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  4. Winterkleider für Kleinkinder: Es ist so anstrengend

Pflotsch-Kinder ahoi

Funktionale Kleidung? Mag ich nicht

Herbst und Winter sind gemein. Gemeiner als ihr denkt. Sie arbeiten mit voller Kraft gegen jegliches Stil-Empfinden. Willkommen in der Saison der Funktionsbekleidung.

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Little boy walking outdoors at rainy autumn day

Es sieht immer wahnsinnig süss aus. In der Realität stecken in diesem Bild gefühlte drei Millionen Minuten Arbeit: Alles zusammen suchen, Kind anziehen, Kind ausziehen, Kind zum Auftauen/Waschen in die Badewanne, Regenkleidung wahlweise trocknen/putzen/waschen, Regenkleidung verstauen.

Getty Images

Ich möchte niemanden beleidigen. Jeder so, wie er will und mag. Trotzdem hege ich sehr, sehr starke Gefühle gegen Funktionskleidung. Bei Erwachsenen sind das diese Hosen, die am Knie (manchmal auch noch auf Dreiviertellänge) einen Reissverschluss haben und sich so spontan verändernden Temperaturen anpassen. Oft sind sie khaki-grün oder safari-braun. Dazu gibt es diese Jacken, die nur darauf warten, in die Hochalpen zu klettern. Dabei kriegen sie doch schon am Wochenende im Zoo ganz viel Ausgang (das ist übrigens eine Frage, der ich gerne auf den Grund gehen würde: Weshalb sehen viele Zoo-Besucher so aus, als würden sie den Mount-Everest besteigen wollen? Ausgerüstet mit Wanderschuhen und allerhand funktionaler Kleidung wirken sie am Flamingo-Teich doch etwas overdressed). 

Funktionskleidung geht ins Geld

Und dann kommen Herbst und Winter. Das Pflotsch-Wetter. Der Schnee und die Kälte. Dann machen Funktionsklamotten plötzlich Sinn. Zumindest für die Kinder, deren Schulen bei jedem Wetter am Waldtag und diversen Exkursionen festhalten (das finde ich übrigens ganz toll). Gezwungenermassen knicke ich ein und schicke mich dienstbeflissen in mein herbst-winterliches Schicksal – und investiere in – jetzt kommts – Funktionskleidung. Für zwei Kinder läppert sich da einziges zusammen. Meine alljährliche Einkaufsliste (auftragen ist bei uns schwierig. Aus den verschiedensten Gründen. Unter anderem sind die Sachen vom grossen Kind nach einer Saison «durcher» als durch): 

  • zwei Regenjacken 
  • zwei Regenhosen 
  • zwei Alltagsjacken für den Herbst 
  • zwei warme Alltagsjacken für den Winter 
  • zwei Skianzüge 
  • zwei wasserdichte Paar Schuhe für den Herbst 
  • zwei warme Paar Schuhe für den Winter 
  • zwei Paar Schneeschuhe 
  • Accessoires in nicht definierter Anzahl (Mini-Handschuhe kommen selten zu zweit nach Hause, Mützen? Die feiern irgendwo auf einer karibischen Insel den Sommer. Daheim sind sie selten für eine ganze Kalt-Saison.) 

Eigentlich möchte ich gar nicht ausrechnen, was mich das jedes Jahr kostet. Aber viel. Viel zu viel. Denn schön finde ich die Sachen ziemlich selten. Geschickt beim Second-Hand-Zusammensuchen bin ich übrigens auch nicht. Da fehlt mir die Zeit und ich bin schwierig (siehe oben). Mir gefällt die herkömmliche Funktionskleidung nicht. Deshalb investieren wir (der Mann und ich) lieber in einigermassen kleidsame Exemplare der Funktionskleider-Industrie (übrigens: ich selbst trage seit gefühlt 400 Jahren dieselben warmen Wintersachen. So gleicht sich das finanziell tiptop aus). Ist das mal geschafft, geht der nächste Stress los. 

Gute Organisation ist hier nicht alles

Schon mal zwei Kleinkinder jeden Morgen winterlich ausgestattet? Wenn nicht, dann empfehle ich mindestens 15 Minuten Extrazeit einzuplanen. Wen das (wie uns) ankäst, der möge in geeignetes Organisier-Mobiliar investieren. Das verkürzt die ich-such-mal-eben-alles-zusammen Zeit um wertvolle fünf Minuten. Auch abends sorgen die Funktionsklamotten vor allem für mehr Arbeit. Die Schuhe kommen im Regelfall verschlammt nach Hause und die Hosen/Jacken etc. sind verschmutzt oder nass. Aber Achtung: Das nasse Zeug sollten wir nicht auf der Heizung trocknen. Das tut den Sachen keinen Gefallen. Deshalb hängt der Kram dann einfach irgendwo, was selbstverständlich auch wieder die Investition ins Organisier-Mobiliar relativiert.  

A GIRL GIVING A REINDEER A RED CHRISTMAS ORNAMENT  IN  A WINTER WONDERLAND

Federn wir den Stress mit diesem Bild ein wenig ab. Es strahlt Ruhe und Zufriedenheit aus. Und ist so weit von der Realität entfernt, dass es einfach nur beruhigt. Wie die abgespeckten (die Gebrüder Grimm im Original sind ziemlich brutal) Märchen zum Einschlafen. 

Getty Images

Theoretisch bräuchte ich einen Teil der Kinder-Winter-Ausrüstung doppelt. Denn: Ist die eine Garnitur grad nass und verschlammt und in der Wäsche, dann bleibt nichts mehr übrig, wenn die Kindergarten-Post mir mitteilt, dass für den Ausflug am nächsten Tag die Schutzkleidung benötigt wird. Aber hier ziehe ich eine Grenze: Den Kram gibts nur einmal. Irgendwo hörts auf.  

Und so bin ich (und auch der Partner) also spätestens nach der Zeitumstellung jeden Morgen leicht (bis schwer) gestresst. Unsere Wohnung wird – trotz grossartigster Vorsätze («also dieses Jahr versorgen wir die Sachen immer am gleichen Ort») – jedes Jahr zur Funktionskleidungs-Aufbewahrungsstation (wie eine MIR für Astronauten. Nur weitaus weniger spacig.) – und wir haben Jahr für Jahr sehr, sehr starke Gefühle. Gegen die Funktionskleidung.  

Handschuhe voll Schnee, 2019

High Five in die Runde!

Getty Images/Caiaimage
Von Bettina Bendiner am 5. November 2019 - 08:00 Uhr