktiver Hass oder Abneigung, ich möchte halt einfach nicht mehr mit ihnen zum Prosecco-Brunch oder eine Rad-Tour machen. Dasselbe fühle ich auch immer bei meinen Verflossenen. Ich gehöre nicht zu der Sorte Frau, die noch in irgendeiner Form mit ihrem Ex-Freund was zu tun haben will. Wofür?

Aus irgendeinem Grund war er meiner oder ich seiner Liebe nicht würdig. Wieso sollte man sich also noch mit ihr oder ihm rumplagen und Energie und Zeit verschwenden, wenn man sie besser nutzen könnte, z.B mit schlafen, was auf Netflix bingen oder die Wand anstarren? Es ist eine Form von Selbstrespekt, die ich mir schenke: Ich finde mich viel zu toll, als dass ich meine Awesomeness an vergangene Beziehungen verschwenden wollte. Ausserdem ist die ganze Situation auch immer ultraschräg, wenn man sich mal wieder mit dem Ex z.B. zum Abendessen trifft. War man jemandem einmal so nah, findet man irgendwie nur angestrengte Smalltalk-Topics, und trinkt man dann zu viel, springt man irgendwie immer vom Das-Wetter-ist-aber-angenehm-heut zu Wieso-hast-du-nicht-für-mich-gekämpft. Plötzlich sitzt man da, rollt alte Geschichten auf und entschuldigt sich für oder empört sich über irgendwelche Dinge, die schon während der Beziehung unlösbar waren. Ein elendes Themen-Minenfeld und am Schluss kommt der Wie-teilen-wir-die-Rechnung-auf-Tanz, wobei man die Zahl auf der Quittung kaum erkennt wegen des Wuttränen-Films auf der Linse.

Grundlos schmeisse ich niemanden raus

Aghhhrhhhneiindanke. Genau so geht es mir nicht nur mit Boyfriends, sondern auch mit Freunden, die es in irgendeiner Form bei mir verbockt haben. Damit ist kein Streit gemeint oder dass jemand meinen Geburtstag vergessen hat: Ich rede von Freunden, die mich so richtig hängen gelassen, übelst belogen, hintergangen oder eine Karriere als Influencer eingeschlagen haben. Ex-Freunde aus der Clique zu schmeissen, ist einfach, bei Freunden scheint es fast unmöglich.

Ich möchte auch nicht, dass meine anderen Freunde jetzt mitziehen und meine drei bis fünf Unfreunde meiden sollen. Ich will dann nur möglichst nie dabei sein und eigentlich möchte ich auch absolut nicht upgedatet werden, wenn es was Neues in deren Leben gibt. Natürlich ist die erste, zweite, achthundertvierzehnte Handlung in so einer Situation, dass alle versuchen zu schlichten und vermitteln, man will Dinge aufräumen und erklären. Es ist mir leider immer alles sehr, sehr gleichgültig. Wenn ich jemanden aus meinem Inner Circle geworfen habe, dann ist da bis jetzt eigentlich nie wieder jemand reingekommen. Ich wollte meine Kolumne deshalb dafür nutzen, diese Angelegenheit passiv-aggressiv und in aller Öffentlichkeit meinen Freunden noch einmal deutlich zu erklären: Es fällt mir echt sehr schwer, über meinen Schatten zu springen und diesen Unfreunden wieder einen Platz in meinem Herz freizuräumen.

Wenn ihr alle wollt, will ich es versuchen

Etwa so, als würde man mich zwingen, die Katze des stets freundlichen Nachbarn zu überfahren. Wenn ihr alle wollt, will ich es versuchen, aber jemand muss den Lenker halten, ein anderer meinen Fuss auf das Gas drücken und danach darf niemand entsetzt sein, wenn ich für längere Zeit verstört wirke. Nicht nur, weil ich eine unschuldige Katze getötet habe, sondern auch einen Teil meiner Persönlichkeit.

Von Gülsha Adilji am 16. April 2019 - 14:19 Uhr