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CVP-Pfister und BDP-Landolt

«Ich wäre gerne Präsident dieser neuen Partei»

Aus der CVP und der BDP soll eine neue Partei entstehen: Die Mitte. Die beiden Chefs, Geri Pfister und Martin Landolt, sind sich einig: Das klappt! Wie ihr Plan aussieht, wer der Kopf der Partei wird und wo sie sich nie einigen werden.

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CVP und BDP planen ein Zusammenschluss beider Parteien. Die Mitte soll die neue Partei heissen. CVP Praesident Gerhard Pfister und BDP Praesident Martin Landolt beim Dart Spielen auf dem Gurten in Bern.  Bild © Remo Naegeli

Sie wollen die Mitte treffen: Martin Landolt (l.) und Gerhard Pfister beim Dartsspielen auf dem Gurten in Bern.

Remo Nägeli

Die Mitte treffen – das gemeinsame Ziel von CVP-Präsident Gerhard Pfister, 57, und BDP-Chef Martin Landolt, 52. Beim Termin mit der Schweizer Illustrierten auf dem Gurten in Bern zeigen die Politiker, wie treffsicher sie beim Darts sind. «Die Ergebnisse werden aber nicht publiziert, oder?», fragt Pfister und lacht. Das einzige Ergebnis, das für sie zählt, ist, was die Mitglieder ihrer Parteien zu den Fusionsplänen sagen.

Wie gut kennen Sie einander eigentlich?
Martin Landolt: Seit wir beide Parteipräsidenten sind, ist der Kontakt intensiver geworden. Wir Parteichefs schätzen uns sowieso alle – unabhängig von der Parteifarbe –, weil wir alle das gleiche schwere Schicksal teilen (lacht). Geri und ich haben schon früher immer wieder unter vier Augen über mögliche Zusammenarbeitsformen geredet.
Gerhard Pfister: Letztes Jahr haben wir uns während der Wahlen oft getroffen.

Hört sich nach einer rein beruflichen Beziehung an. Ein Bier in der Beiz gab es nie?
Landolt: Mit den vielen Dienstjahren in Bern, die wir beide auf dem Buckel haben, ziehen wir nicht jeden Abend um die Häuser. Irgendwann hat man diese Anlässe satt. Ich wohne während der Session in einer WG mit meiner Tochter und einer Kollegin von ihr. Darum gehe ich am Abend umso lieber nach Hause. 
Pfister: Ach wirklich? Das ist ja toll. Ich hatte vor einigen Jahren auch eine Wohnung in Bern. Aber nach wenigen Monaten habe ich sie aufgegeben. Ich hatte das Gefühl, da hocke ich nur alleine rum (lacht). Das war schon etwas langweilig. 

 

CVP und BDP planen ein Zusammenschluss beider Parteien. Die Mitte soll die neue Partei heissen. CVP Praesident Gerhard Pfister und BDP Praesident Martin Landolt beim Dart Spielen auf dem Gurten in Bern.  Bild © Remo Naegeli

Martin Landolt, Präsident der BDP, und Gerhard Pfister, Chef der CVP, auf dem Gurten in Bern.

Remo Nägeli

Geht alles nach Plan, soll es Anfang 2021 eine neue Partei geben – Die Mitte. Klappt das?
Pfister: Ich wage zu sagen, dass der Zusammenschluss mit der BDP bei uns in der Basis gut verankert ist. Aber wir als CVP haben einige Jahre an Geschichte hinter uns. Die Namensänderung wird sehr kontrovers diskutiert. Es wäre wohl auch komisch, wenn so eine grosse Entscheidung geräuschlos über die Bühne ginge.
Landolt: Was auch gesagt werden muss: Die CVP diskutiert ihren Namen nicht wegen uns. Das läuft unabhängig von einem Zusammengehen. Für uns wäre dies aber ein Glücksfall. Für die BDP ist klar, dass es nach den letzten Wahlen, als wir vier Sitze im Nationalrat verloren habe, eine Veränderung geben muss.

Die SVP erlitt mit der Begrenzungsinitiative eine Schlappe. Wie interpretieren Sie die Ergebnisse der letzten Abstimmung für Ihre Mitte-Partei?
Landolt: Das Abstimmungs-wochenende hat einmal mehr gezeigt, dass sich Polparteien hinter unrealistischen Forderungen verschanzen. Umso wichtiger ist eine lösungsorientierte Kraft in der Mitte.
Pfister: Es braucht eine starke Mitte, die mehrheitsfähige Vorschläge bringt. Beim Vaterschaftsurlaub ist uns das gelungen, bei den Kinderabzügen nicht.


Die BDP stammte ursprüng-lich von der rechten SVP. In Zukunft soll sie in der Mitte stehen. Was soll man davon halten?
Landolt: Die BDPler waren als linker Flügel der SVP schon immer in der Mitte. Die SVP ist auch erst mit der Blocherisierung so weit nach rechts gerutscht – zugegeben: mit Erfolg. Da fühlten sich aber nicht alle wohl. Jetzt sind wir erneut am Punkt, wo wir eine neue Heimat prüfen. An unseren Werten halten wir fest.

Auf der anderen Seite: Verliert die CVP mit dem C, dem Christlichen, ihr Markenzeichen?
Pfister: Unsere christlich-demokratischen Werte sind und bleiben wichtig. Aber wir mussten einfach feststellen, dass es seit den 70er-Jahren nicht gelungen ist, unser religiös-katholisches Image abzustreifen. Wir haben in den letzten Jahren darum Wähler verloren. Und es gelang uns nie, neue an Land zu ziehen. Analysen zeigen, dass wir gemeinsam mit der BDP 20 Prozent der Bevölkerung eine politische Heimat bieten könnten.

Ein neuer Name reicht, um Ihre Probleme zu lösen?
Pfister: Sicher nicht nur. Aber der jetzige Name ist ein grosses Hindernis. Ich will mit den Menschen über Politik reden, vielfach muss ich aber über Religion reden. Das ist schwierig für unsere Partei.

CVP und BDP planen ein Zusammenschluss beider Parteien. Die Mitte soll die neue Partei heissen. BDP Praesident Martin Landolt auf dem Gurten in Bern.  Bild © Remo Naegeli
Remo Nägeli
Gerhard Pfister über Martin Landolt

«Ich schätze seine Ruhe, seinen trockenen Humor. Wenn ich denke, was er alles aushalten muss und wie er das wegsteckt, dann bin ich nicht sicher, ob ich das auch könnte. Er steht zu seiner Überzeugung, ungeachtet davon, ob und wie sie in den Medien ankommt. Wenige sind so gradlinig.» 

Herr Landolt, sind Sie religiös?
Ich bin in einer streng katholischen Familie aufgewachsen, war Ministrant und Klosterschüler. Inzwischen bin ich aber aus der Kirche ausgetreten.

Herr Pfister, das wäre für Sie also okay?
Religion ist Privatsache. Diese Frage bekomme ich häufiger gestellt als jeder andere Parteipräsident. Die historische Aufgabe der CVP war die Integration der Katholiken in den modernen Bundesstaat. Dies haben wir vor 40 Jahren erfüllt.
Landolt: Wir werden wie die CVP leider oft auf die Verpackung reduziert. Darum ist es wichtig, dass wir nun korrekt anschreiben, was drinsteckt.

In «Die Mitte» kann aber sehr Verschiedenes drinstecken.
Landolt: Diese Mitte soll nicht einfach die Schnittmenge zwischen links und rechts sein – sondern ein eigenständiger Pol der Schweizer Politlandschaft. Es ist Zeit – nachdem man immer beliebig von den Mitte-Parteien geredet hat –, dass man nun sagt, wer das ist. Das wird mit dem neuen Namen gelingen.

CVP und BDP planen ein Zusammenschluss beider Parteien. Die Mitte soll die neue Partei heissen. CVP Praesident Gerhard Pfister auf dem Gurten in Bern.  Bild © Remo Naegeli
Remo Nägeli
Martin Landolt über Gerhard Pfister

«Er ist intelligent, belesen und weitsichtig. Analytisch blitzschnell. Am meisten schätze ich an Geri, dass er nicht permanent gefallen will und den Leuten nicht nach dem Mund redet. Er hat den Mut anzuecken. Das macht ihn authentisch und glaubwürdig.»

Wer wird der Chef dieser neuen Partei?
Pfister: Ich kann mir gut vorstellen, der neue Präsident zu werden. Und da die Warteschlange für die Chefposten bei der CVP vor vier Jahren nicht so lang war, ist sie heute wahrscheinlich nicht viel länger (lacht).
Landolt: Wenn die CVP ihren Namen ändert, hat sie mit Geri bereits einen Präsidenten. Das wird auch so bleiben, wenn wir zusammengehen. Mein Wunsch ist es, dass er diesen Zug als Lokomotivführer vorantreibt. Nach Christian Levrat bin ich der dienstälteste Parteipräsident, und nach fast neun Jahren ist es auch mal genug für mich.

Ein Co-Präsidium wie bei der SP kommt nicht infrage? 
Landolt: Das finde ich etwas vom Schlechtesten, das es gibt. Für mich wäre das nichts.
Pfister: Ich schaue diesem künftigen Co-Präsidium der SP mit Interesse entgegen. Aber ich kann es mir für mich persönlich nicht vorstellen. Für die Öffentlichkeit ist ein Gesicht wichtig. Aber die Jungen haben neue Vorstellungen, sie sollen es probieren.

Das klingt, als würde die CVP die BDP verschlucken.
Landolt: Überhaupt nicht! Es gibt Kantone, wo wir stärker sind – etwa in Bern. Wir haben auch im Kanton Glarus oder in Graubünden viel Nachwuchs, der sich gut einbringen kann. Ich werde sehr schnell darauf pochen, dass wir aufhören, von der Ex-CVP oder Ex-BDP zu reden. Wir sind dann Die Mitte. Die Herkunft einzelner Mitglieder soll egal sein.

In vielen Fragen sind Sie sich einig. Gibt es auch Themen, wo Sie sich nie finden werden
Pfister: In gesellschaftspolitischen Fragen bin ich konservativer. Da ist Martin progressiver.
Landolt: Das kommt von meiner Mitte-Haltung und Kompromissbereitschaft. Die sehe ich aber auch bei Geri.
Pfister: Im Ranking sind wir ziemlich nahe beieinander.

Was verbindet Sie privat?
Pfister: Das weiss ich gar nicht. Ich glaube, wir sind sehr unterschiedliche Typen. Er ist Familienvater, ich habe keine Kinder.
Landolt: Ich bin eher in der Sport- und Bergwelt unterwegs …
Pfister: … ich mehr in der Literatur. Also ich glaube nicht, dass wir viele gemeinsame Hobbys haben. Sogar beim Sport: Er spielt Volleyball, ich bin – zumindest passiv – beim Fussball dabei.
Landolt: Er ist sehr mutig, weil er GC-Fan ist! Ich FCZ.
Pfister: Als ich Fan wurde, war das nicht mutig, sondern Mainstream (lacht).
Landolt: Beim Grundton, beim Anstand in der Politik sind wir uns ähnlich. Wir sind keine Glanz-und-Gloria-Politiker, die sich bei jeder Gelegenheit zeigen.
Pfister: Unsere Frauen haben wohl mehr gemeinsam als wir (lacht). Sie definieren sich beide nicht über ihren Mann. Sie unterstützen uns natürlich, aber beide haben ein eigenständiges Leben und Berufe. Sie wollen Anerkennung für das, was sie tun, nicht für den Mann, mit dem sie zusammen sind. 

SD
Silvana DegondaMehr erfahren
Von Silvana Degonda am 1. Oktober 2020 - 16:53 Uhr