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Gemeinsam für das Kind

8 Tipps für eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule

Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus kommt Kindern und Jugendlichen zugute. So können sie ihre Fähigkeiten optimal entfalten. Zwei Fachpersonen erklären, wie die Kooperation gelingt.

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parent's evening with teacher

Wenn Eltern und Lehrpersonen kooperieren, können sie für Schulkinder eine optimale Lernumgebung schaffen. 

Getty Images

Was braucht ein Kind für seine gesunde Entwicklung? Wie fördert man Lernfreude? Diese Fragen beschäftigen Wiltrud Weidinger und Rudolf Isler. Die Professorin für Erziehungswissenschaften und Zentrumsleiterin der Pädagogischen Hochschule Zürich und der ehemalige Dozent und Präsident des Senats der Pädagogischen Hochschule Zürich haben ihre Erkenntnisse diesbezüglich in einem kompakten Ratgeber zusammengefasst.

Der Schweizer Illustrierten haben sie im Gespräch verraten, wie Eltern eine gute Zusammenarbeit mit Schule und Lehrpersonen anstossen und pflegen können.

Prof. Dr. Wiltrud Weidinger und Bildungsexperte, Autor, Dozent Prof. Dr. Rudolf Isler , am 27. Juni 2023 an der Pädagogischen Hochschule in Zürich

Wiltrud Weidinger und Rudolf Isler. 

Fabienne Bühler
Sich nicht nur bei Problemen melden

Er: «Der Kontakt mit der Schule sollte nicht nur wegen Problemen stattfinden. Eltern dürfen sich mit Lehrpersonen und Schulleitung auch über Schönes austauschen und sich bereichernd in den Schulalltag einbringen. Wichtig ist, dass Eltern ihre Möglichkeiten der Partizipation kennen. Zum Beispiel Engagement im Elternrat, Begleitung von Schulausflügen bis zur aktiven Mitgestaltung des Unterrichts.»

Sie: «Was ich immer super finde: Wenn Eltern mit ins Boot steigen und ihr Wissen oder ihre Leidenschaft mit der Klasse teilen. Ein Vater ist Astronom? Das ist toll, vielleicht kann er in der Schule etwas über das Universum erzählen. Das hat einen positiven Zusatzeffekt: Wenn ein guter Kontakt zur Lehrperson etabliert ist, fällt es leichter, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten, falls mal ein Problem auftaucht.»

Selbstreflexion pflegen

Sie: «Eltern können durch Erlebnisse in der eigenen Schulzeit in Muster verfallen. Es hilft, sich damit auseinanderzusetzen und diese zu verarbeiten, um losgelöst von Altlasten eigene Erziehungswerte zu bestimmen und zu vertreten.»

Er: «Den eigenen Erziehungsbereich zu kennen und der Schule ihren Bereich zuzugestehen, ist zielführend. Idealerweise ergänzen sich beide Erziehungsfelder, indem man die jeweils andere Partei als bereichernd und wertvoll akzeptiert.»

Das Schulkind an sich glauben lassen

Er: «Die elterliche Reaktion auf die schulische Leistung formt das kindliche Selbstbild mit. Eine Strafe für schlechte Noten bringt Frust statt Lernentwicklung. Was jedoch funktioniert: Ruhe bewahren, mithilfe der Lehrperson die Ursache identifizieren und Unterstützung anbieten. Mit dem Ziel, dem Kind Selbstwirksamkeit und Lernfreude zu vermitteln.»

Sie: «Man unterscheidet zwischen dynamischem und statischem Selbstbild. Ein Kind, das glaubt, einfach schlecht in Mathe zu sein und nichts dagegen tun zu können, hat ein statisches Selbstbild. Wenn Eltern ihr Kind dabei unterstützen, seine schulische Leistung zu verbessern, fördern sie ein dynamisches Selbstbild und ermöglichen Erfolgserlebnisse.»

Auf drei Säulen bauen

Sie: «Ein neuer Begriff taucht aktuell viel in der Pädagogik auf: Resonanz. Er beschreibt die Vibration zwischen Menschen: Was man tut und sagt, bewirkt etwas im Gegenüber. Diese Resonanz ist nicht  willkürlich, sie lässt sich aufbauen und pflegen.»

Er: «Wichtig sind die drei Bausteine zwischenmenschlicher Beziehungen: Empathie, Akzeptanz, Echtheit. Keine Fassade zeigen, sondern ehrlich schildern, was man sieht, erlebt und fühlt. Und dies auch beim Gegenüber zulassen.»

Ton vor Text

Er: «Das direkte Gespräch zwischen Eltern und Lehrpersonen ist das wichtigste Werkzeug der guten Zusammenarbeit zum Wohle des Kindes – gerade wenn Unstimmigkeiten auftauchen. Eine erboste Textnachricht kann die Situation hochschaukeln. Im direkten Austausch lassen sich Missverständnisse hingegen oft aus der Welt schaffen, bevor es zur Eskalation kommt. Wahrnehmung ist subjektiv. Einander zuzuhören, lohnt sich.»

Sie: «Eher kontraproduktiv ist auch das Verbreiten von unangenehmen Eindrücken im Elternkreis. Wenn ich ein Problem habe mit der Lehrperson, ist es fair, das nicht hinter ihrem Rücken zu besprechen, sondern den direkten Austausch zu suchen. Am besten mündlich. SMS und Mail eignen sich für Organisatorisches. Bei Problemen empfehlen wir grundsätzlich das Gespräch. Entweder verbunden mit einem Treffen oder am Telefon.»

Transparenz zeigen

Sie: «Erziehungsberechtigte tragen eine Mitverantwortung für den schulischen Erfolg eines Kindes. Sie sind dafür verantwortlich, dass ihr Kind genug geschlafen und gegessen hat, dass es pünktlich zum Unterricht erscheint und dass es an den Anlässen der Schule teilnehmen kann.»

Er: «Transparente Kommunikation ist wichtig. Eltern sollten die Schule proaktiv über Abweichungen im Alltag des Kindes informieren oder dann, wenn ein Ereignis, etwa eine Trennung, die Lebenssituation beeinflusst. So kann die Lehrperson einordnen und adäquat reagieren.»

Gut motiviert ist halb gelernt

Er: «Eltern können ihr Kind von zu Hause aus beim Lernen unterstützen, wenn sie ihm aufzeigen, wie schulisches Engagement mit Erfolg zusammenhängt. Das gelingt, indem man mit dem Kind regelmässig zurückschaut und wertschätzt, welche Fortschritte es gemacht hat. Beim Kind entsteht so das Gefühl, die eigene Leistung beeinflussen zu können. Das ist einer der wichtigsten Motivationsfaktoren fürs Lernen.»

Sie: «Für den Lernantrieb eines Kindes sind auch folgende Punkte wichtig. Zum Beispiel, dass es eigene Entscheidungen treffen und in bestimmten Bereichen autonom funktionieren darf. Aber auch, dass es sich sozial eingebunden fühlt. Darunter fällt, dass ein Kind um Unterstützung fragen darf, wenn es selbst gerade nicht weiterkommt. Oder dass man gemeinsames Lernen mit Gleichaltrigen fördert.»

Blickwinkel wertschätzen

Sie: «Zusammenarbeit basiert immer auf erfolgreicher Kommunikation. Dies gelingt, wenn Erziehungsberechtigte und Lehrpersonen einen respektvollen Umgang und Ton einhalten. Gute Ausgangslage dafür ist das Mindset, dass das Gegenüber nichts Böses will. Im Normalfall streben beide Parteien das Beste für das Kind an. Darüber lässt sich immer respektvoll diskutieren – auch bei verschiedenen Ansichten.»

Er: «Was Lehrpersonen über Schülerinnen oder Schüler erzählen, entspricht manchmal nicht dem Bild, das die Eltern vom eigenen Kind haben. Es kommt vor, dass Kinder sich in der Schule ganz anders geben als zu Hause. Beiden Seiten empfehlen wir, abweichende Eindrücke nicht als Bedrohung zu werten, sondern als Bereicherung. Sie also als neuen Blickwinkel zur Vervollständigung eines Bildes wahrzunehmen.»

Einfach gut kooperieren

«Einfach gut kooperieren» von Wiltrud Weidinger, Rudolf Isler und Hans Berner (†) ist im Frühjahr 2023 im hep Verlag erschienen (ISBN 978-3-0355-2218-1)

Buchcover

Im Buch «Einfach gut kooperieren» geben Wiltrud Weidinger und Rudolf Isler vertiefte Einblicke zu jedem dieser Themenfelder sowie weitere Inputs für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus. 

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 14. August 2023 - 07:00 Uhr