Die wenigsten Eltern wollen ihre Kinder verletzen, und doch kann es passieren. Wenn wir zum Beispiel müde sind, die Kleinen am Rad drehen oder alle unter Stress stehen. Oft wiederholen wir auch Sätze, die wir als Kinder schon von unseren Eltern gehört haben und von denen wir gar nicht wissen, dass sie einem kleinen Menschen schaden können.
Um es in Zukunft besser zu machen, müssen wir erst wissen, welche Sätze für unsere Kinder potenziell schädlich sind. Dazu hat die «Huffpost» mit verschiedenen Experten gesprochen und sechs dieser Aussagen zusammengetragen. Obendrauf gibts auch noch Alternativ-Ideen.
Aus Erwachsenenperspektive weinen und toben Kinder wegen Dingen, die uns albern erscheinen. Oft sind Eltern genervt davon, besonders dann, wenn sie denken, ihr Kind müsste die Situation mittlerweile doch besser meistern können. Ihnen aber ihre Gefühle abzusprechen, indem wir sagen, es sei doch alles nicht so schlimm, ist schädlich. «Diese kleinen Probleme und die damit verbundenen Emotionen, sind für unsere Kinder tatsächlich riesig», sagte Erziehungspädagogin und Autorin Amy McCready. Wenn Eltern die emotionalen Reaktionen ihrer Kinder ignorieren, sagen wir ihnen eigentlich «Wie du dich fühlst, spielt keine Rolle» oder «Es ist lächerlich, Angst zu haben oder enttäuscht zu sein».
Stattdessen können Eltern versuchen, sich einen Moment Zeit zu nehmen und die Perspektive des Kindes einzunehmen. McCready empfiehlt, etwas in der Art zu sagen wie: «Du scheinst gerade wirklich Angst zu haben/frustriert/enttäuscht zu sein. Sollen wir darüber reden und überlegen, was wir machen können?» Dies helfe Kindern, ihre Emotionen zu benennen, was ein wichtiger Teil der Entwicklung emotionaler Intelligenz sei und es zeige, dass wir für das Kind da sind.
Wie wir alle, haben auch Kinder ihre Muster. Aber zu sagen, dass sie etwas «immer» oder «nie» machen, entspricht einfach nicht der Wahrheit. Laut Elterncoach Robbin McManne ist die Verwendung allgemeiner Aussagen ein Warnsignal dafür, dass wir nicht mehr neugierig darauf sind, was in diesem exakten Moment mit unserem Kind passiert. «So verpassen Sie die Gelegenheit, ihnen beizubringen, was sie beim nächsten Mal in dieser Situation anders machen können», sagte er.
Versuchen wir nächstes Mal also, wieder neugierig zu sein und herauszufinden, warum unser Kind sich auf eine bestimmte Weise verhalten hat oder verhält. «Es hilft wirklich, sich zu verbinden, indem Sie Ihrem Kind in diesem Moment körperlich nahe kommen», sagte McManne. So vermeide man, das Kind aus der Entfernung anzuschreien und zu tadeln, sondern direkt bei ihm zu sein um sicherzustellen, es nicht durch etwas anderes abgelenkt wird.
Sicher, es kann einen wirklich fertig machen, wenn Kinder nicht zuhören oder Anweisungen befolgen. Aber es ist wichtig, Grenzen zu setzen und einzuhalten, ohne unsere eigenen Emotionen ins Spiel zu bringen. Diese Gefühle gehören uns, nicht den Kindern. Ausserdem schaffen Eltern damit einen Präzedenzfall, indem sie ihnen potenziell viel negative Macht geben. «Wenn Kinder das Gefühl haben, dass sie darüber bestimmen können, ob wir glücklich, traurig oder wütend sind, können sie das aktiv einsetzen, um uns zu triggern», sagt Erziehungspädagogin McCready. «Diese Denkweise kann das Kind später auch ausserhalb des Elternhauses einsetzen, um andere zu manipulieren oder um zu bekommen, was sie wollen.»
Eine Alternative könnte sein, die Grenzen klarer zu setzen mit Sätzen wie «Es ist nicht in Ordnung, auf dem Sofa zu turnen» und dann Alternativen anzubieten: «Möchtest du drinnen bleiben und ruhig spielen oder lieber nach draussen gehen?»
Wenn wir zu unserem Kind sagen, dass es «etwas besser wissen» sollte, versuchen wir eigentlich, es durch Schuld und Scham zur Verhaltensänderung zu zwingen. «Stattdessen wird es in die Defensive gedrängt und die Chance, dass es auf uns hören will, wird kleiner», sagt McCready. Zudem untergrabe es sein Selbstvertrauen. Die Botschaft, die wir in so einem Fall senden, ist: «Du bist zu dumm und unreif um eine gute Entscheidung zu treffen.» Nicht das, was wir eigentlich sagen wollten, oder?
Die Autorin schlägt vor, stattdessen etwas zu sagen wie: «Es sieht so aus, als hätten wir hier ein Problem. Was können wir tun, um es zu beheben?» Das Ziel bestehe darin, sich auf Lösungen zu konzentrieren und nicht auf das Problem, damit Kinder lernen, wie sie Probleme lösen und eigene Fehler beheben können. So finden sie Möglichkeiten, bessere Entscheidungen zu treffen.
Stellt euch vor, ihr seid zu spät dran und wartet darauf, dass euer Kind endlich eine Aufgabe erledigt, die ewig dauert. Instinktiv übernehmt ihr, damit es schneller geht. Und hier haben wir den Knackpunkt. «Damit sagen Sie Ihrem Kind, dass es nicht in der Lage ist, etwas zu tun und Sie sich deshalb einmischen müssen», sagt McCready. «Stellen Sie sich vor, Sie wären sehr nah dran, Ihren eigenen Reissverschluss zu schliessen und brauchen nur noch ein paar Versuche, aber dann stürzt Ihr Vater rein und macht es für Sie.»
Wenn wir das nächste Mal in einer solchen Situation sind, sollten wir versuchen, langsamer zu machen und dem Kind mehr Zeit für seine Aufgabe zu geben. Wenn es zeitlich nicht aufgeht, können wir dem Kind erklären: «Ich helfe dir jetzt, weil wir spät dran sind, aber lass uns das doch nachher in Ruhe nochmals üben.»
«Etwas vom Wertvollsten, was Eltern für ihre Kinder tun können, ist, ihnen keine Stempel aufzudrücken», sagt Elterncoach Robbin McManne. Diese Etiketten verletzen die Eltern-Kind-Beziehung, weil sie den Eltern verunmöglichen, ihre Kinder als hilfsbedürftig zu sehen. Stattdessen beginnen Erwachsene, bestimmte Verhaltensweisen mit dem Etikett zu verknüpfen, das sie ihrem Kind gegeben haben, anstatt dass sie versuchen zu verstehen, was in der kindlichen Entwicklung gerade passiert. «Etiketten bringen uns weiter weg von Mitgefühl und Neugier», sagte McManne.
Diese Stempel können auch zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen werden. Wenn Kinder von ihren Eltern immer wieder hören, dass sie XY sind, können sie das als wahr akzeptieren, auch wenn es sich für sie nicht wahr anfühlt. «Sogar positiv erscheinende Labels wie ‹Du bist schlau!› können tatsächlich schädlich sein,» sagt auch Autorin Amy McCready.
Statt der Ergebnisse, sollten wir nächstes Mal die Bemühungen des Kindes hervorheben und kommentieren.
«Wenn wir sagen ‹du bist schlau› oder ‹du bist sportlich›, sagen wir unserem Kind: ‹Der einzige Grund, warum du bei diesem Test gut abgeschnitten hast, ist, dass du schlau geboren wurdest› oder ‹Das hättest dieses Ziel nicht erreicht, wenn du nicht diese natürlichen Fähigkeiten hättest.›» Wenn das Kind das nächste Mal bei einem Test scheitere, werde es verwirrt und entmutigt sein und die eigenen Fähigkeiten infrage stellen. Sie fragen sich dann: «Wenn ich so schlau bin, warum bin ich dann gescheitert?»
Folgende Idee ist einen Versuch wert: Statt der Ergebnisse, sollten wir nächstes Mal die Bemühungen hervorheben und kommentieren. Beispielsweise: «Ich sehe, dass du dir grosse Mühe gegeben hast» Und noch ganz wichtig: Wir sollten Bezeichnungen wie «Gut» und «Böse» konsequent vermeiden.
Den ganzen «Huffpost»-Artikel auf Englisch findet ihr hier.