Im deutschen und englischen Sprachraum wissen die meisten Kinder: Verlieren sie einen Milchzahn, kommt bald die Zahnfee zu Besuch. Deshalb deponieren sie den ausgefallenen Zahn unter dem Kopfkissen oder auf dem Nachttisch. Die Zahnfee holt diesen und hinterlegt als Dank für den Zahn ein Geschenk oder eine Münze. Oft wird den Kindern zudem erzählt, der Zahn habe im Feenreich einen umso grösseren Wert, je gepflegter er ist. Und für einen gepflegten Zahn gibt es entsprechend ein grösseres Geschenk.
Die Tradition der Zahnfee stammt ursprünglich aus dem Mittelalter. Allerdings war sie damals noch eher eine böse Hexe, die den Zahn für einen bösen Zauber gegen das Kind verwenden konnte. Darum gaben ihr die Kinder ihre ausgefallenen Zähne auch nicht freiwillig. Sie vergruben sie in der Erde, damit die Zahnfee sie nicht findet. Erst im 19. Jahrhundert wurde aus der bösen Hexe langsam eine gute Fee.
In Frankreich und Spanien kommt die Maus
Auch in anderen Ländern wird der Zahnwechsel zelebriert. Allerdings auf ganz unterschiedliche Weise. Im romanischen Sprachraum kommt etwa nicht eine Zahnfee zum Einsatz, sondern eine Maus. In Spanien und vielen Ländern Lateinamerikas ist es der Mäuserich «Ratoncito Pérez», der den ausgefallenen Zahn gegen ein Geschenk austauscht. Die Maus ist so beliebt, dass ihr in Madrid sogar ein Museum gewidmet ist.
In Frankreich übernimmt die «Petite Souris» – die «kleine Maus» – den Job der Zahnfee. Anscheinend entstand diese Tradition durch ein Märchen, in dem sich eine Fee in eine Maus verwandelte und sich unter dem Kissen eines bösen Königs versteckte. In Italien kennt man sowohl die Maus, welche die Zähne holt, als auch die Zahnfee – auf italienisch «Fatina dei Denti». In katholischen Regionen vertrauen die Kinder ihre Zähne manchmal auch der heiligen Apollonia an. Sie ist die Schutzpatronin der Zahnleidenden sowie Zahnärzten und -ärztinnen.
Aufs Dach oder in die Erde
In Japan hinterlegen die Kinder ihre Zähne nicht für eine Fee oder eine Maus, sondern sie werfen sie weg. Zähne aus der oberen Zahnreihe werden aufs Hausdach geworfen, jene aus der unteren Reihe in die Erde. Dadurch sollen die neuen Zähne wissen, in welche Richtung sie wachsen müssen und möglichst gerade hervorkommen. Auch in der Türkei, in Griechenland und in Zypern ist es ein verbreiteter Brauch, die Zähne aufs Dach zu werfen. Dabei dürfen sich die Kinder etwas wünschen. Im mittleren Osten werden die Zähne oft in Richtung Sonne geworfen. Die Geste soll die Bitte um bessere, strahlende Zähne symbolisieren.
Ein besonders spezielles Ritual wird in der Mongolei praktiziert. Die Eltern rollen den ausgefallenen Zahn des Kindes in Fleischfett ein und geben ihn einem Hund zum Frass. Die Idee dahinter: Das Gebiss des Kindes soll genauso kräftig werden, wie jenes des Hundes. Wer keinen Hund hat, vergräbt den Zahn bei einem Baum in der Hoffnung, dass der neue Zahn ebenso starke Wurzeln bekommt.