Kinder abends zum Einschlafen zu bringen, ist für viele Eltern eine Herausforderung. Entweder behaupten die Kleinen steif und fest, noch überhaupt nicht müde zu sein, oder es will ihnen einfach nicht gelingen, in den Schlaf zu finden. Die meisten Eltern setzen deshalb auf liebevolle Rituale, die den Übergang vom Wachsein in den Schlaf erleichtern sollen. Ihnen ist nämlich bewusst: Ganz von allein klappt das Einschlafen kaum.
Anders sieht das beim Aufwachen aus. Das geschieht tatsächlich automatisch – und aus Elternsicht meist zu oft in der Nacht oder zu früh am Morgen. Doch obwohl Kindern das Aufwachen im Grunde allein gelingt, gibt es viele, die dabei Begleitung brauchen.
Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit
Die Schlafberaterin Melanie Ewald betrachtet die Aufwachbegleitung als genauso wichtig wie die Einschlafbegleitung. Sie sagt: «Kinder brauchen Sicherheit und Geborgenheit, um gut einzuschlafen – dasselbe gilt fürs Aufwachen.»
Dieses menschliche Grundbedürfnis habe seinen Ursprung in der Steinzeit: «Früher wären Kinder Gefahren wie Unwetter oder wilden Tieren hilflos ausgeliefert gewesen, wenn man sie allein gelassen hätte.» Deshalb haben sie auch beim Aufwachen ein Bedürfnis nach Sicherheit und können sich verängstigt, desorientiert und gestresst fühlen, wenn dieses nicht erfüllt wird.
Melanie Ewald bietet in Pfäffikon ZH und Umgebung sowie per Zoom eine ganzheitliche, bindungsorientierte Schlafberatung nach dem Konzept von 1001kindernacht® an. Sie unterstützt Familien dabei, einen kindgerechten Weg zu finden, der für ihre individuelle Situation stimmig ist. familien-schlaf.ch
Mirco Rederlechner / easypictures.chAusserdem spiele beim Aufwachen auch der vorhergegangene Tag eine Rolle: «War er anstrengend oder war das Kind lange getrennt von der Bindungsperson, können Aggressionen und Frustrationen vorhanden sein, die sich über den Schlaf und das Aufwachen hinziehen», erklärt Ewald.
Dass ein Kind mehr Begleitung beim Aufwachen braucht, kann sich auf verschiedene Weisen zeigen. Die einen Kinder schreien sofort los, andere sind morgens gereizt oder hören nicht auf die Erwachsenen, weil die Verbindung noch zu wenig stark ist. Ein weiteres Zeichen könne sein, wenn ein Kind morgens noch sehr hilfsbedürftig ist – beispielsweise, wenn ein siebenjähriges Kind, das sich bereits selbständig anziehen könnte, auf die Unterstützung der Eltern pocht.
Sobald wie möglich zum Kind gehen
Nimmt ein Elternteil solche Anzeichen wahr und möchte sein Kind deshalb gezielter in den Tag begleiten, kann er oder sie die Aufwachbegleitung ganz individuell gestalten. So wie es zur Familie und zum Kind passt. «Ideal wäre natürlich, wenn morgens eine Bindungsperson noch mit dem Kind im Bett verweilt und man gemeinsam aufsteht», sagt Melanie Ewald. In der Realität ist das aufgrund unterschiedlicher Verpflichtungen jedoch oft schwer umsetzbar. Wichtig sei aber auf jeden Fall, sofort zum Kind zu gehen, wenn es aufwacht, oder am besten einige Minuten zuvor.
«Beim Aufwachen selbst ist alles erlaubt, was schön ist», sagt die Schlafberaterin. Man könne beispielsweise kuscheln, Musik hören, gemeinsam spielen oder singen. Eine weitere Idee ist, dass ein Elternteil dem Kind hilft, sich noch unter der Bettdecke anzuziehen. «Dabei nimmt es die Bett- und Bindungswärme direkt in den Tag mit.» Wichtig sei, den Fokus auf die Beziehung zu legen und nicht auf eine durchgetaktete Morgenroutine. Und auch die Stimmung der Eltern sei entscheidend: «Sind sie nicht entspannt, überträgt sich das auf die Kinder. Sie haben sehr feine Antennen», sagt Melanie Ewald.
Werden Kinder beim Aufwachen unterstützt und begleitet, fördert das auch das Einschlafen am Abend, weil sich das Kind sicherer fühlt und die Eltern-Kind-Bindung gestärkt ist. «Investieren wir in die Bindung, bringt das zudem Vorteile für die Entwicklung», ist Ewald überzeugt. Ein Kind, dessen «Bindungstank» gefüllt ist, sei selbständiger und selbstsicherer und könne sich entsprechend besser entfalten.