Ob es nun Kastanien, Steine, Schneckenhäuser oder Laubblätter sind – die Jacken- und Hosentaschen von Kindern sind oft gefüllt mit allerlei Krimkrams, der ihnen durch den Tag so begegnet ist. Wer nun denkt, bis zum Abend haben sie längst vergessen, was sie sich so alles eingesteckt haben, irrt sich. Die Errungenschaften werden zuhause meist stolz präsentiert und in Schubladen oder Schatullen aufbewahrt. Irgendwann quellen diese über, doch das Kind weigert sich, endlich auszumisten und sich von seinen Schätzen zu trennen. Die meisten Kinder sind leidenschaftliche Sammler.
Doch woher kommt diese Sammel-Wut? Die Erziehungsexpertin Nicola Schmidt sagte gegenüber sueddeutsche.de, das Verhalten der Kinder gehe zurück auf Urinstinkte des Menschen: «Wir sind alle Jäger und Sammler. Wir sammeln alles», so Schmidt. Und als Erwachsener könne man sich kaum vorstellen, was Kinder alles mit den gesammelten Gegenständen verbinden. Der Erziehungswissenschaftler Ludwig Duncker erklärte zudem gegenüber leben-und-erziehen.de: «Sammeln ist wie Sprechen lernen: Eine bildende Tätigkeit, die den Kindern einen eigenen Zugang zur Welt ermöglicht.»
Schon die Kleinsten sammeln
Gemäss Duncker beginnt die Leidenschaft fürs Sammeln bereits im Krabbelalter. Sobald es den Kleinkindern möglich ist, schleppen sie Spielzeug und andere interessante Dinge in eine bestimmte Ecke. Später beginnen sie, die Natur zu entdecken und bringen beispielsweise Steine oder Äste nach Hause. Duncker sagt dazu: «Sammeln ist eine intensive Beschäftigung: Die Kinder betrachten, unterscheiden, kategorisieren. Dabei sind sie geduldig und konzentriert.» Und je länger sie sammeln, desto mehr vertiefen sie dabei ihre Interessen. Das fördere auch den Spass am Lernen und bringe später Vorteile in der Schule.
Zudem verbinden Kinder mit ihren gesammelten Gegenständen Erinnerungen und Gefühle. Sie können Trophäen sein, die sie an bestimmte Ereignisse erinnern. Zeigt die Eltern Interesse an den gesammelten Schätzen, können sie ihnen auch Einblicke in de Welt der Kinder gewähren. Mütter und Väter sollten das Sammeln deshalb unbedingt ernst nehmen und die Schätze der Kinder nicht eigenmächtig hinter deren Rücken entsorgen.
Schätze der Natur zurückgeben
Doch was tun, wenn die Sammel-Leidenschaft Überhand nimmt? Ludwig Duncker sagt: «Die Eltern müssen natürlich hygienische Regeln aufstellen. Und klare Grenzen vereinfachen den Umgang mit den Sammlungen für alle Beteiligten.» Ist etwa eine Ecke, Truhe oder Schublade voll mit gesammelten Gegenständen, müsse das Kind lernen, Prioritäten zu setzen und die weniger wichtigen entsorgen. Nicola Schmidt rät Eltern, den Kindern beizubringen, «dass man Dinge auch wieder in die Natur zurückgibt.» Das heisst, man soll die überzähligen Äste, Kastanien oder Steine mit dem Kind dorthin zurückbringen, wo es diese gefunden hat.