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STREAMING-TIPP

Unorthodox

Ihr liebt Filme und Serien, wisst aber nicht, was ihr als Nächstes schauen sollt? Kein Problem: Die Zeitschrift «Tele» stellt hier jede Woche Sehenswertes vor. Heute die Miniserie «Unorthodox», in der Schauspielerin Shira Haas in der Rolle der Esty glänzt.

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Tele Streaming Tipp April 2020 Unorthodox

Am Wannsee streift Esty (Shira Haas) einen Teil ihrer Vergangenheit ab.

Anika Molnar/Netflix

Es ist eine Welt für sich, in der Esty (Shira Haas) lebt. Doch sie ist anders. Zwar heiratet auch sie wie alle anderen chassidischen Jüdinnen einen Mann, den sie kaum kennt, doch das von zahlreichen Regeln geprägte Leben in der gottesfürchtigen Gemeinde ist ihr zu eng: Sie flieht von New York nach Berlin.

Aber wie Fuss fassen? Sie hat in der Schule nur das Nötigste gelernt, noch nie Geld verdient. Da reisen ihr auch noch Ehemann Yanki (Amit Rahav) und dessen Cousin Moishe (Jeff Wilbusch) nach, um sie zur Rückkehr zu bewegen.

Die Hauptrolle in «Unorthodox» (basierend auf der gleichnamigen Autobiographie von Deborah Feldman) spielt die Israelin Shira Haas (24), bekannt aus «Shtisel» (2013).

TELE: So eine Rolle ist sehr anspruchsvoll, oder?
Shira Haas: Oh ja, denn dies ist eine erstaunliche Lebensgeschichte, in der es darum geht, seine Stimme als Frau zu finden. Es war der herausforderndste Charakter, den ich bislang spielte – und zwar nicht nur, weil er so komplex ist, sondern weil es auch so viel zu lernen gab, etwa das Klavierspielen.

Jiddisch konnte Sie aber schon – das reden Sie, als ob es Ihre Muttersprache wäre.
Jiddisch? Ich? Kein einziges Wort! (Lacht.) Meine Grosseltern beherrschen es zwar, sprechen es aber nicht mehr, denn leider wird die Sprache ausserhalb orthodoxer Gemeinden kaum verwendet. Und nicht mal dort sprechen es alle.

Sie haben es extra gelernt?!
Das musste sein – denn 50 Prozent des Textes sind in Jiddisch. Sechs Wochen vor Drehstart begann ich also in Berlin zu pauken, nahm auf, was mein Lehrer mir vorsprach, und hörte mir seine Sätze beim Joggen an. Eli hat mein Leben gerettet! (Lacht.) Ach ja, er spielt übrigens Rabbi Yossele in der Serie.

«Leute, die durch Hass angetrieben werden, finden immer Gründe, um zu hassen»

Brauchten Sie auch einen Religions-Coach?
Ja, wir wollten das religiöse Leben so exakt wie möglich abbilden. Eli wuchs in einer chassidischen Gemeinde in Brooklyn auf und war darum auch unser religiöser Berater. Es ging um zig Details: um die Mesusa-Kapsel an der Tür, wie man betet, was für Strümpfe die Frauen tragen und vieles mehr.

Gab es viele Ex-Chassiden wie Eli Rosen auf dem Set?
Ja, vor allem bei den Drehs in New York. Auch Jeff Wilbusch: Er verliess seine Gemeinde vor 20 Jahren.

In Estys Gemeinde schert man Frauen bei der Heirat die Haare. Waren die Tränen echt?
Das waren Estys Tränen, denn ich wusste es ja im Voraus, und wenn eine Rolle es erfordert, mache ich auch so etwas Radikales. Für Esty war’s ein wichtiger Schritt, denn an diesem Tag endet ihre Kindheit. Als die Szene anstand, am ersten Drehtag, war ich aufgeregt, gestresst und ängstlich, doch irgendwie auch glücklich. Ein Wechselbad der Gefühle, die ich mit Esty teilte.

Wer erstmals Einblicke in diese Welt erhält, empfindet ihre Rituale als sehr fremd. Antisemiten könnten sich durch «Unorthodox» in ihrer Haltung bestätigt fühlen.
Leute, die durch Hass angetrieben werden, finden immer Gründe, um zu hassen. Darum sollten wir unser Leben nicht nach ihnen ausrichten. Jeder, der die Serie schaut, wird vor allem eins verspüren: Empathie. Etwa für Yanki – ihn muss man einfach lieben! Manchmal war ich fast sauer auf Esty und dachte: «Sieh doch, wie süss er ist, wie kann man diesen Mann nur verlassen!» Wer sich diese sehr differenziert verfilmte Serie anschaut, den wird sie womöglich verändern und ihm das Herz öffnen, auch wenn er vorher eine andere Meinung hatte. Man stellt fest, wir alle sind nur Menschen, und es ist okay, anders zu sein. Vielleicht ein naiver Wunsch, aber so denke und hoffe ich!

«Unorthodox»; Miniserie; Regie: Maria Schrader: seit 26. März auf Netflix

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Miriam ZollingerMehr erfahren
Von Miriam Zollinger am 2. April 2020 - 15:07 Uhr