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Siljas (Film-)Klappe

Nimmerland wird überbewertet

Nie erwachsen werden – davon träumen viele Kinder. Und einige Erwachsene bereuen, dass sie es getan haben. Doch man kann es leider nicht vermeiden und plötzlich schaut man die neue Verfilmung «Peter Pan und Wendy» auf Disney+ und merkt, dass man kein Kind mehr ist.

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Würdet ihr heute noch nach Nimmerland reisen wollen?

Würdet ihr heute noch nach Nimmerland reisen wollen?

Getty Images/iStockphoto

Peter Pan war für viele von uns als Kind wohl der Inbegriff der Freiheit und Sorglosigkeit. Er lebte in Nimmerland, konnte den ganzen Tag mit seinen Freunden spielen und wortwörtlich überall hinfliegen – einfach so. Alles, was er brauchte, was etwas Feenstaub und glückliche Gedanken. Und an denen mangelte es Peter Pan nicht, immerhin hatte er keinerlei Verantwortung zu tragen, lebte nach seinen eigenen Regeln, ganz ohne Schulpflicht oder Schlafenszeit. Klingt toll, oder?

Wir wollten auch in Nimmerland leben – oder sogar, wenn man ein besonders ambitioniertes Kind war, Peter Pan selbst sein. Aber so sehr wir es uns auch wünschten, wir konnten das stetige «Tick, tick, tick» des Lebens nicht aufhalten. Wenn wir genau lauschten, konnten wir das Geräusch beinahe so deutlich vernehmen wie Captain Hook es aus dem Bauch des Krokodils hört. Und was haben wir gelacht, als Peter Pan den ach so bösen Captain immer und immer wieder besiegt, sogar dessen Hand an das Krokodil verfütterte – was man zugegebenermassen nicht sieht. 

Wir alle müssen erwachsen werden...

Ich bin nicht nur mit dem Zeichentrickfilm aufgewachsen, sondern auch mit dem Film «Hook», in dem der geniale und schmerzliche vermisste Robin Williams den Jungen spielt, der vergessen hat, wer er ist und nach Nimmerland zurückkehren muss. Ich persönlich war allerdings immer mehr Wendy, als Peter Pan. Und trotzdem wollte auch ich nicht erwachsen werden. Und was ist passiert? Ich sitze hier, schreibe diese Zeilen und übe damit meinen sehr erwachsenen Job aus, den ich mache, damit ich sehr erwachsene Rechnungen bezahlen kann. Toll. War ja nicht so eine geniale Idee, erwachsen zu werden.

Und so sehr ich auch der Meinung bin, dass ich mir mein kindliches Gemüt bewahrt habe – und das ist eine Tatsache, die wohl niemand, der mich kennt, abstreiten kann – muss auch ich zugeben, dass ich kein Kind mehr bin. Wenn das nicht schon durch meine Steuererklärung klar wurde, dann spätestens, als ich die Neuverfilmung des fliegenden Jungen, «Peter Pan und Wendy» auf Disney+ gesehen habe. Die Geschichte ist im Prinzip die altbekannte: Peter Pan holt Wendy und ihre Brüder John und Michael nach Nimmerland, bekämpft dort die Piraten um Captain Hook und wird nie erwachsen.

...aber sollten das Kind in uns trotzdem bewahren

Soweit, so gut. Nur gibt es in dem Film einen Twist – den verrate ich euch hier nicht, ich will ja nicht spoilern. Aber während ich den Film geschaut habe, war mein Gedanke nicht etwa «Ich will wieder Kind sein und mit Peter Pan Abenteuer erleben», sondern mehr «Boah, Peter Pan ist voll nervig. Ich kann Hook verstehen, dass er ihn aus dem Weg haben will und würde lieber ein Pirat als einer der verlorenen Jungs sein!» Das war der Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich wohl oder übel erwachsen geworden bin. Wer jetzt aber Angst um mich hat: Keine Sorge, ein Kindskopf bin ich immer noch. Sonst ist das Erwachsensein doch viel zu langweilig. Das bedeutet also auch, dass ich am Sonntag nicht darauf verzichten werde, ein Osternest zu suchen und Schoggi in mich rein zu stopfen, bis ich mit Bauchweh und Übelkeit auf dem Sofa liege und vermutlich einen Disney-Film schaue. Nur weil ich «erwachsen» bin, muss ich noch lange nicht erwachsen sein!

Von san am 29. März 2024 - 18:00 Uhr